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Stimmungsbarometer Mitgliederversammlung

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Seit Wochen rufen die Mitglieder aller Lager – schade, dass man das erwähnen muss – auf, zur Mitgliederversammlung zu erscheinen und ihr Wahlrecht zu nutzen. Die Spaltung der Fans auf Pro-Ismaik oder Pro-e.V. wurde seit dem “schwarzen Freitag” immer deutlicher und der Umgang miteinander immer rauer. So war es auch zu erwarten, dass diese Mitgliederversammlung wahrlich nicht langweilig und die Stimmung aufgeheizt sein wird.

Mitgliederversammlung TSV 1860 München Eingang
Langes Warten vor dem Zenith

Während noch in der Warteschlange vorm Zenith oder bei der Anmeldung alles ruhig und geordnet läuft, werden bei der Eröffnung der Versammlung von Robert Reisinger erste Buhrufe laut, als die Namen Anthony Power und Yahya Ismaik fielen. Noch vereinzelt, aber laut genug.

Die nächsten Tagesordnungspunkte werden schnell und in Ruhe abgearbeitet. Auch die Berichte vom Präsidium, vom Schatzmeister und dem Verwaltungsrat oder der Abteilungsleiter konnten ohne Zwischenfälle vorgetragen werden.

Anschließend kam der Punkt 9: “Aussprache zu den Berichten”. Dieser Teil dient eigentlich dazu, dass Fragen zu den Berichten oder den Verantwortlichen gestellt werden, doch fast alle Redner nutzten die Gelegenheit, ihre eigene Meinung kundzutun – ob man sie hören wollte oder nicht. Gleich beim ersten Redner kippte die Stimmung im Saal. Denn er bedankte sich bei den Vereinsverantwortlichen und allen, die sich am “schwarzen Freitag” nicht vom Acker gemacht haben, was schon bei einigen lautes Raunen hervorruft. Als er jedoch auch die “Internettrolle” kritisiert, die nach seiner Meinung zu jedem Sachverhalt unqualifiziert ihre Meinung im Netz schreiben und die Fans manipulieren, stehen dutzende Mitglieder auf, drehen sich zur Presseecke und schimpften und gestikulierten laut und wütend in Richtung Oliver Griss von dieBlaue24 (das nicht das einzige Mal an diesem Tag war). Die Stimmung wirkt aggressiv. Robert Reisinger musste hier schon eingreifen und beruhigen, wofür er von anderer Seite Buhrufe erntete.

Auch bei nächsten Rednern, die den Auszug aus der Arena oder den Umgang des e.V. mit dem Gesellschafter Hasan Ismaik kritisierten, sind Applaus und Buhrufe vermischt. Kein Redner kann mehr seine Rede – denn Fragen waren wenige dabei – zu Ende bringen. Fans sind genervt und gereizt, sie fordern Fragen und so muss immer wieder der Versammlungsleiter Daniel Bauer das Wort entziehen oder ermahnen. Es war noch nie so deutlich wie heute, wie gespalten die Löwen sind.

Bis Daniel Bierofka die Bühne betritt.

Daniel Bierofka
Daniel Bierofka bei der Mitgliederversammlung

Vor dem Bericht der KGaA von Markus Fauser darf sich Daniel Bierofka an die Fans wenden, auch wenn er das nicht erwartet hatte. Unvorbereitet und ohne Zettel stellt er sich an das Rednerpult und spricht 5 Minuten zu den Mitgliedern. Er bedankt sich für die Unterstützung, spricht von der Identifikation zum Verein und fordert alle zum Zusammenhalt auf. Der Saal kocht, alle stehen auf, klatschen und jubeln. Standing Ovations für den Mann, der derzeit den TSV 1860 am stärksten verkörpert und hier gibt es keine zwei Meinungen. Hier sind sich alle Löwen einig.

