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Zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt

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Endlich zurück im Grünwalder Stadion. Was war das für ein grandioses Spiel. Die Straßen von Giesing erinnerten an spanische Straßenfeste. Die Stimmung im Stadion war gigantisch und die Fans überglücklich. 5 Tage später wird man auf den Boden der Tatsachen zurückgeworfen. Eine Niederlage gegen Buchbach. Und wenn man rückblickend auf das Spiel schaut, können wir froh sein, dass es bei diesem 1:0 für Buchbach blieb.

Niederlage

Und schon macht sich wie eine Giftwolke in den sozialen Netzwerken der altbekannte Pessimismus breit. Wir schweben zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Ja, wir Sechzger haben es nicht leicht. Hatten wir noch nie. Wäre wahrscheinlich auch irgendwie langweilig, würde der Zyniker sagen. Aber diese phasenweise Schübe von Lust und Frust wären vermutlich gar nicht so schlimm, wenn wir in unseren Reihen nicht vor allem so viele Pessimisten hätten.

“Pessimismus ist nicht angeboren”

Klar, wir haben jahrelange Mißwirtschaft hinter uns und die letzten Jahre waren ein Desaster. Und im Grunde ist das das Problem für den Pessismismus, der wie eine chronische Krankheit in unseren Reihen hängt. Pessimismus ist nicht angeboren. Niemand flutscht aus des Mutters Leib und schreit: “Scheiße, wie hässlich ist mein Vater, das kann ja nix werden”. Es ist ein Verhaltensmuster. Es entsteht also durch Erziehung oder Einflüsse von außen. So zum Beispiel durch jahrelange systematische Mißwirtschaft. Dabei sorgt der Pessimismus vor allem für eines: das wir in einen ewigen Strudel kommen, aus dem wir uns nicht befreien können. Wieder reden so viele alles schlecht. Das macht traurig. Und nicht nur das, es macht krank. Seelisch und körperlich.

Eine Studie des Magazin Circulation fand heraus, dass Pessimisten eher an Herzkrankheiten leiden. Sie sind weniger körperlich aktiv, haben einen schlechteren Blutzucker- und Cholesterinwert und neigen eher dazu dick zu werden. Das Immunsystem ist geschwächt. Man neigt also eher dazu Infektionskrankheiten zu bekommen. Und auch seelisch geht es uns nicht gut. Wir fühlen uns anderen ausgeliefert. In dem Fall einer Mannschaft, die uns mit in eine Niederlage reißt. Beruflich und finanziell sind Pessimisten meist weitaus weniger erfolgreich. Sie sind weniger beliebt, können ihre Fähigkeiten nicht entfalten und lassen sich schnell entmutigen. Nun, jeder muss sich die kommenden Tage die Frage stellen: Freue ich mich auf das nächste Spiel und bin zuversichtlich, oder lass ich mich von der Niederlage gestern beherrschen? Das ist eine Frage, die auch unsere Gesundheit beeinflusst.

“Sportpolitik ist mehr in den Köpfen als der Sport selbst”

Der Pessimismus ist schwer in den Griff zu bekommen, wenn man im sozialen Netzwerk die negative Einstellung wie mit einem Baseballschläger ständig vor den Kopf geknallt bekommt. In manchen Foren und Blogs nutzen Fans die Niederlage um vor allem eines: wieder zu politisieren. Bei manchen hat man fast schon das Gefühl, sie würden sich über die Niederlage freuen. Und dann fallen diese Sprüche, die ich einfach nicht mehr hören kann. So in der Art wie “ich hab´s Euch ja gesagt” oder “… es wird nun auch der Letzte kapieren, dass wir die kommenden Jahre …”, und so weiter und so fort. Hobby-Propheten oder einfach nur Stänkerer? Längst ist für viele die Sportpolitik wichtiger geworden als der Sport selbst. Da spielt eine Mannschaft grottenschlecht und Ulla Hoppen ist Schuld. Oder Robert Reisinger. Oder Dr. Markus Drees. Früher war wenigstens immer Uli Hoeneß Schuld.

Ja, wir haben verlernt mit Niederlagen umzugehen. Und natürlich ist das in gewisser Weise verständlich. Aber müssen wir eine Niederlage wie in Buchbach wirklich gleich fünf Minuten nach Spiel zum Politikum machen? Erfolgreiche Menschen sind vor allem erfolgreich, weil sie mit Niederlagen umgehen können. Manche können aus Mißerfolgen sogar Kraft schöpfen und einen Vorteil daraus ziehen. Und auch Daniel Bierofka und sein Team können das für sich nutzen.

Vielleicht ist es besser, dass wir derart früh in der Saison einen Denkzettel bekommen haben. Die unbekümmerte Feierstunde, die wir von letztem Freitag aus dem Grünwalder Stadion kennen, ja die war schön. Aber unsere Mannschaft muss in jedes Spiel hochkonzentriert rein gehen und darf keinen Gegner unterschätzen. Wir haben es mit Mannschaften zu tun, die gegen Sechzig nichts zu verlieren haben. Dorfvereine, die völlig befreit spielen. Verlieren sie, dann ist das in Ordnung. Gewinnen sie, dann ist das ein Phänomen. Gewinnen wir hingegen, dann ist das Pflicht. Verlieren wir, dann ist das eine Tragödie. Und das wird schließlich für sportpolitische Zwecke ausgeschlachtet. Es reicht eben nicht, dass die Presse über uns spottet. Oder die von der sauberen Seitenstraße. Wir müssen uns schon selbst zerfleischen.

“Aus einem Mißerfolg Kraft schöpfen”

Lasst uns als Fans kritisch das Spiel bewerten und nicht Bühne für Pseudo-Sportpolitiker werden. Bierofka und Co., sie sind uns in der Zwischenzeit näher als jemals zuvor. Man liest mit. Kennt die Stimmung unter den Fans. Und man lässt sich unbewusst hoch oder runter ziehen. Gerade deshalb ist doch Daniel Bierofka so angepisst von der Sportpolitik und will seine Ruhe. Lasst uns nach vorne ins Grünwalder Stadion blicken. Lasst uns vertrauen. Ich in jedem Fall bin gespannt, wie Bierofka die Mannschaft aus dem “zu Tode betrübt” wieder zu einem “himmelhoch jauchzend” führt. Wir haben einen ordentlichen Denkzettel verpasst bekommen. Jetzt müssen wir das tun, was erfolgreiche Menschen tun: Aus einem Mißerfolg Kraft schöpfen.

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