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14.05.2022, Fussball 3. Liga 2021/2022, 38.Spieltag, TSV 1860 München - Borussia Dortmund II, im Grünwalder-Stadion München, Die Sechzger Musikanten spielen auf vor dem Spiel an der Fankurve. Die Blaskapelle wurde 2021 unter dem Dach des TSV 1860 München gegründet, Dirigent ist Anton Hörger. ***DFL and DFB regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video.*** *** 14 05 2022, Football 3 Liga 2021 2022, 38 Matchday, TSV 1860 Munich Borussia Dortmund II, at Grünwalder Stadion Munich, The Sechzger Musikanten play on before the game at the fan curve The brass band was founded in 2021 under the umbrella of TSV 1860 Munich, conductor is Anton Hörger DFL and DFB regulations prohibit any use of photographs as image sequences and or quasi video

Warum die Löwen aus der Allianz Arena zogen

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Es war ein nostalgischer Schritt – der Auszug aus der Allianz Arena und die Rückkehr in das Grünwalder Stadion. Romantik siegte vor Vernunft. Oder doch nicht?

“Wir haben seit Sommer 2016 viele Millionen in die Mannschaft gesteckt”, so Hasan Ismaik im Frühjahr 2017. “Was ich mir vorwerfen muss, ist, dass ich sogenannten Fachleuten vertraut habe, ohne zu hinterfragen, was mit meinem Geld eigentlich passiert. Hier war ich blauäugig. Diesen Fehler muss ich mir eingestehen.” Eine wichtige Selbsterkenntnis. Ismaik hatte sich zum Beispiel für 3,2 Millionen Euro den brasilianischen Stürmer Ribamar andrehen lassen. Der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte, schrieb die BILD. Er kam mit einer Muskelverletzung. 44 Minuten durfte er in der Liga dann für die Löwen ran. Im Pokal war er 19 Minuten im Einsatz und bekam in der Nachspielzeit die rote Karte. Die meisten Löwen erinnern sich sehr gut. Vor der Relegation machte er sich vom Acker. Aus privaten, familiären Gründen sei er nach Brasilien zurückgereist, hieß es. Doch es war nicht nur er. Auch sonst gab der TSV mehr Geld aus als er hatte. Das Millionengrab war geschaffen.

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Lizenz für 2017/18

Das hatte Auswirkungen auf die Lizenzierung für die nächste Saison. Bereits vor der Relegation war klar, dass Hasan Ismaik unfassbare 21 Millionen Euro bereitstellen muss, um die Lizenz für die kommende Zweitliga-Spielzeit zu sichern (vgl. SZ vom 30.05.2017).

Auch für die Lizenz in der 3. Liga schrieb der Deutsche Fußball-Bund den Löwen bereits vor der Relegation vor, dass die TSV München von 1860 München GmbH & Co KGaA einen Fehlbetrag in Millionenhöhe beseitigen muss. Bis zum 2. Juni 2017, 15.30 Uhr musste der TSV einen beweiskräftigen Nachweis erbringen, dass man zum Beispiel durch reduzierte Personalaufwendungen, reduzierte Materialaufwendungen, einen realisierten Mittelzufluss von Gesellschaftern, Reduzierung von Prämien und / oder reduzierte Aufwendungen einen Mittelzufluss von 9,2 Millionen hat. Ein möglicher Punkt, den der Deutsche Fußball-Bund dabei erwähnt: Ein Nachweis der Vertragsauflösung mit der AAMSG (Allianz Arena München Stadion GmbH) sowie Vorlage einer Nutzungsvereinbarung Grünwalder Stadion. Für die 3. Liga, nicht für die Regionalliga wohlgemerkt. Eben weil der DFB wohl durchaus sah, dass sich für die Löwen dieses Stadion nicht rentiert.

muenchen, deutschland 30. mai 2017: rel. 2. bl 16/17 1860 muenchen vs. ssv jahn regensburg lumor agbenyenu (muenchen
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Löwen scheitern in Relegation

Die Löwen scheiterten in der Relegation. Mit den Auflagen und Bedingungen für die Lizenz in der 2. Bundesliga musste man sich nicht mehr beschäftigen. Doch auch für die 3. Liga gab es ein immenses Loch zu stopfen. Das war allen klar. Verantwortung übernahmen die bis dahin handelnden Personen allerdings nicht. Sie waren teilweise bereits direkt nach der Relegation verschwunden.

Der Schwarze Freitag kam. Eben genau dieser 2. Juni 2017. Hasan Ismaik war nicht bereit, den notwendigen Mittelzufluss auszugleichen. Mit der Option aus der Allianz Arena auszuziehen, hatte man sich bis dato gar nicht beschäftigt. Und auch an anderen Stellen hatte man nicht an den Stellschrauben gedreht. Ohnehin hatte sich die Geschäftsführung nicht mit dem Abstieg beschäftigt. Das war das Aus für die Drittliga Lizenz.