Geschäftsfüher TSV 1860 Fauser
Markus Fauser berichtet über die KGaA

Auch Markus Fauser, der ausführliche Informationen über den Zustand der KGaA geliefert hat und den weiteren Weg dergleichen aufzeigte, scheint großen Respekt und Wertschätzung bei den Mitgliedern zu genießen. Er wirkt beruhigend und kompetent. Was er sagt hat Hand und Fuß und die Mitglieder scheinen zu verstehen, warum gewisse Entscheidungen so getroffen worden sind und wie die Pläne der KGaA für die Zukunft aussehen. Herr Fauser – eine weitere Person, die die Löwen eher eint als entzweit.

Robert Reisinger bei der MVNicht so bei Robert Reisinger, der an dem Tag bereits ein paar Buhrufe erntete. Nach seiner zwölfminütigen Rede, die souverän und energisch war, standen viele Mitglieder auf, applaudierten, jubelten und rissen – wie im Stadion – die Hände in die Höhe und skandieren “Sechzig! Sechzig!”. Dennoch war der Ausgang der Wahl nicht einschätzbar, da auch während seiner Rede negative Kommentare und Lacher aus der Menge von den ARGE-Anhängern und einiger anderen älteren und allseits bekannten Fans zu hören waren. Als jedoch die Wahl positiv für ihn ausging, war der Jubel noch lauter.

Spannung gab es wieder bei der Vorstellung der Kandidaten für den Verwaltungsrat. Der Einzige, an den viele Fragen gestellt wurden und der auch wieder ausgebuht wurde, ist Yahya Ismaik. Auffallend war aber auch seine Körpersprache. Während alle anderen Kandidaten ziemlich entspannt auf der Bühne standen, verschränkte Yahya Ismaik (und sein Übersetzer gleich mit) die Arme vor der Brust. Eine Haltung, die ablehnend und verschlossen wirkt, insbesondere in der Kombination mit seiner fehlenden Wahlbewerbung – kein Bild, keine Beschreibung oder Ziele.
Verständlich, dass einige Mitglieder Fragen an ihn stellen, um zu verstehen, was er bewirken will und wofür er steht. Dies jedoch sorgte für großen Unmut bei den ARGE-Mitgliedern, die eine Manipulation an der Stelle unterstellten. Bei jeder Frage wurde protestiert. Nun merkt man den Frust der ARGE-Mitgliedern an, aber langsam auch eine Art Resignation.

Der Ausgang dieser Wahl ist bekannt. Nur Herr Stimoniaris, der von der ARGE unterstützt wurde, hat den Weg in den Verwaltungsrat gefunden.

Es ist schon spät und 18 Uhr vorbei. Die Anträge sind an der Reihe und der Saal leert sich. Mehr als die Hälfte der Mitglieder ist nach Hause gegangen, auch die Busse mit ARGE-Mitgliedern sind fort. Es ist, als hätten sie aufgegeben, dabei kommt noch der brisanteste Antrag des Tages – die Aufkündigung des Kooperationsvertrags zwischen dem TSV 1860 e.V. und der HAM international, gestellt von Ulla Hoppen. Oder auch die Anforderung an das Präsidium, sich stärker für die 50+1-Regelung einzusetzen, gestellt von Erik Petersen.

Beide Anträge sind durchgegangen, mit einer überwältigenden Mehrheit der im Saal gebliebenen Mitgliedern.

Was dieser Ausgang wirklich bedeutet wird sich zeigen. Was jedoch heute so sichtbar geworden ist, ist die Spaltung der Fans. Diese Entwicklung war schon länger in Social Medias zu beobachten. Es erinnert an die Zeit kurz vor dem Einstieg des Investors Hasan Ismaik, als sich ebenso zwei Lager gebildet hatten. Als die Pro1860 mit aller Macht den Einstieg verhindern wollte, jedoch auf taube Ohren gestoßen ist. Damals waren sie diejenigen, die sich resigniert zurückgezogen haben – heute ist es die ARGE.
Bleibt zu Hoffen, dass die Fans wieder zueinander finden und sich darauf besinnen, warum sie Sechziger geworden sind.

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