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Viele Häuptlinge, wenig Indianer

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Die Zeit ist knapp beim TSV 1860 München. Die Verhandlungen zwischen den Gesellschaftern sollen laut Günther Gorenzel laufen. Er erwartet in den nächsten Tagen eine Entscheidung. Wie diese aussehen soll, darüber kann man nur spekulieren. Kommt es zum Wumms-Paket?

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Zwei bis vier Millionen Euro sollen dem TSV 1860 München im schlimmsten Fall bis zum Jahresende fehlen. Diese Summe würde aus derzeitiger Sicht benötigt, um den aktuellen Betrieb in gleicher oder ähnlicher Weise fortzusetzen. Also auch für die Verlängerung von Verträgen und die Aufrechthaltung des Kaders. Vor einiger Zeit forderte Günther Gorenzel ein sogenanntes Wumms-Paket.

Das Wumms-Paket der Bundesrepublik

Mit Wumms will man die Bundesrepublik aus der Corona-Krise führen. Dafür hat die Regierung ein Hilfspaket verabschiedet. Man hat in diverse Maßnahmen rund 130 Milliarden Euro gepackt. Das hört sich viel an. Im Grunde wählt die Bundesregierung jedoch nur den Notausgang aus der Corona-Krise. Denn das Paket ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Und ein immenser Teil wird gar nicht für die Krisenbewältigung hergenommen, sondern für staatliche Kosten, die auch ohne Krise bestanden hätten. Alleine mit elf Milliarden versucht man eine drohende Strompreisversteuerung abzufedern. 2,5 Milliarden sollen in E-Auto-Ladesäulen gehen. Fünf Milliarden investiert man in das Handynetz und neun Milliarden für eine Wasserstoffstrategie der Bundesrepublik. Das hört sich nicht unbedingt nach Krisenbewältigung an.

Löcher stopfen oder Lösung für die Zukunft?

Wie also soll das Vorbild eines Wumms-Paketes für den TSV 1860 München aussehen? Wo wir bei einer ähnlichen Frage sind wie beim bundesweiten Wumms-Paket. Was wird tatsächlich an Maßnahmen aufgrund der Corona-Krise notwendig und welche Probleme hätte man auch ohne Pandemie bereits gehabt? Das ist eine wichtige Frage vor allem für diejenigen, die munter Geisterspieltickets kaufen und sich sicher sind, dass man eine gemeinsame unverschuldete Krise bewältigt. Man muss der Realität schon ins Auge sehen. Auch ohne Krise hätte der TSV 1860 München zum Ende der Saison ein großes Fragezeichen in der Budgetplanung gehabt. Genauso wie der 1. FC Kaiserslautern übrigens, der die Corona-Krise dankbar annimmt und die vereinfachte Insolvenzregelung während der Pandemie nutzt.

Der TSV 1860 München benötigt dringend Geld. Und das nicht nur wegen der Corona-Krise. Sondern weil die Ära unter Präsident Peter Cassalette einen enormen Schuldenberg hinterlassen hat. Seitdem werden Löcher gestopft. Mit einem Darlehen von Hauptsponsor “die Bayerische” hat man die positive Fortführungsprognose gesichert. Mit einem Darlehen von Ismaik kam 2018 weiteres Geld in die KgaA. Ausgelegt für 2 Jahre. Das Geld ist verbraucht. Private Gönner haben Aaron Berzel finanziert. Gesellschafter HAM International hat die Kosten für Owusu und Gebhart übernommen. Auch das Geld ist nicht mehr da. Hauptsponsor “die Bayerische” hat das Sponsoringpaket erhöht und dafür die Namensrechte am NLZ bekommen. Der TSV München von 1860 e.V. entlastet die KGaA durch die Kostenübernahme am Nachwuchsleistungszentrum. Teils durchaus pfiffige Ideen. Aber eben nur um Löcher zu stopfen und die TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA am Leben zu erhalten.

Rasche Kapitalerhöhung eher unwahrscheinlich

Ein Wumms-Paket benötigt der TSV. Aber eben nicht nur wegen der Corona-Krise. Aufgrund der fortschreitenden Zeit ist eine größere Lösung wohl kaum denkbar. Heißt also, dass eine rasche Kapitalerhöhung zum aktuellen Zeitpunkt so gut wie ausgeschlossen ist. Das heißt nicht, dass man im Hintergrund weiter daran arbeitet. Aber eine Kapitalerhöhung ist nun mal seit über einem Jahr im Gespräch und man kam bislang zu keinem Ergebnis.

Der TSV 1860 München wird wohl die kommende Saison versuchen, finanziell zu überbrücken. Die Eintragung von Hauptsponsor “die Bayerische” in das Grundbuch der Geschäftsstelle könnte das finanzielle Leck zumindest ein wenig stopfen. Um die stetige finanzielle Talfahrt weiter zu bremsen, wird man vermutlich auch bald Dauerkarten verkaufen. Welche weiteren Lösungen man findet, wird man in den kommenden Tagen sehen. Und es bedarf noch einiger Ideen.

Vermutlich wird man die eine oder andere Lösung gut zu verkaufen wissen. Das Grundproblem bleibt jedoch. Die TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA gesundet nicht. Man schleppt sich zumindest finanziell von Saison zu Saison. Wahrt die Chance auf einen möglichen Aufstieg. Und vor allem vermeidet man den Abstieg. Eine wirkliche Perspektive sieht man nicht.

Höchstwahrscheinlich stopft man erneut weitere Löcher und arbeitet ein weiteres Jahr an der Kapitalerhöhung. Dabei ist ein Triumvirat angedacht. Ein Bündnis von drei Personen, so wie einst Cäsar, Pompeius und Crassus es vorgemacht haben. Das Problem: Es gibt in diesem Triumvirat eben nicht nur drei klar von sich abgrenzende handelne Personen. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass im Hintergrund viele Akteure “mitschnabeln”. Auch das sogenannte Team Profifußball bringt sich wieder in Stellung. Immer wieder wird von einer Beteiligungsgesellschaft gesprochen, die im Hintergrund wartet. Diverse Münchner Unternehmer in Verbindung mit Hauptsponsor “die Bayerische”. Auch wenn viele meinen, es ginge ihnen “nur um die Sache”. Um die Herzensangelegenheit TSV 1860 München. Es geht vor allem um Geld und um die Rollenverteilung. Um den Kuchen 1860, den es gerecht zu verteilen gilt. Und da stehen dann am Ende mehr Häuptlinge als Indianer am Verhandlungstisch.

In einem Jahr wird man vielleicht sehen, wer sich als Häuptling im 1860-Triumvirat zeigt. Wenn es tatsächlich zur Kapitalerhöhung kommen sollte. Wie die Machtverhältnisse sich aufteilen und welche Rolle überhaupt noch die Mitglieder des TSV München von 1860 e.V. spielen. Im e.V. sind sie nämlich zu finden, die vielen Indianer. Die gemeinsam einen Häuptling wählen und stellen.

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