Sportlich hat der TSV 1860 München meiner Meinung nach eine ordentliche Grundlage für eine erfolgreiche Saison gelegt. Klubpolitisch und moralisch benötigt es eine rasche Kehrtwende. Ein Kommentar.
Ein wohlhabender Haarwasserfabrikant liest in der Zeitung von den neuesten Brandstiftern. Er echauffiert sich über die Täter. Die Vorgehensweise ist immer dieselbe. Sie tarnen sich als harmlose Hausierer, nisten sich im Dachboden ein und brennen dann das Haus nieder. Schließlich kündigt das Dienstmädchen einen Hausierer an. Der klagt noch, dass er stets für einen Brandstifter gehalten wird und appelliert an die Menschlichkeit des Haarwasserfabrikanten. Und der lässt ihn hinein, betrachtet ihn und dessen Partner irgendwann sogar als Freund. Bekannt ist die Geschichte als Biedermann und die Brandstifter von Max Frisch. Ein Lehrstück ohne Lehre, so der Untertitel.
An die Geschichte denke ich immer wieder. In den vergangenen Wochen hat man mir ständig versucht klarzumachen, wer es bei den Löwen eigentlich alles gut meint, aber doch so sehr missverstanden wird. Dass der eine oder andere Protest in der Westkurve den einen oder anderen zutiefst trifft. Ja, ehrverletzend seien das Scheichlied und das Banner. Und das Kopieren des e.V.-Designs sei auch nur eine Reaktion der verletzten Seele. Man müsse doch verstehen…
Ja, das erinnert mich an Biedermann und die Brandstifter. Wie Frischs Gottlieb Biedermann lässt sich die Geschäftsführung der TSV München von 1860 GmbH & Co KGaA einen gehörigen Bären aufbinden. „Um Gutes Gewissen zu haben – und das braucht er, um Ruhe zu haben – belügt er sich selbst“, meint Max Frisch erklärend und zeigt Verständnis für seinen Protagonisten. Fehlt nur noch irgendein Hashtag von Gemeinsam.
Der Führungsriege der Profifußball-Firma ist so ein Biedermann. Der alles tut, um Ruhe in das unruhige Boot zu bringen. Und er holt dafür auch den Brandstifter ins Boot. Trinkt mit ihm, isst mit ihm und gibt ihm sogar Streichhölzer. Was am Ende die Streichhölzer sind, das sei eurer Fantasie überlassen. Mir fällt da viel ein.
Ruhe benötigt der TSV 1860 München tatsächlich. Für seine höheren Ziele. Aber was bringt mir die Ruhe, wenn mir am Ende die Bude abfackelt? Nichts… ganz genau. Und momentan sind sie schon da, die ersten Brände. Kuriose Fehlentscheidungen, die erste Brände schaffen.
Es wird Zeit für eine Kehrtwende. Es wird Zeit, dass sich die Geschäftsführung mal selbst klarmacht, was die Grundwerte von Sechzig sind. Auf was die Gemeinschaft eigentlich basiert. Und der Geist, der die Löwen nach dem Doppelabstieg wieder stabilisiert hat. Und welche Werte und Normen man in jedem Fall vertreten muss. Dann kann man die sportliche Grundlage auch im vollen Umfang nutzen.
Und alle spielen mit. Außer die Brandstifter. Die bleiben was sie sind, Hausierer. Aber eben nicht mit Streichhölzern und nicht im eigenen Haus.