Thomas Müller fliegt zum Kicken nach Katar – ein Kommentar

Selten äußere ich mich über den FC Bayern München. Weil er mir in gewisser Weise als Sechzger am Allerwertesten vorbei geht. Aber als Mensch und Bürger fühle ich mich verarscht.

Heute habe ich erfahren, dass einer unserer Mitbürger in Otterfing positiv auf Corona getestet wurde. Thomas Müller. Er wohnt im gleichen Ort wie ich. Bislang habe ich mich aus den Diskussionen über den FC Bayern im Hinblick auf Corona oder auch Katar herausgehalten. Aber bei Thomas Müller kam bei mir zum ersten Mal die Frage auf, ob wir Menschen in Deutschland alle gleich sind. Ich sitze daheim, darf nicht ins Fitness-Studio, muss um 21 Uhr zuhause sein. Und er? Spielt Fußball in Katar.

Dass Katar nicht gerade mit Menschenfreundlichkeit und Menschenrechten gesegnet ist, ist ein anderes Thema. Zugegeben, ein wichtiges. Ein Thema, das viel zu wenig diskutiert wird. Aber es soll zumindest aktuell nicht Bestandteil meiner Gedanken sein.

Ja, ich sehe ein, dass es Sinn gemacht hat, den Profifußball weiterlaufen zu lassen. Von der Fortführung der Bundesligen und vor allem der wirtschaftlich ohnehin schwer gebeutelten Dritten Liga hängen Existenzen ab. Ausnahmeregelungen gibt es auch in anderen Sportarten. Das ist wichtig und in vielen Punkten richtig.

Ob es richtig war, den Amateursport derart einzuschränken, bezweifle ich, weil auch ihm eine wichtige Rolle zugesprochen wird, aber das soll nicht das Thema sein. Ich habe akzeptiert, dass man den Profifußball weiterlaufen lässt. Und die Klubs damit eine Chance haben, zu überleben.

Aber bei Thomas Müller? Ein sicherlich mehrfacher Millionär. Dem ich übrigens jeden Cent gönne, auch wenn ich kein Freund des FC Bayern bin. Das ist keineswegs das Thema. Aber warum darf er nach Katar fliegen, während ich nicht ins Fitness-Studio darf? Systemrelevant, da sind wir uns doch einig, ist sein Fußballspiel auf der arabischen Halbinsel schon mal nicht. Und wirtschaftlich gesehen ist es für den FC Bayern nicht mal annähernd notwendig, dass die FIFA-Klub-Weltmeisterschaft stattfindet. Der Klub aus München besteht aus lauter Millionären. Und selbst der kleinste Angestellte wird beim reichen FC Bayern nicht um seinen Job bangen müssen. Wo ist da eine Notwendigkeit, dass ein Thomas Müller in der aktuellen Zeit nach Katar fliegt?

Die ganze Posse rund um den selbstverliebten Rummenigge und den längst weltfremden Hoeneß kommen noch hinzu. Großkotzig leben sie in ihrer eigenen Welt. Und selbst während sich die gesamte Bevölkerung einschränken muss, versuchen sie vor allem eines: noch mehr Geld zu scheffeln. Das ist meines Erachtens charakterlos und abgehoben. Und mich widert es an.

Jetzt versuchen sie sogar zu erreichen, dass sie früher geimpft werden. Weil sie doch eine Vorbildfunktion haben, die Profifußballer des FCB. Nein, das habt ihr hoffentlich nicht. Mit Katar nicht. Mit einer unnötigen Club-WM nicht und auch nicht mit eurem Vorstand und seiner Art. Und auch nicht mit euren Partnern, die Menschenrechte mit den Füßen treten.

Während der Corona-Krise versuchen viele, zu überleben. Arbeitnehmer sind teilweise arbeitslos geworden. Unternehmer kämpfen um die Existenz ihrer Firmen. Es gibt zahlreiche Beispiele. Der FC Bayern München hingegen macht eine Spritztour zu seinen Scheichs an den Persischen Golf. Macht die Augen zu, wenn Menschenrechte missachtet werden und es interessiert ihn wohl auch herzlich wenig, dass in Deutschland die Menschen derweil massiv eingeschränkt sind. Das ist nicht gerecht. Und nicht in Ordnung.

Titelbild: depositphotos.com

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tsvmarc
tsvmarc(@tsvmarc)
2 Jahre zuvor

Als wenn das die einzigen Probleme wären, dass ein Thomas Müller nach Katar fliegt. Da kannste lange über Sinn oder Unsinn wegen so ner Club-WM debatieren.
Sollten uns lieber auf die elementaren Dinge konzentrieren wie zb. die Debatten im Bundestag. Da wird Scheinheiligkeit pur betrieben gepaart mit Wahlkampfeinlagen.

