Du betrachtest gerade Stadionanforderung der DFL – ein Alternativvorschlag ohne Verliererimago imagesc
Bildnummer: 11480787 Datum: 26.07.2012 Copyright: imago/Imagebroker Umbauarbeiten am Grünwalder Stadion, München, Deutschland, des TSV 1860 München iblabc02330337; Fussball Ger München 2013 Sportstätte xdp x2x 2012 quer Bau Baugerät Baugeräte Baugerät Baugeräte Bauindustrie Baumaterial Baustelle Baustellen Bauwesen o0 Stadionumbau Umbau o0 Sportstätte Stadion Totale Stadionbau Bau Bauarbeiten Tribüne Bauarbeiten an der Strasse Image number 11480787 date 26 07 2012 Copyright imago Imagebroker Reconstruction work at Grünwalder Stadium Munich Germany the TSV 1860 Munich Football ger Munich 2013 venues x2x 2012 horizontal Construction Construction equipment Construction equipment Construction equipment Construction equipment Construction industry Building materials bulding site Construction sites Construction o0 Stadium construction Reconstruction o0 venues Stadium long shot Stadium Construction Construction work Grandstand Construction work to the Road

Stadionanforderung der DFL – ein Alternativvorschlag ohne Verlierer

  • Beitrags-Kommentare:13 Kommentare
  • Lesedauer:9 min Lesezeit

Es ist ein gängiges Thema: Der 1860 München braucht ein (mindestens) zweitligataugliches Stadion. Was aber steckt hinter diesem Begriff der Tauglichkeit? Und welchen Sinn haben die aktuellen Regeln? Ein Kommentar.

Eins vorneweg: dies ist kein Beitrag über die Wirtschaftlichkeit des Grünwalder Stadions. Wie man mittelfristig die Vermarktungserlöse steigern kann, ist eine separate Diskussion. Hier soll es ganz konkret um die Zweitligatauglichkeit gehen.

Die Ausgangslage ist simpel. Wenn 1860 München sportlich in die 2. Bundesliga aufsteigt, haben wir kein zweitligataugliches Stadion. Weder das Grünwalder noch das Olympiastadion genügt den Statuten und man muss dringlich eine Alternative finden. So sind die Fakten und darüber herrscht im Prinzip lagerübergreifend Konsens.

Die Fragen, die weder gestellt, noch medial diskutiert werden, sind diese: Warum kann man im Grünwalder Stadion keine 2. Bundesliga spielen? Welche Regeln besagen, dass das nicht geht? Und welchen Zweck erfüllen diese Regeln?

(c) imago Imagebroker

Wildmoser hatte Recht: Wir sind wie der FCB – nur halt wie der FC Barcelona: die sind auch hochverschuldet, quasi pleite und hätten gleichfalls kein zweitligataugliches Stadion in der DFL

https://media.dfl.de/sites/2/2022/06/Anhang-VI-zur-LO-2022-05-31-Stand.pdf

Artikel 8 des Anhang VI Regelwerk für Stadien und Sicherheit legt klar fest:

Sämtliche Tribünenbereiche müssen einschließlich des Hauptumlaufbereichs gedeckt sein.

Das heißt nichts anderes, als dass das ganze Stadion überdacht gehört. Die UEFA erlaubt das Nou Camp für die Champions League (selbst mal für ein Finale!) und die DFL würde das Stadion als nicht zweitligatauglich abstempeln. Es gäbe für ein Jahr vielleicht eine Sondergenehmigung, aber danach müsste eine Alternative her.

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: das Problem, das wir mit unserem Stadion haben, ließe sich durch ein Champions-League-taugliches Stadion nicht lösen.

Immenser (vereins)politischer Druck – ob Nebelkerze oder Scheindiskussion, kein Monat vergeht, wo nicht auf die Dringlichkeit der Stadionfrage hingewiesen wird

In der Konsequenz bedeutet das für uns, dass wir, neben all unseren finanziellen, sportlichen und lagerbedingten Problemen, auch diese harte Nuss zu knacken haben. Auch, wenn der Aufstieg sportlich noch nicht gelungen ist, hängt diese Frage wie ein Damoklesschwert über dem Verein – jedes Präsidium muss sich daran messen lassen – es herrscht medialer Dauerdruck – wir sind enorm unter Zugzwang – und wer die Nuss nicht knackt, verbaut dem Verein vermeintlich die Zukunft: ein gefundenes Fressen für alle jene, denen die aktuelle Vereinsführung ohnehin ein Dorn im Auge ist. Man braucht keine sinnige, machbare, durchdachte Alternative bieten, man kann einfach ganz entspannt „Die Vereinsführung hat versagt!“ rufen und kann sich der medialen Berichterstattung sicher sein.

Ein Blick auf andere Vereine: Verl, Havelse, Kiel, Bayreuth, Oldenburg

Die Stadionverordnung setzt auch anderen Vereinen zu. Mal ist es die Kapazität, mal das Flutlicht, im Nächsten Fall die Rasenheizung und dann halt wieder die Überdachung. Kleine Vereine, die in die 3. Liga aufsteigen, müssen irrsinnige Anstrengungen unternehmen, um Flutlicht, Rasenheizung oder Kapazität auf Biegen und Brechen zu verbessern.

Wir können die Regeln als gottgegeben ansehen, sie blind umsetzen – und in der Umsetzung grandios scheitern. Oder aber wir können die Regeln einfach mal mit gesundem Menschenverstand hinterfragen.

