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30.05.2017, Fussball 2.Bundesliga 2016/2017, Relegationsspiel zur 2.Liga Rückspiel, TSV 1860 München - SSV Jahn Regensburg, in der Allianz-Arena München, Pressekonferenz, Trainer Vitor Pereira (TSV 1860 München) traurig. PUBLICATIONxNOTxINxSUI 30 05 2017 Football 2 Bundesliga 2016 2017 Relegationsspiel to 2 League Return match TSV 1860 Munich SSV Jahn Regensburg in the Alliance Arena Munich Press conference team manager Vitor Pereira TSV 1860 Munich sad PUBLICATIONxNOTxINxSUI

Vor 6 Jahren steigt Sechzig sportlich ab – finanziell vermutlich schon früher

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Es war kein einfacher Tag für den damaligen Präsidenten Peter Cassalette. Sein Projekt mit Hasan Ismaik war endgültig gescheitert. Die Löwen stiegen am 30. Mai 2017 aus der 2. Bundesliga ab. Wir blicken auf die letzten Tage.

Die Ausgangslage des TSV 1860 München war bereits vor der Relegation mehr als ernüchternd. Der damalige Präsident Peter Cassalette hatte dem Gesellschafter Hasan Ismaik quasi freie Hand gelassen und der hatte die KGaA dann hoch verschuldet. Anthony Power hatte als Geschäftsführer die Lizenz für die 2. Bundesliga beantragt und die Auflagen standen fest – ohne weitere Darlehen in Höhe 23,1 Millionen Euro würde man keine Lizenz mehr bekommen. Egal ob man sportlich die Voraussetzungen erfüllt und in der Relegation besteht oder nicht.

Noch zehn Tage …

Michael Scharold, damals Finanzdirektor der TSV München von 1860 GmbH & Co KGaA, fragte am 23. Mai 2017 im Auftrag des damaligen Geschäftsführer Ian Ayre nach einer weiteren Finanzierung durch HAM International direkt bei Hasan Ismaik nach. Um die Lizenz überhaupt zu erhalten. Bis zum 2. Juni hatte man Zeit, die notwendige Finanzierung nachzuweisen. Also zehn Tage hatte man Zeit. Ansonsten drohte der Zwangsabstieg in die vierte Liga – in die Regionalliga Bayern.

Noch neun Tage …

Hasan Ismaik antwortete an Peter Casalette und Ian Ayre. Er wäre weiter bereit zu investieren, könne dies aber nur tun, wenn diverse Themen für ihn zufriedenstellend umgesetzt werden würden. Dabei stellte er zahlreiche Bedingungen, die teilweise gar nicht, teilweise – aber zumindest nicht in den darauffolgenden neun Tagen – erfüllbar waren. Denn Ismaik wollte auch eine umfangreiche Änderung der Satzung der Profifußball-KGaA. Er wollte außerdem, dass die komplette Jugend zukünftig in der KGaA geführt wird und, dass der Servicevertrag neu verhandelt wird.

Noch sieben Tage …

Casalette antwortete Ismaik zwei Tage später. Er zeigt sich offen für die angesprochenen Forderungen. Dass die gesamte Jugendabteilung auf die KGaA zu übertragen sei, wäre für ihn neu. Man kenne den Vorschlag die U17 vom Verein in die KGaA zu überführen. Diese Thematik würde auch von Ian Ayre und Michael Scharold aktuell angegangen. Im Hinblick auf die Mannschaften darunter, zeigt sich Casalette überrascht. Auch im Hinblick auf die dann wegfallenden Fördermittel. Man stünde jedoch für persönliche Gespräche gerne zur Verfügung. Im Bereich der Neuverhandlung von Servicevertrag und Kooperationsvertrag stünde man ihm “absolut offen gegenüber”. Dies müsse aber mit der DFL abgestimmt werden. Gleichzeitig macht Casalette sehr vorsichtig “erneut” darauf aufmerksam, dass bis zu einer Neuverhandlung der Servicevertrag einzuhalten sei und noch ausstehende Zahlungen zu erbringen sind. HAM International hat also in der Saison 2016/17 der KGaA eine immense Darlehensschuld auferlegt, die notwendigen Zahlungen für das NLZ an den e.V. allerdings ausgesetzt.

Ismaik antwortet prompt. Er wisse zu schätzen, das Casalette seine Bedingungen als “angemessen und akzeptabel” einschätze, er müsse allerdings dabei auch feststellen, dass Casalette zwar bei allen Themen sage, dass er bereit sei diese zu akzeptieren – “aber tatsächlich nicht ausdrücklich” sein” Einverständnis” gibt. Um die rechtzeitige Zahlung sicherzustellen, müsse der e.V. “nun schnellstmöglich handeln”. Casalette hat die Pistole auf die Brust gesetzt bekommen. Es sind nur noch sieben Tage Zeit. Ansonsten droht die vierte Liga. Egal wie es sportlich ausgeht.

Um 18 Uhr beginnt dann in der Continental-Arena in Regensburg vor 15.224 Zuschauern das Hinrundenspiel in der Relegation. Die Mannschaften trennen sich 1:1.

Noch vier Tage …

Am 29. Mai antwortet Peter Casalette dem Gesellschafter und Kreditgeber aus Abu Dhabi. Man habe in Abstimmung mit dem Geschäftsführer Ian Ayre die DFL angeschrieben und um Zustimmung zu den gewünschten Satzungsänderungen bzw. Änderungen in sonstigen Regelwerken entsprechend den Vorstellungen von Ismaik ersucht.

Es ist weiterhin völlig unklar, ob die einzelnen Forderungen von Hasan Ismaik also überhaupt zu seiner Zufriedenheit umgesetzt werden können. Und das sage und schreibe vier Tage vor der Deadline. Die Abstieg in die vierte Liga droht weiterhin.

Noch drei Tage …

Am 30. Mai 2017 sind es dann noch drei Tage und noch immer ist nicht klar, ob der TSV 1860 München überhaupt eine Lizenz für die Dritte Liga, geschweige denn die 2. Bundesliga erhält. Für die Dritte Liga fehlen 11 Millionen Euro, für die 2. Bundesliga fehlen rund 23 Millionen Euro. Ismaik stellt dabei auch klar, dass man davon absehen solle, weiter mit ihm “zu korrespondieren, sofern” man nicht “die vollständige und bedingungslose” Bestätigung” habe, “dass sämtliche Bedingungen” aus seinem Brief fristgemäß erfüllt werden.

Peter Casalette dürfte deshalb mit äußerst gemischten Gefühlen in das Rückrundenspiel der Relegation gegangen sein. Selbst bei einem Sieg der Löwen gegen Regensburg ist nicht klar, ob es überhaupt eine Lizenz für die 2. Bundesliga gibt. Und bei einer Niederlage weiß er, dass ebenfalls keine Lizenz für die 3.Liga da ist. Im Grunde ist er chancenlos. Die von Ismaik geforderten Punkte sind schlichtweg in den noch übrigen zwei Tagen nicht umsetzbar. Keine gute Voraussetzung für ein Relegationsspiel.

Die meisten Fans bekommen davon nichts mit. Sie wissen nicht, dass die Regionalliga droht, egal wie das Spiel ausgeht. Die Löwen verlieren gegen Jan Regensburg mit 0:2. Nun steigt man zumindest sportlich in die Dritte Liga ab. Die Fans sind wütend. Es kommt zu unschönen Szenen. Peter Casalette verlässt fluchtartig das Stadion. Über die Forderungen von Ismaik muss er sich keine Gedanken mehr machen. Er tritt als Präsident zurück …

Titelbild: imago images

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