Im Profifußball, wie auch in der durchwegs finanzschwachen Dritten Liga, ist es für die Vereine ein probates Mittel, Spieler auszuleihen, anstatt sie langfristig und kostenintensiv an sich zu binden. Die Leihe von Spielern ist oft für beide Seiten von Vorteil. Junge Spieler können sich bei einem anderen, in der Regel niederklassigen Verein Spielpraxis holen und sich weiter entwickeln. Der aufnehmende Verein freut sich indes über einen jungen hungrigen Spieler, der sich beweisen will. Die Leihe von Spielern kann unter Umständen aber durchaus auch zu einer etwas kuriosen Zwickmühle führen. In den vergangenen Relegationsspielen zwischen dem Drittplatzierten in Liga 3 und dem Drittletzten der 2. Bundesliga kam der Spieler Agyemang Diawusie eben wegen dieser Zwickmühle nicht zum Einsatz. Der Leihspieler wurde von seinem aktuellen Club Wehen Wiesbaden in den wichtigen Aufstiegsspielen gegen seinen eigentlichen Arbeitgeber, dem FC Ingolstadt 04, nicht eingesetzt. Wiesbadens Sportdirektor bezeichnete diese Maßnahme als Schutzsperre.
Und man stelle sich mal vor, zu welchen Kuriositäten ein solcher Einsatz hätte führen können. Wiesbaden geht als Sieger aus den Partien hervor und Diawusie hätte obendrein ein Tor erzielt. Die Freude wäre kurz gewesen. Trotz Aufstieg hätte er auf diese Weise seinen Arbeitgeber und damit sich selbst in die Dritte Liga geschossen. Wäre er nur mit mäßigem Einsatzwillen über den Platz gelaufen, oder hätte gar mit einem Fehler dem FC Ingolstadt 04 zum Nichtabstieg verholfen, dann kann man sich vorstellen, was die Presse daraus gemacht hätte.
Diese Bredouille ist unseren Leihspielern Simon Lorenz, Romuald Lacazette und Prince Osei Owusu erspart geblieben. Alle Spieler sind von einem höherklassigen Verein ausgeliehen worden und verlassen den TSV nun wieder mit Ablauf des Leihvertrages zum 30. Juni 2019. Gerne wollen wir uns von dem Trio verabschieden und noch einmal einen Blick zurück auf die abgelaufene Saison wagen.
Simon Lorenz
Der 22-jährige Innenverteidiger, mit einem aktuellen Marktwert von 350.000 €, kam zum 1. Juli 2018 vom Zweitligaverein VfL Bochum zu den mittlerweile drittklassigen Löwen. Vorgestellt wurde er damals etwas euphorisch als Euroleague-Teilnehmer. In seiner Zeit bei der TSG 1899 Hoffenheim spielte er unter dem TrainerÜbersicht aller Trainer der ersten Mannschaft des TSV 1860 ... Mehr Julian Nagelsmann in der Tat über volle 90 Minuten in diesem Wettbewerb. Gegner war am 7. Dezember 2017 der wenig bekannte Verein aus Ludogerets. Der bei den Sinsheimern ausgebildete Lorenz kam als A-Junioren Bundesliga-Meister Süd/West zu den Profis. Einsätze hatte er dabei vornehmlich in der zweiten Herrenmannschaft. Mitspieler war u.a. auch Prince Osei Owusu. In der Winterpause schaffte er den Sprung in die 2. Bundesliga zum VfL Bochum. Unter Trainer Robin Dutt sah er aber sprichwörtlich kein Land. Lediglich zweimal schaffte er es in den Kader. Blieb aber gänzlich ohne Einsatz.

Mit dem Wechsel zu den Löwen nahm die Profikarriere des jungen Innenverteidigers endlich Fahrt auf. Während ihm der erfahrene Jan MauersbergerJan ist am 17. Juni 1985 in München geboren und ein ehemali... Mehr im ersten Spiel auf dem Betzenberg noch vorgezogen wurde, dauerte es lediglich eine Halbzeit, bis er im neuen Löwentrikot seine ersten Sporen in der Dritten Liga verdienen konnte. Der Verletzung von Jan Mauersberger war es zu verdanken, dass Simon Lorenz bereits im ersten Saisonspiel von Trainer Daniel Bierofka auf den grünen Rasen geschickt wurde. Trotz des späten Tores und eines verlorenen Spiels wusste er zu überzeugen. In den darauffolgenden Partien avancierte Lorenz nahezu zum Publikumsliebling. Die Anhänger auf den Rängen sahen genau, wenn sich einer da unten auf dem Spielfeld für die Mannschaft zerreißt. Und das tat der in Buchen geborene Schwabe auch. Die gegnerischen Stürmer sollten keine Freude an ihm haben. Dabei blieb er aber immer fair in seinen Zweikämpfen. Lediglich 4 Gelbe Karten in der abgelaufenen Saison bei 37 Spielen und insgesamt 3.200 Spielminuten sprechen für einen Abwehrspieler eine deutliche Sprache.
