Der TSV 1860 München und der Aufstieg in die 2. Bundesliga. Es ist ein Thema, dass man quasi als Dauerbrenner über die Saison bezeichnen kann. Mit Michael KöllnerMichael wurde am 29. Dezember 1969 in Fuchsmühl geboren. Er... Mehr ist der Aufstieg auch durchaus möglich. Dabei sollten die Löwen vor allem eines tun: sich aus dem Käfig von Zwängen befreien. Ein Kommentar.
Der TSV 1860 muss unbedingt aufsteigen. “Gegen Magdeburg zum Siegen verdammt”, schreibt die Abendzeitung zum Beispiel. Und der einstige Löwen-Trainer Karsten Wettberg wird in der tz München mit den Worten “Nächstes Jahr ist ein Aufstieg Pflicht” zitiert. Die Erwartungshaltung ist groß. Und manchmal klingt es so, als würde der TSV 1860 München komplett untergehen, wenn man nicht aufsteigt. Entweder heuer oder spätestens nächstes Jahr. Vielleicht ist das genau das Problem der Löwen. Dass die Erwartungshaltung zu groß ist. Die Erwartung ist immer irgendwie größer als die Voraussetzungen und Begebenheiten.
Nein, bescheiden ist man bei den Löwen nicht. Weil man ja Traditionsverein ist. Weil man ja mal ganz oben war. Deutscher Meister war man und Gründungsmitglied der Bundesliga sind die Löwen ebenfalls. Und deshalb wird alles groß oder eben klein geredet. Die Löwen stets himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt. Wer heute noch in den höchsten Tönen gelobt wird, auf den tritt man zwei Tage später gerne auch wieder verbal ein. Weil eben immer nur der Erfolg zählt. Und die Löwen unbedingt aufsteigen müssen.
Modalverben in der deutschen Sprache
Was sind Modalverben? Es gibt insgesamt sechs davon. Dürfen, sollen, können, müssen, wollen und mögen. Es sind Hilfsverben, die immer in Kombination mit Vollverben auftreten und ihren Inhalt damit verändern. “Wir Löwen steigen auf” ist ein Satz ohne Modalverb. Mit Modalverb kann man den Satz nun ändern in “wir müssen aufsteigen” oder “Sechzig kann aufsteigen”. Oder eben in “wir wollen aufsteigen”.
Modalverben und ihr Effekt
Ein wesentlicher Faktor für Erfolg und Leistung ist in der Sprache zu finden. Sprache hat eine enorme psychologische Auswirkung. Mit Sprache sind wir aufgewachsen. Vor allem eben mit Modalverben. Jens Fleischhut, Lehrbeauftragter für Neuropädagogik am Institut für Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität Berlin, ist in einem mehrjährigen Forschungsprojekt der Frage nachgegangen, wie sich das unbewusste Aktivieren von Gefühlen durch Sprachmuster zur Entwicklungs- und Lernförderung nutzen lässt. Der Effekt von positiven Sprachmustern ist dabei enorm, hat der Wissenschaftler festgestellt.
Frühzeitig sind die Löwen “krachend gescheitert”. Einige Zeit später stellt sich plötzlich heraus, dass es doch noch eine Chance gibt, aufzusteigen. Entsprechend ändern sich die Schlagzeilen. Und ja, die Spieler lassen sich davon beeindrucken und beeinflussen. Es ist eine ständige Achterbahnfahrt. Die wenig hilfreich ist, um dauerhaft Leistung zu bringen. Profi hin oder her. Wie oft hören die Spieler, dass sie aufsteigen müssen? Wie oft sagen sie sich, dass sie aufsteigen wollen?
“Muss ich” oder “will ich”?