Fauser
(c) TSV 1860

Die Konsolidierung im Jahr 2017

Der TSV 1860 München setzte auf Konsolidierung. Markus Fauser wurde zum temporären Geschäftsführer ernannt. Der 39-jährige Wirtschaftswissenschaftler sollte die KGaA wieder in Spur bringen. “Wir wollen handlungsfähig bleiben”, so die Botschaft des damaligen Interimspräsidenten Robert Reisinger. Die Löwen mussten Abstriche machen. Dank Daniel Bierofka war man sportlich zumindest für die Regionalliga Bayern gewappnet. Der Kern der Mannschaft wurde aus der bisherigen U21 und der U19 gewonnen. Fauser stellt klar, dass die Insolvenz nicht im Fokus stehen würde. “Es geht einzig darum, die Fortführung der KGaA zu gewährleisten.”

Viele Möglichkeiten gab es nicht. Zentrales Thema war dabei aber dann auch die Spielstätte. Die Allianz Arena war selbst im Rahmen der Lizenzierung für die 3. Liga schon auf der Liste des DFB mit einem Fragezeichen gestanden. Und auch in der 2. Bundesliga hatte sich die Allianz Arena nicht rentiert. Fauser musste eine wirtschaftliche Entscheidung treffen. Von romantischer Natur war diese Entscheidung zweifelsohne nicht. Der Vertrag wurde aufgelöst. Und damit ein schwieriger Kostenpunkt für die KGaA entfernt. “Mit Beendigung des Mietvertrages ist die Allianz Arena nicht mehr Spielstätte des TSV 1860 München, eine spätere Rückkehr ist ausgeschlossen”, schrieb der FC Bayern München nach dem man sich mit den Löwen geeinigt hatte.

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Das Grünwalder Stadion

Man verdiene im Grünwalder Stadion kaum Geld, so die Argumentation gegen den Standort in Giesing. Ob man mit der Allianz Arena auf der Schulter eine Lizenz für die 3. Liga bekommen hätte, ist fraglich. Und erst Recht nicht für die Regionalliga. Klug wäre es gewesen, wenn man sich bereits vor der Relegation mit dem Thema “Allianz Arena” beschäftigt hätte. Und Verträge ausgehandelt hätte, dass man beim Fall in die 3. Liga ausziehen darf. Vermutlich hätte es den Schwarzen Freitag nicht gegeben. Zumindest aber hätte Ismaik deutlich weniger ausgleichen müssen, um die Lizenz zu bekommen. Aber zu dem Zeitpunkt war man wohl noch nicht bereit, bei einer möglichen Niederlage in der Relegation zu sparen. Zumal man sich mit dem Abstieg wohl gar nicht beschäftigt hatte.

Allianz Arena vs. Grünwalder Stadion

Mit der Verweigerung den notwendigen Mittelzufluss zu gewährleisten und damit die 3. Liga-Lizenz zu bekommen, hat Hasan Ismaik den Konsolidierungskurs notwendig gemacht. Mittlerweile ist die Konsolidierung sogar Pflicht. Sie ist vom Deutschen Fußball-Bund vorgeschrieben. Das haben wir im Artikel “Konsolidierungskurs und Sportbudget” bereits dargestellt. Ab der Saison 2023/24 muss sich ein negatives Eigenkapital jede Saison um fünf Prozent verbessern.

Eine Konsolidierung wäre im Grunde auch in der Allianz Arena möglich gewesen. Allerdings hätte man dann anderweitig die finanziellen Auflagen erfüllen müssen, eben zum Beispiel durch noch mehr Genussscheine. Einfache Darlehen sind nicht mehr möglich. In die Tasche hätte dann vor allem Hasan Ismaik greifen müssen. Sonst wären die Löwen insolvent.

Darüber hinaus steht es ihm natürlich frei, im Rahmen seiner Möglichkeiten, das Sportbudget zu erhöhen. Auch der TSV München von 1860 e.V. unterstützt im Rahmen seiner Möglichkeiten bestmöglich, indem der Verein die KGaA mit Millionenbeträge beim Nachwuchsleistungszentrum entlastet. Aber, weil sich das Eigenkapital aufgrund der Vorgaben des DFB jedes Jahr verbessern muss, darf sich die KGaA nicht weiter verschulden. Sie muss konsolidieren.

Fahnen gegen Hasan Ismaik
(c) LM

Nostalgisch ja – aber vor allem wirtschaftlich sinnvoll

Nostalgisch ist der Auszug aus der Allianz Arena und der Einzug ins Grünwalder Stadion vielleicht für den einen oder anderen Fan. Für die KGaA war er aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten notwendig. Gibt es Alternativen zum Grünwalder Stadion? Die gibt es vielleicht. Ob sie wirtschaftlich sinnvoll sind, das ist zu bezweifeln. Zumindest hat aktuell niemand eine wirtschaftliche sinnvolle und durchdachte Alternative in die Diskussion eingebracht. Aber das kann ja noch kommen.

Titelbild: imago images

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