Simon Lorenz war es auch, der am zweiten Spieltag vor heimischer Kulisse den Türöffner für einen grandiosen ersten Heimsieg in der Dritten Liga gab. Sein Kopfballtor in der 13. Minute brachte das Grünwalder Stadion zum ersten Mal in der noch jungen Saison zum Beben und eröffnete einen nicht geahnten Torreigen. Am Ende stand ein 5:1 gegen überforderte Sportfreunde aus Lotte. Und so schien es auch am dritten Spieltag für den neuen Löwen und sein Rudel weiterzugehen. Mit der Euphorie eines Heimspielsieges im Rücken ging es nach Osnabrück, wo man in einem rassigen Spiel mit 2:0 in Führung ging. Erneut steuerte der Abwehrmann mit Drang zum Tor einen Treffer bei.
Lorenz war fortan gesetzt. Stammspieler in der dritthöchsten Spielklasse. Bei den Löwen stand er von Spieltag 1 bis 37 auf dem Platz. Lediglich im letzten Spiel in Jena musste er verletzungsbedingt passen. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass er in dieser Saison unter Trainer Daniel Bierofka zum Profispieler gereift ist. Die Zweite Liga ist ihm allemal zuzutrauen.
Romuald Lacazette
Diesen Beweis hat Romuald Lacazette , zumindest zeitweise, bereits unter Beweis gestellt. Der Cousin des Premier-League-Spielers Alexandre Lacazette (Arsenal London) kam zu Beginn der Saison 2018/19 vom SV Darmstadt 98 auf Leihbasis zurück zu den Löwen. Der in Paris geborene Franzose durchlief verschiedene Jugendnationalmannschaften in Frankreich und begann seine Profikarriere bei Paris Saint German. Für die B-Mannschaft der Pariser absolvierte er in der Zeit von 2012 bis 2015 insgesamt 46 Spiele, ehe er zu Beginn der Saison 2015/16 zum ersten Mal an die Isar zum TSV 1860 München in die zweithöchste deutsche Spielklasse wechselte. Wie bekannt konnte auch Lacazette nicht den sportlichen Abstieg aus der zweiten Bundesliga verhindern. In der Abstiegssaison 2016/17 war er nach einem Mittelfußbruch am Anfang der Saison Stammspieler unter Trainer Vitor Pereira. In seinen 25 Liga-Einsätzen war er noch einer der besten Spieler in dem wild zusammen gewürfelten „Starensemble“.

In der nervenaufreibenden Relegation gegen den Jahn aus Regensburg war Romuald leider nur im Hinspiel im Einsatz (Endstand 1:1). Wegen Meckerns erhielt er in der 32. Minute die Gelbe Karte und war somit für das so wichtige Rückspiel im heimischen Stadion gesperrt. Diese Undiszipliniertheit könnte auch Grund für seine Auswechslung noch in der ersten Halbzeit des Relegations-Hinspiels gewesen sein. Zu diesem Zeitpunkt dürfte Lacazette noch nicht bewusst gewesen sein, dass dies die letzte Aktion bei den Löwen in der 2. Bundesliga war.
Wie die meisten Spieler des TSV war auch der Franzose nach dem Absturz in den Amateurbereich vertragslos. Im SV Darmstadt 98 fand sich schnell ein dankbarer Abnehmer für den ablösefreien Spieler. Bei den Hessen konnte er aber nie wirklich Fuß fassen. In lediglich drei Spielen durfte er versuchen, das Vertrauen seines damaligen Trainers Torsten Frings zu rechtfertigen. Bei dessen Nachfolger Dirk Schuster kam der Mittelfeldspieler zu keinem einzigen Einsatz. Aber auch die Rückholaktion zum TSV 1860 München kann nicht wirklich in der Vita des Spielers als Erfolg verbucht werden. In lediglich elf Spielen wurde der Franzose in Liga 3 eingesetzt. Über die volle Distanz durfte er nur in zwei Spielen sein Können unter Beweis stellen. Romuald Lacazette steht für ein kampf- und körperbetontes Spiel als Abräumer vor der Abwehrreihe. In der Spieleröffnung hat er ein gutes Auge für seine Mitspieler. Leider sind seine Aktionen auf dem Spielfeld auch immer wieder von undiszipliniertem Verhalten geprägt. Gelbe Karten wegen überhartem Einsteigen und Meckerns sind oft die Folge.