  • Kapazität: der TSV Havelse braucht kein Stadion für 5.000 Zuschauer und wenn der Verein mit seiner 3.500-Kapazität erfolgreichen Fußball spielt, dürfen sie damit auch in die 1. Bundesliga aufsteigen. Wenn sie sehr weit oben spielen, werden sie selbst darauf kommen, dass ein Ausbau vielleicht lukrativ sein könnte. Warum soll man ihnen hier eine Mindestgrenze vorschreiben?
  • Flutlicht und Rasenheizung: die Punkte haben ihre Berechtigung, aber ist es den Vereinen zumutbar, immense Kosten zu tragen – um im Gegenzug vollste Flexibilität bei Anstoßzeit und Wetter zu haben? Könnte man nicht sagen, Oldenburg spielt seine Freitagsspiele halt auswärts und wenn’s in Verl schneit, dann wird halt das ein oder andere Spiel mal verschoben?
  • Überdachung: wenn es regnet wird man nass; will man nicht nass werden, wählt man passende Kleidung. Es obliegt nicht der DFL, den Vereinen vorzuschreiben, welchen Komfort sie den Fans bieten müssen. Wenn die Löwenfans irgendwann die Schnauze voll vom Regen haben, werden sie schon Druck auf den Verein ausüben. Wenn keiner mehr kommt, wird der Verein Lösungen suchen – oder mit den Konsequenzen leben müssen.

Sicherheit geht vor – niemals soll das Sechzger-Stadion in einem Atemzug mit Heysel oder Hillsborough genannt werden. Was hierfür nötig ist, gehört umgesetzt

Aber, dass die DFL Statuten aufsetzt und mit immensem Zeitdruck von Vereinen die Umsetzung einfordert, ist eine Zumutung, die nicht zu rechtfertigen ist. Es gibt kein unverrückbares Allgemeininteresse daran, dass ein Stadion eine gewisse Kapazität benötigt; dass ein Flutlicht, das für die eine Liga reicht, für die höhere viel zu wenig ist; wenn es zu viel schneit und eisig ist, fällt halt auch mal ein Spiel aus. Und, wenn Löwenfans in der Westkurve nass werden, dann ist das kein Grund das gesamte Stadion als untauglich abzustempeln.

Kurzfristige Anpassungen und entsprechende Investitionen einzufordern, grenzt an Schikane. Kleinen Vereinen riesige Kosten aufzudrücken, weil sie mal ein Jahr höherklassig spielen – oder dem hochverschuldeten TSV jetzt eine immense Stadionrenovierung abzuverlangen, bringt niemandem einen Vorteil. Alle reden von Nachhaltigkeit und langfristigem Planen, aber so wird den Vereinen was abverlangt, was sie nicht stemmen können.

Um willkürliche Statuten zu befriedigen, wird von einem hochverschuldeten Verein erwartet, dass er eine neue Stadionalternative liefert – und hängt dabei in wahrlich wirtschaftlich herausfordernden Zeiten davon ab, dass die Stadt einfach mal zig Millionen locker macht: damit irgendwelche willkürlichen Statuten erfüllt werden.

Nachhaltigkeit

Wir leben in einer Zeit, wo Klimaschutzmaßnahmen, Energiewenden und CO2-Einsparungen unerlässlich diskutiert werden. Ist es wirklich sinnvoll, einem existierenden, bereits vorhandenem Stadion die Zweitligatauglichkeit abzusprechen, weil irgendwelche Regeln irgendwas vorschreiben?

Ich sage nicht, dass 1860 München aus ökologischen Gründen niemals ein neues Stadion bauen darf. Ich gehe davon aus, dass viele diesen Punkt aus dem Zusammenhang reißen werden, aber das Argument ist ein anderes: in München-Giesing steht ein Stadion, in dem nachweislich-offensichtlich Profifußball stattfinden kann. Sind die DFL-Statuten dafür da, hier einen Neubau oder einen umfassenden Umbau nötig zu machen: wofür? Wem dienen die Statuten?

Die Frage der Transparenz und Zuständigkeit

Ich habe die entsprechenden Regularien gelesen, aber ich muss gestehen, dass ich das Zustandekommen und die Verfahrensregeln nicht kenne. Es wäre jedoch wünschenswert, zu wissen, wer hier die finale Entscheidungen trifft. Es muss in Deutschland eine Handvoll Leute geben, die in irgendeinem Gremium diese Regeln aufsetzen – und wäre es nicht fein, wenn sich diese Personen auch der Öffentlichkeit stellen würden? Vielleicht übersehe ich ja triftige Gründe, die all meine Argumente zerschlagen. Aber eine öffentliche Diskussion darüber, welchen Zweck die Regeln haben und wem sie dienen, wäre ganz gewiss nicht verkehrt.

Ein Alternativvorschlag ohne Verlierer

Was spräche dagegen, für alle Regeln, die nicht Sicherheit und Inklusion (Stichwort: Rollstuhlplätze!) betreffen, eine 10-Jahres-Frist einzuführen? Man könnte bei sukzessive steigenden Strafzahlungen einen Anreiz setzen, die Regeln zeitnah umzusetzen, aber es wird nicht dieser gewaltige Druck aufgebaut. Der TSV Havelse könnte sein einjähriges Drittligajahr entspannt vor heimischem Publikum austragen; der SC Verl hätte in Ruhe ein Konzept entwickeln können, das ihren Vorstellungen entspricht – und 1860 München könnte aufsteigen und mit Blick auf die finanziellen Rahmenbedingungen an einem langfristigen Plan arbeiten.

Titelbild: imago images

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
13 Kommentare
Neueste
Älteste Meist bewertet
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen