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Löwenfans haben Bierbecher auf das Spielfeld geworfen, Fussball, 3. Liga, TSV 1860 München - Hallescher FC, DFB REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS AS IMAGE SEQUENCES AND/OR QUASI-VIDEO. *** Lion fans have thrown beer mugs onto the pitch Football 3 League TSV 1860 Munich Hallescher FC DFB REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS AS IMAGE SEQUENCES AND OR QUASI VIDEO xslx

Von Bierpreisen, Dauerkarten und Bodenständigkeit

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Es gibt in einschlägigen Internetportalen immer wieder Vergleiche über die teuersten Dauerkarten, das teuerste Bier, die teuerste Bratwurst. Auch das Löwenmagazin hat im September einen Beitrag mit Vergleichen in der 3. Liga dazu veröffentlicht. Doch wie schaut es eigentlich im deutschen ligaübergreifenden Vergleich aus? Ein Kommentar von Andi Gradl.

Teure Dauerkarten

Beim TSV 1860 München zahlen Vollzahler für die Stehplatzkarte 260 Euro (Sitzplätze in der Stehhalle kosten ab Reihe 6 schon 500 Euro).

Die teuerste Stehplatzdauerkarte in den ersten beiden Ligen bietet Borussia Dortmund an. Der BVB verlangt 240,00 Euro. Danach folgen Hansa Rostock (229 €), der 1.FC Magdeburg (228 €), der VfB Stuttgart (225 €) und Holstein Kiel (224 €). Im Schnitt kostet eine Dauerkarte für den Stehplatz in den ersten beiden Ligen ca. 195 Euro.

Auch interessant ist, dass man in Düsseldorf, Kaiserslautern, Wolfsburg und Hertha BSC Dauerkarten für Sitzplätze erwerben kann, die unter 260 Euro liegen.

Die Löwen können sich die teuren Dauerkarten leisten. Die Jahrestickets sind beliebt. Auch, weil das Stadion begrenzt ist. Eine Dauerkarte bekommt nicht jeder. Die Fans sind bereit, den Preis dafür zu bezahlen. Doch wäre das zum Beispiel im Olympiastadion auch so?

Bierpreis

Das teuerste Bier bekommt man in den ersten beiden Ligen in Fröttmaning und Bremen. Dort kostet der halbe Liter 5,50 Euro. Mainz und Köln liegen auf den dritten Plätzen. Danach folgen viele Vereine mit 4,60 Euro bzw. 4,50 Euro. In der zweiten Liga kostet übrigens ein Bier nirgendwo mehr als 4,50 Euro.

Und bei den Löwen? Ein Bier kostet mittlerweile 5 Euro. 2018 übrigens wehrten sich die Fans noch vehement gegen eine Erhöhung des Bierpreises. 4,50 Euro für 0,5l-Becher Bier hieß es damals plötzlich. 10 Cent teurer als beim Vorpächter oder bei den Spielen des Stadtrivalen in der Allianz-Arena. Die Fans beschwerten sich. Nach einem Gespräch mit dem TSV 1860 hatte man sich schließlich auf einen niedrigeren Preis geeinigt. Für einen halben Liter Bier zahlten die Besucher 4,30 Euro statt den geplanten 4,40 Euro. Geschäftsführer Michael Scharold verkündete damals stolz: “Uns ist es aber durch sehr konstruktive Gespräche mit dem neuen Betreiber der Gastronomie gelungen, dass der effektive Bierpreis pro 0,5 Liter im Vergleich zur Hinrunde sogar leicht gesenkt wurde.”

Und nach Corona? Steht der Preis nun bei 5 Euro und keiner beschwert sich. Zumindest nicht lautstark.

Bratwurst

Bei den Würstchen liegt der FC Bayern auch hier ganz oben: 5 €, danach folgt Köln mit 4,10 €, Leverkusen, Hamburg und Hoffenheim mit jeweils 3,90. Eine Bratwurst gibt es im Grünwalder Stadion gar nicht. Die „Giesinger Wasserwurst“ bzw. der Krainer kostet 4,50 €. Im Vergleich zur dritten Liga liegen wir in allen Kategorien ganz oben.