So durchwachsen, wie die vergangene Saison der ganzen Mannschaft war, so durchwachsen muss man auch die Saisonleistung von Romuald Lacazette bezeichnen. Nichts desto trotz ist Lacazette sicherlich ein talentierter Spieler und vor allem „ein toller Junge“, wie es sein Trainer unlängst ausgedrückt hat. Mit unbändigem Kampfgeist und seiner spielerischen Klasse kann er im zentralen Mittelfeld als Abräumer, wie auch in der Spieleröffnung, ein wichtiger Spieler für eine Mannschaft sein. An seinen Undiszipliniertheiten sollte er allerdings noch arbeiten.
Prince Osei Owusu
Nach der Wechselposse des erst zu Saisonbeginn verpflichteten Stürmers Adriano Grimaldi sah sich die sportliche Leitung dazu genötigt, in der Winterpause einen neuen Stürmer zu verpflichten. Ebenfalls auf Leihbasis wurde im Januar 2019 der gerade erst 22 Jahre alt gewordene Prince Osei Owusu vom Zweitligisten Arminia Bielefeld verpflichtet. Der 1,90 m große Stürmer mit deutschem Pass und ghanaischen Wurzeln sollte neben Sascha Mölders an vorderster Front für die Tore der Löwen in der Rückrunde sorgen. Prince Owusu, den Trainer und Mitspieler nur „Ossi“ nannten, wurde im NLZ des VfB Stuttgart unter anderem vom späteren Bundesliga-Trainer Domenico Tedesco ausgebildet. Über die Zweite Mannschaft der Schwaben wechselte er 2017 nach Hoffenheim, wo er gemeinsam mit Simon Lorenz die Stiefel für die Reserve schnürte. 27 Spiele, 5 Vorlagen und 13 Tore in der Regionalliga Süd/West waren kein schlechtes Aushängeschild. Diese Bilanz weckte schnell Begehrlichkeiten bei anderen Clubs. Ablösefrei ging es zum 1. Juli 2018 zur zweitklassigen Arminia nach Bielefeld, wo er einen Dreijahres-Vertrag bis zum 30. Juni 2021 unterschrieb.

Beim Zweitligisten kam Owusu auf elf Spieleinsätze, blieb aber ohne jeglichen Torerfolg. Für die sportliche Leitung der Arminia Grund genug, den jungen Stürmer in der noch laufenden Saison an einen unterklassigen Verein auszuleihen. Und was konnte „Ossi“ besseres passieren, als an die Grünwalder Straße zum TSV 1860 zu kommen? Bei dem Münchner Traditionsverein sollte er sich weiterentwickeln und Spielpraxis bekommen. Und in der Tat, wenn es auch nur zu zwei Spielen über die volle Distanz gereicht hat, Owusu wurde in nahezu jedem Spiel der Weiß-Blauen eingesetzt. Lediglich auswärts bei Sonnenhof Großaspach musste er wegen einer Gelbsperre pausieren. Auch wenn man am Ende des Leihgeschäfts vielleicht nicht den Eindruck hat, dass sich Prince Owusu als Stürmer in Liga 3 durchgesetzt hat, so gibt es nicht wenige Fans unter uns, die der festen Überzeugung sind, dass uns der Stürmer den Klassenerhalt gesichert hat.
Wir erinnern uns an den 22. Spieltag, als sich unsere Mannschaft in einem wichtigen Heimspiel gegen den letztplatzierten VfR Aalen so schwer getan hat. Beim Stand von 0:1 für Aalen wurde Owusu in der 63. Minute für Markus Ziereis auf den Platz geschickt. Am Ende stand ein wichtiger 2:1-Erfolg zu Buche. Herausgeschossen durch einen späten Treffer des Neuzugangs in der 88. Minute. Im darauffolgenden Auswärtsspiel in Cottbus war es wiederum der eingewechselte Owusu, der den so wichtigen zweiten Treffer in der 86. Minute markierte. Endstand 1:2 für Sechzig. Weitaus besser ist uns sein Tor in der 85. Minute beim letzten Heimspiel gegen Fortuna Köln in Erinnerung. Beim Stand von 2.2 erzielte der Stürmer den Treffer zum Klassenerhalt. Nicht nur wegen dieser Tore werden sich die Löwenfans gerne und vor allem dankbar an Prince Osei Owusu erinnern.
Das Löwenmagazin sagt Servus im Namen aller Löwenfans. Danke an Simon Lorenz, Romuald Lacazette und Prince Osei Owusu. Danke für Euren Einsatz im Trikot des TSV 1860 München. Wir wünschen Euch alles Gute für die weitere Profikarriere. Irgendwann werden wir uns wieder sehen. Auf einer grünen Wiese in irgendeinem Stadion. Bewahrt Euch die Erinnerung an eine schöne Zeit, in einer schönen Stadt, mit dem Löwen auf der Brust, beim „geilsten Club der Welt.“