Sportfan
Gast
Sportfan
2 Jahre zuvor

Müller übt seinen Beruf aus und sein Arbeitgeber verpflichtete Ihn dazu. Möchte mal sehen wie sich ein Ingenieur weigert für BMW nach China zu fliegen. Die Spritztour des Nachbarn war keine Gauditour sondern ein sportlicher Wettkampf nebst Titel. Wären wir als Löwen vor der gleichen Situation unser Verein wäre zur Not zu Fuß nach Katar gepilgert um zu spielen. Die Menschenrechte in Katar werden missachtet. Ich will jetzt nicht ausholen um über die Verfehlungen von unseres größten Fan zuschreiben. Doch am Ende lebt der Löwe auch von diesem Mann und er ist in seinem ganzen wirtschaftlichen Handeln noch nie eine Heiligkeit gewesen. Ganz im Gegenteil wie zahlreiche Einträge in seinem Security File beweisen. Daher kann ich mit dem Kommentar nicht viel anfangen und finde diesen eher Scheinheilig.

lustiger_hans
Gast
lustiger_hans
2 Jahre zuvor

Ein interessanter Kommentar. Ich muss allerdings sagen: Berufsausübung war grundsätzlich während der Einschränkungen erlaubt. Warum also soll ein Packerlfahrer zum Mindestlohne schuften, ein Millionär aber nicht? Warum sollen Monteure oder Berater in ganz Europa oder sogar weltweit unterwegs sein müssen (trotz Corona!) und Millionäre nicht?

Das Problem ist, du auch ansprichst, ein anderes: Die “Megavereine” samt DFB und Konsorten biegen sich schon länger die Welt wie sie ihnen gefällt. Das war auch vor Corona schon falsch. Wenn einer erwartet, dass Gesetze (z.B. Nachtflugverbot, Steuerrecht) für IHN nicht gelten, weil er eben ER ist. Ich habe kein Problem damit, wenn jemand meint, ein Turnier in seltsamen Staaten zu spielen, man Nord Stream 2 baut oder Panzer an Katar, Saudis, etc. liefert. Muss ich nicht gut finden. Aber wir leben in einem System, das auf Gewinnmaximierung ausgelegt ist. Letztendlich ist es aber dann notwendig, dass klare Regeln auch für alle gelten. Wenn jetzt aber irgendwer Sonderregelungen bekommt, wundert mich nicht mehr, dass die Gesellschaft da immer schneller auseinanderfällt.

Gespannt bin ich auf die Einreise. Katar steht auf der Liste der Risikogebiete. Das bedeutet: 10 Tage Quarantäne für den ganze Laden (mindestens jedoch 5 plus Test). Aber da wird sich schon wieder einer finden, der feststellt, dass das für den groooooßen Verein nicht gilt, weil, naja, man will halt nicht. Aber für alle Normalbürger gilt Ausgangssperre. Und DAS regt mich auf.

juergen
juergen(@jr1860)
2 Jahre zuvor

Der FC Bäh mit Rolex-Kalle an der Spitze sind doch nur die Spitze des Eisbergs des verlogenen und geldgeilen Sportkommerzes…
Ich versteh ja das Recht auf Ausübung des Berufs (aber warum nicht auch die Wirte???) bei Einhaltung stringenter Hygienemassnahmen. Ich verstehe nur nicht, warum man sich dain Europa und der Welt überall bewegen muss, während der Otto-Normalbürger seinen Arsch fast nicht aus der Haustüre bewegen darf… In meinen Augen gehören alle internationalen Wettbewerbe abgesagt, bzw ausgesetzt. Geld verdienen sich die Profis auch mit den Wettbewerben hier daheim.
Am Perversesten finde ich die Austragung von Heim-Spielen im Ausland, nur weil unser Staat zurecht Einreisen aus Risikogebieten verbietet (das machen andere Staaten auch, siehe UK, Spanien, Norwegen und Portugal). Deshalb kann ich dann doch nicht das Schlupfloch nehmen und die Wettbewerbe in anderen Risikogebieten stattfinden lassen.
Herr Rummenigge wird es überleben, dass die Flugsicherung Brandenburg dem FC Bäääh aus Versehen nicht die gewohnte Nachspielzeit gegeben hat und er nicht als “Vorbild” bevorzugt geimpft wird. Jetzt bin ich nur gespannt, wie Herr Müller zu seinem Ponyhof zurückkommt, weil meines Wissens darf ja niemand mit positivem Coronatest in Deutschland einreisen. Aber da findet sich bestimmt für die Seitenstrassler in gewohnt vertrauensvoller Zusammenarbeit mit der Staatsregierung eine adäquate Lösung 🤒🙄

chemieloewe
chemieloewe(@chemieloewe)
2 Jahre zuvor

Echt guter Kommentar! Kann ich nur sagen, sehr klare, harte u. wahre Worte, denen ich voll zustimme. FC Bayern München heute ist eine Schande für so hervorragende, aufrechte Sportpersönlichkeiten der Roten, wie Herrn Kurt Landauer. Er würde heute wahrscheinlich diesen gründlich verdorbenen Club angewidert verlassen u. sofort austreten!!! Bei dem FC Bäh wird einem einfach nur speiübel.
Arik, wie kann es denn überhaupt sein, dass Thomas Müller, wenn er positiv auf Corona getestet wurde, mit dem FCB nach Katar fliegen darf??? Muss er nicht zwingend in Quarantäne??? Oder lebt in Otterfing noch ein Namensvetter Thomas Müller? Ach so, nee, gerade gelesen, er wurde erst in Katar positiv auf Corona getestet.
Einfach bodenlos unverschämt u. rücksichtslos, was in diesem Club so getrieben wird.
FC Bäh, geht garnicht. Bloß gut, dass wir aus der ArroganzArena in Fröttmaning raus sind.