Die Spieler des TSV 1860 München müssen sich am Ende tatsächlich vor allem eines fragen: wer spricht denn nun? Ich selbst? Dann muss ich zwangsläufig mein inneres Sprachmuster überdenken. Aus einem “ich muss aufsteigen” wird dann ein “ich will aufsteigen”. Damit nehmen die Spieler das Heft selbst in die Hand. Losgelöst vom äußeren Druck. Den Erfolg selbstverantwortlich in die Hand nehmen, statt sich durch negative Modalverben treiben zu lassen, das sollte das Ziel sein.
Auch wir Fans können einen positiven Effekt mit befeuern. In dem wir aufsteigen wollen und nicht immer davon reden, dass wir aufsteigen müssen. Dabei geht es gar nicht darum, den Druck komplett rauszunehmen. Auch Wollen kann Druck erzeugen – positiven Druck. Es geht auch nicht darum, den Aufstieg aus den Augen zu verlieren. Es geht darum, eben wirklich zu wollen – als Fans, als Funktionäre, als Trainer und als Spieler. Ob es dann am Ende mit dem Aufstieg klappt? Das kann man nicht sagen. Weil es viele Faktoren gibt. Aber der positive Effekt ist nicht zu unterschätzen. Und den müssen wir nutzen. Moment, nein. Den wollen wir nutzen.
Titelbild: IMAGO / Ulrich Wagner
Der Präsident Reisinger in der Bild vom 10.05:
“Nächste Saison kann es nur ein Ziel geben und das heißt: Aufstieg! Das muss von Tag eins klar sein und auch ausgesprochen werden.“
Jetzt für die neue Saison umso wichtiger das zu verinnerlichen. Hoffentlich liest das ein Köllner und auch die Mannschaft.
…Lust statt Frust, nicht Zwang zum Muss, sondern mit Freude am Wollen zum Erfolg. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg…zum Erfolg😜😉👍💙🦁💙💪🤝
Sehr guter Beitrag
arik . Wir Löwen, unser Löwenteam “muss” WOLLEN weil wir wollen u. nicht müssen, darauf kommt es an. Das WOLLEN muss von den Spielern u. vom ganzen Team von innen heraus, von einer tiefen inneren emotionalen Überzeugung kommen, wachsen, sich entwickeln u. nicht eine von außen aufgebürdete, übergestülpte, aufgedrückte Forderung u. Last, die Freude in Frust verwandelt u. Versagensängste, Blockaden, Verspannungen, Ärger, Verzweiflung…u. Verbissenheit bis zur emotionalen Erschöpfung u. Überforderung zur Folge hat u. lähmt. Überhöhte Forderungen scheinen mir bei Teilen der Löwenfans der Fall zu sein, was von den Medien, der Presse befeuert u. angeheizt wird. Ein schlechtes, negatives, unrealistisches Schwarz-Weißdenken polarisieren, kanalisieren u. reduzieren Erfolg auf Aufstieg u. Misserfolg, Scheitern auf Nichtaufstieg. Und genau das ist fatal, gefährlich u. falsch, meine ich. Die Freude über den Erfolg, unter Michael Köllner, 2 Jahre eine “sorgenfreie Saison” ohne Abstiegssorgen gespielt zu haben u. am Ende unter den ersten 4…5…6 Teams gelandet zu sein, vermisst man leider bei einigen Löwen, die einen Nichtaufstieg mit insgesamten Scheitern gleichsetzen. Das tut unserem gesamten Löwenteam u. Michael Köllner Unrecht u. erzeugt Frust u. Ärger, lähmt, wirkt demotivierend u. ist kontraproduktiv. Michael Köllner hat trotz mancher völlig normaler Durststrecken u. kleinen sportlichen “Krisen”, die er mit unserem Löwenrudel immer wieder überwunden hat, eine hervorragende, ausgezeichnete Arbeit geleistet, uns letzte Saison im Aufstiegskampf gehalten u. bis auf den 4. Platz geführt