Am 16.06. wird auf der Mitgliederversammlung ein neuer Verwaltungsrat gewählt. Das Löwenmagazin hatte im April allen Kandidaten angeboten, ein Interview mit uns durchzuführen. In den kommenden Tagen stellen wir Euch die Inhalte zur Verfügung. Heute ist Nicolai WalchNicolai wurde am 25.12.1982 in Oberstdorf geboren. Er studie... Mehr an der Reihe.
Nicolai, wie bist du zu den Löwen gekommen?
Durch mein erstes Spiel 1990 in der Bayernliga gegen Plattling mit 7 Jahren. Mein Vater nahm mich mit. In Erinnerung geblieben ist mir, dass ich einen kleinen Löwen, der sich festklammern kann, geschenkt bekommen habe und dass ich vom Publikum fasziniert war.
Du kandidierst erneut für den Verwaltungsrat. Was treibt dich an weiterzumachen?
Wir sehen uns einer beispiellosen Kampagne ausgesetzt, die klar im Kontext des Kampfes der Investorenseite gegen die 50+1-Regelung zu sehen ist. Vor diesem Hintergrund möchte ich nicht, dass der Verwaltungsrat in die Hände von Leuten fällt, die im Zweifelsfall naiv das Präsidium entgegen den Interessen des e.V. bestellen und insoweit substanzlosen Versprechen, vermeintlich gerichtet auf Erfolg, auf den Leim gehen.
Hast du dich einer Liste angeschlossen oder trittst du als Einzelperson an?
Selbstveständlich als Einzelperson. Wir alle vom amtierendenVerwaltungsrat haben uns bewusst keiner Liste angeschlossen. Die Satzung sieht keine Listenwahl vor. Jeder einzelne hat natürlich Wunschvorstellungen für die künftige Besetzung. Natürlich darf man diese als Einzelperson äußern. Es gibt ja schließlich auch die Möglichkeit, einzelne (!) Wahlvorschläge zu unterbreiten. Ein Auftreten als geschlossene Liste mit einer starren Agenda ist allerdings schädlich, da ein solches zu Polarisierung führt und besser geeignete Kandidaten auf der Strecke bleiben.
Was konntet ihr bislang erreichen und wo wurden eure Ziele nicht erreicht?
Der Verwaltungsrat arbeitet dann gut, wenn er mögliche Pflichtverletzungen erkennt, sodass diese nicht zu einem Vermögenschaden oder Rechtsnachteilen des Gesamtvereins führen. Außerdem sind die Einhaltung der Schweigepflicht und die Zurückhaltung in der Öffentlichkeit zu Dingen außerhalb der Kompetenz des Verwaltungsrates sehr wichtig. Beides ist gelungen und das Ziel wurde erreicht. Operative Angelegenheiten sind nicht Aufgabe des Verwaltungsrates, sodass eine Zieldefinition insoweit schwierig ist.
Wie hast du den bisherigen Wahlkampf wahrgenommen?
Insgesamt völlig überdreht. Seitens der nunmehr auch öffentlich in Erscheinung tretenden Achse „Bündnis Zukunft 1860“/Hasan Ismaik empfinde ich den Wahlkampf als eindeutig unlauter, schändlich und im Hinblick auf die in Frage stehenden Ämter vollkommen deplatziert. Es ist davon auszugehen, dass sowohl die Kandidatur als auch der spätere, devote Schulterschluss mit Hasan IsmaikHasan Abdullah Mohamed Ismaik (arabisch: حسن عبد ال... Mehr von langer Hand geplant war und einzig den Zugriff auf das Präsidium zum Ziel hat. Wir sehen uns nunmehr mehreren teuren Marketingagenturen ausgesetzt, die den Wahlkampf nochmals massiv befeuern. Es wird mit populistischen Allgemeinplätzen wie „Sumpf“, „Machenschaften“ oder „Lügen“ gearbeitet, gipfelnd nunmehr in unerträglichen Vergleichen aus dem Bereich Putin/Ukrainekrieg. Selbstverständlich ruft eine solche Vorgehensweise vereinzelt harten Widerspruch in den sozialen Medien hervor. Sobald man aber den Wahlkampf des Bündnisses kritisiert, verweist dieses auf genau diese Beiträge und rechnet diese 1:1 dem vermeintlichen Wahlkampf des amtierenden Verwaltungsrates zu. All dies kritisiere ich auf das Schärfste.
Wenn du gewählt wirst, welche Themenbereiche möchtest du über den aufsichtsratsführenden Aufgabenbereich hinaus angehen?
Ich möchte weiterhin ehrenamtlich meine rechtliche Expertise einbringen und auch künftig originär anwaltliche Arbeit ehrenamtlich einbringen.
Im kommenden Jahr wird das Präsidium neu gewählt. Der Verwaltungsrat schlägt hierfür der Mitgliederversammlung die Kandidaten vor. Wenn du in den Verwaltungsrat gewählt wirst, welche Erwartungshaltung hättest du an die Kandidaten des Präsidiums?
Ich möchte weiterhin ein Präsidium, in dem die Mitte des Vereins vertreten ist. Vereinsarbeit kann nur dann nachhaltig sein, wenn Leute am Ruder sind, die den Verein kennen und leben. Dabei kann aber auch externer Input auf einem einzelnen Präsidiumsposten nicht schaden. Im engeren Sinne habe ich zwei Erwartungen an Präsidiumskandidaten: Erstens, dass Sie den Gesamtverein mit allen Abteilungen und ein lebhaftes Vereinsleben fördern wollen und Zweitens, dass sie vorbehaltlos hinter 50+1 und der Kurve stehen.