Snoopy.
Snoopy.(@snoopy)
2 Jahre zuvor

Man kann den Kommentar verstehen. Keine Frage. Nur ist halt ein Thomas Müller auch nur ein Angestellter seines Arbeitgebers. Und wenn sein Beruf es erforderlich macht, nach Katar zu fliegen, weil die Scheichs das Endspiel Club-WM zu sich gekauft haben, kann auch der einzelne Angestellte nichts dafür.

Was sich allerdings die hohen Herren bei diesem Arbeitgeber raus nehmen, gerade besagter Rummenigge, steht auf einem anderen Blatt. Da wird von einem “Skandal” gesprochen, weil man nicht rechtzeitig den Arsch in die Luft bekommt, da wird von einer “Impfung” der Spieler gesprochen, weil man sonst nicht reisen darf, so wie der FC Liverpool nach Leipzig. Für mich hat das nichts mit Vorbild zu tun, sondern eher für den eigenen nutzen, gerade wenn man jetzt drei Spieler mit diesem Virus im Kader hat. Aber für die Verbände, die solche “Events” ausrichten, sind die Spieler nur der Mittel zum Zweck und am Ende steht das Geld.

Allerdings kann man das alles nicht nur auf den Fußball beschränken. In Oberstdorf soll eine Nordische Ski-WM stattfinden. Einige sind dafür, andere sind dagegen. Ich persönlich, weil es mich eben auch betreffen könnte, bin dagegen, dass man diese Veranstaltung zulässt. Wenn die Zahlen, die im Allgäu zur Zeit nicht gerade hoch sind, wegen dieser Veranstaltung in die Höhe gehen, haben die Einwohner die Arschloch-Karte gezogen, nur weil Verbände “ihr Ding” durchziehen wollen oder müssen. Und mit auch noch der Tourismus, der hofft, im Sommer den ausgefallenen Winter halbwegs zu kompensieren.

Man kann – oder muss sogar – froh sein, dass es wenigstens zum Teil den Sport noch gibt, auch ohne Zuschauer. Das wäre seit Monaten sehr trübe, wenn es keinen Fußball oder anderen Sport geben würde. Allerdings bleibt die Frage, ob man wirklich solche Großveranstaltungen durchziehen muss, bei denen sämtliche Sportler aus verschiedensten Ländern komprimiert an einem Ort sind. Oder derart viel Reisen müssen, dass sie gar nicht mehr wissen in welcher Zeitzone sie sind.

Wir kämpfen alle mit dieser Pandemie und den immer neueren Vorgaben der Politik, die eigentlich nur noch “Lockdown” kennt und mehr oder weniger willkürlich ihre Inzidenz-Zahlen “anpassen”. Dem einen oder anderen macht das nichts aus, da gibt es weder Kurzarbeit noch Existenzängste, muss nicht zweimal überlegen, wie er seine Rechnungen bezahlt. Politiker sind da mit eingeschlossen. Der Sport an sich bringt schon Abwechslung in den Alltag, wenn auch nur passiv. Aber manche Dinge muss man einfach in Frage stellen, ob das auch wirklich notwendig ist, wie z.B. eine EM oder die Olympischen Spiele während Otto-Normal nicht mal Klamotten einkaufen gehen kann.

a-schlegel
a-schlegel(@a-schlegel)
2 Jahre zuvor

Diese Diskussion könnte man noch viel, viel weiter ziehen und wird man wohl jetzt auch ziehen. Spätestens dann, wenn die ganze Tragweite der Folgen der Pandemie sichtbar wird. Uns ist doch schon lange der moralische Kompass verloren gegangen und wenn da nicht bald mal ganz grundsätzlich die soziale Ungleichheit, die übrigens gerade in dieser Zeit weiter zunimmt, fundamental diskutiert wird, dann überrollt uns das Ganze. Dagegen wird der Sturm auf das Washingtoner Capitol noch der reinste Kinderfasching dagegen sein.

Ach ja, und übrigens: angesichts der massiven sozialen Schieflage gönne ich den Fußball-Millionären ihre komplett aus jeglicher Relation gefallenen Fantasiegehälter nicht die Bohne. Deine Aussage diesbezüglich, lieber Arik, kann ich schwer nachvollziehen. Denn spätestens bei der widerlichen Diskussion wie viele weitere Millionen für eine Unterschrift des Herrn Alaba angemessen sein sollten, hat doch gezeigt, wie abgehoben und dekadent inzwischen die Seitenstraßler sind und mit ihm der ganze Spitzenfußball. Aber sie sind bei weitem nicht die Einzigen. Und soweit ich mich recht erinnere, ist Katar doch sowieso die zweite Heimat der Roten. Die sehen doch eh nur die Menschenrechte verletzt, wenn ihr Milliardärskumpel aus Hoffenheim beleidigt wird.

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