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Zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel – das Finanzproblem des TSV 1860 München

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Diskussionen über die Finanzen des TSV 1860 München? Aber doch bitte nicht zu Unzeiten, hört man immer wieder. Aber gibt es überhaupt einen günstigen Zeitpunkt? Dass über die Perspektiven der kommenden Saison diskutiert wird, ist völlig normal. Die Gesellschafter des TSV 1860 München haben es längst verpasst, frühzeitig Klarheit zu schaffen.

Ein Kommentar

In den vergangenen Tagen waren die Wirtschaftsprüfer im Haus des TSV 1860 München. Seit dem Doppelabstieg müssen die Löwen eine positive Fortführungsprognose für die kommenden zwei Jahre vorweisen können. Laut der Süddeutschen Zeitung droht dem TSV 1860 fehlende Liquidität. Zwischen zwei und vier Millionen Euro könnten den Löwen bis zum Ende des aktuellen Kalenderjahres fehlen (vgl. SZ vom 13. Juni 2020). Das ist eine immense Summe. Die vor allem auch dafür sorgt, dass man bei der Etatplanung noch keinen Schritt vorangekommen ist.

Wege aus der Krise

Es bedarf an Wegen aus der Krise. Eine weitere Verschuldung der Profifußball-Gesellschaft kommt für das Präsidium nicht in Frage. Erforderliche Mittel müssen laut dem Präsidium aus Sponsoring, TV-Geldern, Transfers, Ticketing oder Gesellschaftermitteln kommen (vgl. Präsidium vom 20. Mai 2019). Für die kommende Saison braucht man sinnvolle Lösungen, die eine wirtschaftliche Perspektive bieten. Die Sponsoren, Fans und der Verein (eV) mit seinen Mitgliedern haben ihren finanziellen Anteil zur Bewältigung der wirtschaftlichen Krise bereits geleistet. Das Präsidium würde sich freuen, wenn HAM International sich ebenfalls entschließen würde, „zeitnah einen wirksamen Beitrag zu leisten“ (vgl. Präsidium vom 8. Juni 2020).

Die Frage, die sich dabei viele stellen: Was erwartet das Präsidium von Hasan Ismaik und über was wird nun tatsächlich verhandelt? Was versteht man unter einem „wirksamen Beitrag“ und in welcher Form soll dieser geleistet werden? Die Etatplanung müsste baldmöglichst vom Aufsichtsrat beschlossen werden, darüber hinausgehende Finanzthemen wie eine Insolvenz, eine Kapitalerhöhung oder eine Grundschuld auf die Geschäftsstelle in der Gesellschaftersammlung. Also zusammen mit Gesellschafter und Kreditgeber Hasan Ismaik. Viel Zeit bleibt nicht.

Insolvenz für Ismaik kein Thema

Viele Fans fragen sich, ob es nicht sinnvoll wäre, nun in die Insolvenz zu gehen. So wie der 1. FC Kaiserslautern. Der möchte sich in Eigenverwaltung mit einem Insolvenzplan aus der Krise ziehen. Nach Informationen des SWR hat der FCK eine „positive Fortführungsprognose“ und könnte auf dieser Grundlage vor dem Insolvenzgericht nachweisen, dass er auch künftig wieder in der Lage sein wird, seine finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. „Nie waren die Voraussetzungen für überschuldete Profi-Vereine besser, sich mit einer Insolvenz zu sanieren“, schreibt der SWR. Der Gesetzgeber hat das Insolvenzrecht vorübergehend gelockert und der DFB Strafen im Hinblick auf Punktabzug in dieser Saison teilweise ausgesetzt (vgl. SWR vom 14.06.2020). „Mit mir wird es keine Insolvenz geben“, betonte jedoch Gesellschafter und Kreditgeber Hasan Ismaik immer wieder. Im Grunde hat er es tatsächlich in der Hand, denn mindestens die Hälfte aller Gläubiger muss dem Plan einer eigenverwalteten Insolvenz zustimmen.

Kapitalerhöhung wird schwierig

Das Präsidium des TSV München von 1860 e.V. brachte bereits vor über einem Jahr eine mögliche Kapitalerhöhung ins Spiel. Auch Hasan Ismaik sprach sich für eine Kapitalerhöhung aus. Allerdings will man als HAM International nicht die Mehrheit abgeben. Das betonte Saki Stimoniaris in einem Interview explizit (vgl, db24 vom 20.11.2019). Eine klare Dreiteilung der Anteile wird es also auf jedem Fall nicht geben.

Der TSV München von 1860 e.V. verkündete, dass man die Verhandlungen seriös hinter verschlossenen Türen führen wolle. Die Vertreter des e.V. sind Karl-Christian Bay und Vize-Präsident Heinz Schmidt. Ob man einen Schritt weiter gekommen ist, ist öffentlich nicht bekannt. Und das ist erst mal auch ganz gut so. Allerdings drängt die Zeit. Und es reicht eben nicht nur ein Handschlag zwischen e.V.-Vertretern und Vertretern von HAM International. Die Mitglieder müssen einer Kapitalerhöhung mit 75 Prozent zustimmen. HAM International scheint wohl keine Anteile abgeben zu wollen. Eine Wertminderung der Anteile ginge dabei dann höchstwahrscheinlich zu Lasten des TSV München von 1860 e.V. und seiner Mitglieder. Auch im Hinblick auf den Kooperationsvertrag bleiben Fragen offen. Der Vertrag vom 30.05.2011 steht in der Kritik. Im Falle eines dritten Gesellschafters müsste er in großem Umfang überarbeitet werden.

Eine Grundschuld auf die Geschäftsstelle

Eine Lösung, die im Raum steht, ist eine Grundschuld auf die Geschäftsstelle. Man sei bereits mit der Stadt in Verhandlung, meint die Süddeutsche Zeitung. Es steht dabei ein Tausch von Sicherheiten im Raum. Hauptsponsor „die Bayerische“ verzichtet auf die Sicherheit für ihr 2017 gegebenes Darlehen und wird stattdessen als Gläubiger im Grundbuch der Geschäfsstelle eingetragen (vgl. SZ vom 13. Juni 2020). Ob die Löwen damit wirklich flüssig werden und sich dies positiv auf die Kaderplanung auswirkt? Vermutlich ist es nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Eine finanzielle Gesundung ist damit wohl kaum möglich. Im Grunde erholen sich die Löwen seit Jahren nicht. Sie werden immer wieder am Leben erhalten. Zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel, trifft es am Ehesten.

Lösungen werden erwartet

Die kommende Woche scheint im Bereich der Finanzen wohl eine der wichtigsten Wochen überhaupt zu sein. Der neue Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer wird Michael Scharold beerben. Der Aufsichtsrat muss dringend tagen. Die aktuelle Saison geht zu Ende. Und es bedarf Lösungen.

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