u. es auch diese Saison trotz mancher Schwierigkeiten wieder nach oben, bis jetzt auf Platz 4 geschafft. Das ist doch eine tolle u. löwenstarke Leistung finde ich, darüber können u. sollten wir Sechzger uns freuen u. darüber freue ich mich. Der Erfolg sollte eben nicht nur mit Aufstieg definiert u. darauf reduziert werden, denn wenn nur dieses “aufsteigen müssen” als Erfolg, als “Erfolgsmussforderung” gilt, werden wir auch in Zukunft nicht Spieler, Trainer u. Mannschaft zu dem positiven Gefühl der inneren Überzeugung u. Freude, des inneren Antriebs “Erfolg haben zu wollen” motivieren. Die gemeinsame Freude an “kleinen” Erfolgen, wie das Erreichen des 4. o. 5. Platzes, an Siegen, an guten Spielen u. Spielerentwicklungen…sind wichtig u. unverzichtbar, um langfristig erfolgreicher werden zu können, denke ich. Denn, wer den “kleinen” Erfolg nicht ehrt(fühlt, sieht u. äußert), ist den “großen” Erfolg nicht wert. Der Weg zu größeren Erfolgen(Aufstieg…) führt über viele kleine Erfolge, wenn man sich über “kleine* Erfolge freut u. darüber die Freude u. Motivation, den Glauben u. Antrieb entwickelt, “größeren” Erfolg haben zu wollen, wo wir wieder beim Ausgangspunkt wären, beim “Wollen, weil man mit Freude will” u. nicht “Müssen, weil man wegen Erfolgsdruck muss”. Die Erfolgsmesslatte nicht zu hoch hängen, sondern realistisch bleiben. 😉
Sehrbguter Artikel der es auf den Punkt bringt. Da hat jemand durchaus Ahnung von der Materie. Das liebe ich am LM. Nicht nur gute Berichte von Fans, auch sehr interessante Betrachtungen der Situation mit durchaus Fachwissen.
Sauber Arik, einmal mehr hast Du ein großes Problem im Löwenumfeld auf den Punkt gebracht.
Die Münchner Zeitungen spielen natürlich gerne mit der Sprache und nutzen reißerische Überschriften, überhöhte Erwartungen und, wenn es schlecht läuft, das Tal der Tränen um deren Verkauf oder die Klickrate zu erhöhen. Es werden also emotionale und nicht rationale Artikel geschrieben.
Viele Fans bzw. Leser lassen sich leider dadurch lenken wie Marionetten und fordern ebenso ohne jegliche Rationalität und Hintergrundwissen bezüglich finanzieller Rahmenbedingungen die gleichen überhöhten Erwartungen in die Tat umzusetzen.
Das ist für die notwendige Ruhe im Verein und die Leistung der Spieler wenig förderlich bis kontraproduktiv. Jeder der selbst (höherklassig) Mannschaftssport betrieben wird das bestätigen.
Klar will jeder Fan mit 60 nächstes Jahr aufsteigen, aber das ist von vielen Einflüssen am Ende abhängig. Es hätte letzte Saison klappen können und auch diese Saison, aber das bedeutet leider nicht automatisch, dass wir nächste Saison dabei sind.
Plakativ betrachtet:
Gierig bleiben ist gut, Zwanghaft werden ist schlecht. Wollen ist gut, müssen ist schlecht.
Das sollte sich auch der Karsten Wttberg zu Herzen nehmen.
Schöne Grüße
Altdorfer
Großes Kompliment für diesen Artikel, Arik. Kann ich genau so unterschreiben. ELIL
Das “Aufsteigen müssen” hat die letzten Jahre zum wiederholten finanziellen Kamikazekurs geführt. Einmal unter Stoffers, dann unter Cassalette/Ayre/Pereira.
Wir müssen gar nichts. Vor allem ist “wir müssen aufsteigen” ein Zeichen erheblicher Arroganz. Die anderen können auch kicken, denken, reden und trainieren.