Welche Position sollte deiner Meinung nach der e.V. im Hinblick auf die Stadiondiskussion einnehmen?
Der e.V. sollte bei jeder möglichen Gelegenheit politisch den Wert und die Vorteile des Sechzgerstadions herausstellen. Das ist mir bislang zu kurz gekommen. Wir haben keine Kapazitätsproblematik bei einem Vergleich Sechzgerstadion und anderes Stadion. Was oft unterschlagen wird ist, dass wir gerade wegen dem Sechzgerstadion den hohen Zuschauerzuspruch haben. In einem anderen Stadion würden wir in der dritten Liga niemals einen Schnitt von 15.000 erreichen. Hinzu kommen die unmittelbar immateriellen Werte am Standort GiesingStadtteil rechts der Isar und südöstlicher Teil der bayeri... Mehr, die sich mittelbar auch sehr positiv wirtschaftlich niederschlagen. Das ursprüngliche Gesamtprojekt Komplettumbau bei Kapazität 18.000 und VIP-Bereich auf der Gegengerade und langdauerndem Aufenthalt in einem tristen Ausweichstadion während der Umbauphase sehe ich kritisch. Ich befürworte klar eine schnelle und pragmatische Lösung im Bestand, also Überdachung der Westkurve und VIP-Plätze in einer erweiterten Ostkurve. Anschließend werden wir sehen, was die Zeit bringt. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass die derzeitigen rechtliche Beschränkungen nicht in Stein gemeißelt sind.
In welcher Form sollte der e.V. zukünftig in der Gesellschafterfrage auftreten?
Wie bislang: Geschlossen und aus der Stärke heraus die Gesellschafterinteressen des e.V. vertreten und stets das Wohl der Profifußballgesellschaft im Blick haben. Dabei halte ich es für wichtig, künftig mehr nach Außen zu kommunizieren. Die Mitglieder sollen stets wissen, mit welchen Fragen der e.V. in der KGaA und auf Gesellschafterebene konfrontiert ist und warum er wie agiert. Wegen der Schweigepflicht und aufgrund der immensen Beanspruchung im Tagesgeschäft der TSV München von 1860 Geschäftsführungs- GmbH ist das aber nicht immer einfach.
Wie sollte der e.V. die Turnhallenthematik in Zukunft angehen?
Der e.V. hat ein ausgereiftes, belastbares und finanzierbares Konzept zur Turnhalle ausgearbeitet und es gibt keine belastbaren Gegenargumente zur Splittung des Erbpachtvertrages.
Es besteht eine vertragliche Verpflichtung der KGaA. Die Nichteinhaltung gefährdet laut Vertrag zwischen KGaA und Stadt das ganze Grundstück. Bei dem Vertrag handelt es sich um einen solchen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (e.V.). Da alle Bemühungen bislang nicht gefruchtet haben, sollte man diese Vertragsposition juristisch nachdrücklicher nutzen, sodass ggfs. die längst überfällige Zustimmung zur Splittung des Erbpachtvertrags unausweichlich würde.
Ist das Nachwuchsleistungszentrum beim e.V. gut aufgehoben oder sollte man hier Ideen wie z.B. die Ausgliederung als Profit Center angehen?
Allein die Bezeichnung „Profit Center“ in Zusammenhang mit der Jugendarbeit mutet schon bizarr an. Die Idee kann nur von Leuten stammen, die sich nie mit Jugendfußball beschäftigt haben. Es handelt sich um ein undurchdachtes Konstrukt, das ausschließlich unter Nutzung einer gehaltlosen Ansammlung von Schlagwörtern, unausgegoren aber großspurig, zu Wahlkampfzwecken gebraucht wird. Diesen Vorwurf mache ich konkret an der Tatsache fest, dass das Bündnis noch im „Bündnistalk“ zu diesem Thema eindeutig eine neue Kapitalgesellschaft propagierte, während kurze Zeit später im sogenannten „Matchplan“ davon die Rede war, dass es sich gerade nicht um eine eigenständige Gesellschaft handeln soll. Mithin hat das Bündnis die Grundfesten seines Plans zum NLZ klammheimlich verändert. Dies dürfte einzig der aufkommenden Kritik geschuldet gewesen sein. Einsicht ist positiv aber ein fundierter Plan existiert offensichtlich nicht.
Das NLZ ist im e.V. gut aufgehoben. Falls man gleichwohl etwas ändern will, wäre wenn dann an eine Stiftung zu denken. Dringenden Bedarf sehe ich hierfür derzeit aber nicht. Wir haben wahrlich genug andere Baustellen.
Wie erlebst du die Stimmung unter den Fans in Bezug auf die Profis?
Die Fans sind unfassbar geduldig und nachsichtig. Es ist vollkommen klar, dass die vergangene Saison frustrierend war. Allgemein verdient es höchsten Respekt, dass so viele dem TSV auch nach Jahren in der dritten Liga noch die Treue halten. Was ich aber beobachte ist, dass es sehr viele sehr gut informierte Fans gibt, anders als früher. Hierbei handelt es sich um einen Vorteil des Internetzeitalters. Aufgrund der guten Informationslage schlagen fehlende Erfolgserlebnisse nicht direkt in Wut um. Die Fans wissen die Situation gut einzuordnen und unterstützen die KGaA daher auch in bisweilen schwierigen Situationen mit Blick auf das große Ganze.
Wo stehen die Profis am Ende der kommenden Saison?
In der dritten Liga eine belastbare Prognose abzugeben ist sehr schwierig. Wie vor jeder Saison hoffe ich natürlich, dass wir unter den ersten Drei, am liebsten auf einem direkten Aufstiegsplatz, landen.