Bei den Trikotpreise bewegen sich die Löwen immerhin im Mittelfeld. 17 der 56 Profiklubs bieten ein teureres Trikot an.

So ein Vergleich ist natürlich nicht so einfach und es spielen mehr Faktoren eine Rolle, als nur die nackten Zahlen. Individuelle Rahmenbedingungen werden nicht berücksichtigt. Ist der öffentliche Nahverkehr mit drin? Welche Auslastung hat das Stadion? Wo befindet sich der Standort des Vereins? Hertha BSC oder Wolfsburg bekommen ihre Stadien auch dann nicht voll, wenn sie Karten verschenken. Gratis-Karten hat es ja bei den Löwen in der Allianz Arena auch gegeben.

Dennoch, die Löwen sind teuer. Sehr teuer, und das nach langer Zweitligatristesse, einem Jahr Regionalliga und nun fünf Jahren in der 3. Liga.

Hohe Preise / teures Trainingslager

Warum ist das so? Warum bieten wir teuersten Karten im deutschen Profifußball an? Warum kann das externe Catering, welches durch die Firma Stiftl betrieben wird, so teure Preise verlangen? Und wie viele Preiserhöhungen akzeptieren die Löwen? In der Pandemie kauften tausende Löwen Herz-Dauerkarten und Geisterspieltickets. Man musste sich sowohl in den vergangenen zwei Saisons, als auch dieses Jahr sehr früh für eine Dauerkarte entscheiden, um der KgaA frühzeitige Planungssicherheit zu garantieren. In den sozialen Netzwerken kursiert aktuell das Gerücht, dass zur kommenden Saison die Dauerkartenpreise erneut erhöht werden sollen. Wie weit kann man gehen?

Präsident Robert Reisinger hat vor kurzem das teure Trainingslager in Belek kritisiert. Meiner Meinung nach zu Recht. Das Trainingslager hat auf die Kosten bezogen „Champions League-Niveau“. Passt jedenfalls zum restlichen Kostenniveau. Reisinger sagt außerdem “Wir rühmen uns immer mit Fan-Nähe, verbarrikadieren uns jetzt aber in einem sündhaft teuren Hotel und schließen die Anhänger aus. Das ist nicht wie ich 1860 verstehe.” Und da muss man sich schon fragen, ob nicht ein wenig mehr Bodenständigkeit sinnvoll wäre. Wir dürfen nicht vergessen – die Löwen meckern einerseits, dass sie zu viel Miete zahlen, verlangen andererseits horrende Eintrittspreise und reisen dann gemütlich in teure Hotels statt zu sparen. Ist das nicht ein Ungleichgewicht?

Ein weiteres Zitat stammt von Prof. Klaus Josef Lutz, Vorstandsvorsitzender der BayWa AG und Premium Partner der Löwen: „Neben unserer Heimatstadt verbinden uns viele gemeinsame Werte mit den Löwen: Bodenständigkeit, Herkunft und Verbundenheit, Tradition, Erfolgsorientierung, Ehrgeiz sowie den Teamgedanken.“

Als was versteht sich 1860 denn nun? Als bodenständiger Club mit großer Tradition, mit großer Fannähe? Oder als 0815-Club, der halt auch irgendwie Erfolg haben will und auf die Bereitschaft von zahlungskräftigen Kunden hofft? Die Löwen haben momentan mit dem Städtischen Stadion an der Grünwalder Straße ein tolles Flair, für das man bereit ist zu zahlen. Da stellt sich dennoch die Frage, ob die TSV München von 1860 GmbH & Co KGaA nicht irgendwann den Bogen überspannt. Denn der Hype basiert vor allem auf dem Momentum. Viele Baustellen werden nicht angegangen. Und vieles könnte sich rächen. Auch der Aufstieg in die 2. Bundesliga ist kein Heilmittel, sondern bringt weitere große Herausforderungen. Ein wenig mehr Bodenständigkeit und Sacharbeit würde den Löwen vermutlich gut tun.


Titelbild: imago images

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