Das einzige, was wir müssen, ist uns verbessern. Schritt für Schritt. Und dafür sorgen, dass wir nie wieder einen Kamikazekurs fahren. Und nächste Saison aufgrund guter Arbeit bessere Möglichkeiten haben als diese Saison.
Wollen? Klar, gerne, jeder Zeit. Man kann aber nichts erzwingen. 10 andere Clubs wollen auch aufsteigen. Und die sind auch keine totalen Vollpfosten. Zumindest nicht alle. Und da sollte man sich selbst mit “wir müssen aufsteigen” das Leben nicht unnötig schwer machen.
Ich denke das ist der Grund, warum Köllner mit seinem Abschied kokettiert: 3x besser als der Kaderwert/Budget im Vergleich abgeschnitten und das wird nicht als Erfolg gefeiert.
Wenn man dann noch berücksichtigt, dass z.B. einem Lakenmacher bisher sicher mehr vom Gehalt blieb, als es ihm bei gleicher Bezahlung angesichts hiesiger Lebenshaltungskosten bleiben würde, müsste man nochmal 20% drauflegen.
Aus meiner Sicht waren die letzten drei Jahre erfolgreich. Weiter eher regional denken, eigene Nachwuchsspieler weiterentwickeln und wenn es für den Aufstieg reicht umso besser.
Mehr Spaß als die Ingolstädter Fans hatten wir auf jeden Fall.
Daraus eine solche Anspruchshaltung zu entwickeln, das ist fast 60 Jahre nach der Gründung schon beinahe absurd.
Gründungsmitglieder sind übrigens auch (aktuelle Ligahöhe in Klammern):
Eintracht Braunschweig (3)
Werder Bremen (2)
Hamburger SV (2)
Borussia Dortmund (1)
1. FC Köln (1)
Meidericher SV (3, mit guter Chance auf 4)
Preußen Münster (4)
FC Schalke 04 (2)
1. FC Kaiserslautern (3)
1. FC Saarbrücken (3, nach langen, langen Jahren in 4)
Eintracht Frankfurt (1)
Karlsruher SC (2)
1. FC Nürnberg (2)
VfB Stuttgart (1, mit Chance auf 2)
Hertha BSC (1, vielleicht Relegation)
Von 16 Klubs spielen aktuell also fünf in der Bundesliga, die inzwischen 18 Klubs umfasst.
Fünf spielen zweitklassig, fünf drittklassig und aktuell nur einer viertklassig.
Wer anderes darf jetzt gerne raussuchen, wer davon wie viele Konkurse, Punktabzüge wegen Finanzproblemen und so fort hingelegt hat. Da sind wir jedenfalls gut dabei. Vermutlich gerade auch weil das Anspruchsdenken gerne die realen Möglichkeiten übersteigt.
Was allerdings für uns spricht, das ist die Mitgliederstärke. Da sind wir (bei den Fußballvereinen) Rang 15 (oder so) in Deutschland. Geht man allerdings danach, dann müsste ein in einer eingemeindeten Wüstung im Norden der Stadt spielende Verein jedes Jahr alle (!) möglichen Wettbewerbe gewinnen, Benfica kommt kurz danach und dann schon Schalke 😉
Nach einer befreundeten Psychologin wäre “ich möchte aufsteigen” die sinnvollste Aussage, um sich vom Druck loszulösen. Es ist allerdings kein einfaches Unterfangen, die eigene Sprache (gerade die mit sich selbst) entsprechend anzupassen. Selbst arbeite ich da seit Jahren dran und korrigiere mich noch immer gelegentlich selbst.
In wieweit jetzt Reflexion und Boulevardjournalismus zusammenpassen beziehungsweise sogar sozusagen Antagonisten sind, das liegt im Auge der Leser…
Sehr guter Beitrag. Vor allem der Artikel in der AZ von einer gewissen Christina Stelzl ist im Grunde eine bodenlose Unverschämtheit.
Bravo! Sehr richtig!