Seit dem Abstieg aus der 2. Bundesliga hinab in die 4. Liga, in die Regionalliga Bayern, wird sie immer wieder geschürt: die Angst, dass dem TSV 1860 München immer mehr Fans wegbrechen. Immer mehr wenden sich angeblich ab von dem tief gestürzten Verein. Immer weniger Kinder tragen Trikots des TSV 1860 München. Auch in der Reportage der ARD von gestern Nacht kam es so rüber. Dem TSV 1860 München gehen Stück für Stück Anhänger verloren. Als würden sie wie Mücken im Winter nach und nach erfrieren.
Wie sieht die Realität aus? Beim Challenge-Cup in Otterfing, einem seit Jahren erfolgreichen Vergleichs-Turnier zwischen Nachwuchs-Mannschaften, spielt die U13 um den Titel. Und gewinnt. Auch Dank zahlreicher Otterfinger, die den Löwen zujubeln. Darunter nicht nur ein Fanclub des TSV 1860, sondern auch Florian, der Bruder von Stefan Aigner. Er spielt für den TSV Otterfing. Hier jubelt er im Endspiel des Nachwuchs-Turniers den Löwen zu. Genauso wie auch andere Otterfinger, die sich mit den Löwen identifizieren können. Sie sind da, die blauen Fans, auch wenn man weiß, dass einige Otterfinger Bayern-Fans sind. So zum Beispiel der Bürgermeister. Oder natürlich Thomas Müller, der im vergangenen Jahr noch die Siegerehrung durchgeführt hat und in Otterfing wohnt. Doch davon ist nichts zu sehen. Auch nicht als der FC Bayern spielt. Geht man durch die Reihen, dann sieht man wie lautstark die Löwen sind.
Orlandostraße München. Wir sprechen mit einer Verkäuferin im TSV-Shop. Als es zum Abstieg kam, war die Angst groß. Dass sich niemand mehr für Fanartikel des Traditionsvereins interessiert. Die Angst ist unbegründet. Das Interesse ist weiterhin hoch.
Das Stadion ist ausverkauft. Die Stimmung ist gut. Und Kinder sieht man im Stadion genug. Zudem stiegen in diesem Jahr die Mitgliederzahlen. Neue Fanclubs haben sich gegründet.
Warum also schürt man immer wieder die Angst, dass Generationen von Fans wegbrechen? Ich persönlich halte weder etwas von dieser Panikmache, noch glaube ich, dass es wirklich so ist. Zweifelsohne, wenn der TSV nun einige Jahre in der Regionalliga verbringt, dann wird es schwerer. Und das Interesse schwindet. Aber wenn ich so denke, dann brauche ich auch nicht zu den Spielen gehen. Das ist Pessimismus pur. Immer wieder ist die Rede von den Fußball-Romantikern, die unbedingt in der Regionalliga bleiben wollen. So ein Schwachsinn. Wir wollen alle aufsteigen. Auch das ist Panikmache. Dass die Verantwortlichen für immer und ewig Amateurfußball sehen wollen.
Mit dem FC Bayern München müssen wir uns nicht vergleichen. Das ist eine andere Art von Fankultur. Auch sie haben treue Anhänger, die den wesentlichen Kern der Fangemeinde bilden. Und mit diesem harten Kern kann man uns durchaus vergleichen. Aber im Endeffekt ist der FC Bayern München viel mehr. Er ist eine Marke. Man trägt das Trikot wie andere Adidas-Schuhe. Mit Fan-Kultur hat das herzlich wenig zu tun. Im Sommer traf ich auf einem Campingplatz auf Männer mit FC Bayern-Handtuch. Ich machte einen Scherz. Als sie verstanden, was ich meinte, grinsten sie: “Nein, Bayernfans sind wir nicht. Ist halt cool, so ein Handtuch mit dem Rekordmeister drauf. Mit Fußball haben wir wenig zu tun.” Der FC Bayern München ist für viele eben ein Aushängeschild des Freistaates und der Landeshauptstadt. Mit uns hat das herzlich wenig zu tun. Und ist auch nicht vergleichbar.
Die Panikmache scheint Methode zu haben. Sie möchte an unserem System rütteln. Angst ist nie ein guter Ratgeber. Aber vor allem: Die Panikmache ist unsinnig. Uns brechen keine Generationen weg. Zumindest konnte es mir keiner schlüssig beweisen oder erklären, an was er das festmachen will. In jedem Fall nicht an der Anzahl von Kindern, die im Training von Werner Lorant ein Sechzger-Shirt tragen. Ich persönlich bin überzeugt, dass Sechzig attraktiv ist. Auch für die jungen Fans.
Was ist Eure Meinung? Verlieren wir Generation um Generation?