Du betrachtest gerade Rechtsfrage beim TSV 1860 – muss das Präsidium die Mitgliederlisten herausgeben?

Rechtsfrage beim TSV 1860 – muss das Präsidium die Mitgliederlisten herausgeben?

  • Beitrags-Kommentare:170 Kommentare
  • Lesedauer:4 min Lesezeit

Dr. Thomas Schummer möchte ein Rundschreiben an die Mitglieder des TSV München von 1860 schreiben. Doch der Verein verwehrt ihm diese Möglichkeit.

Uns haben Leser gefragt, ob dies überhaupt möglich ist. Bei Hannover 96 hatte die aktive Fanszene mit Hilfe eines richterlichen Beschlusses die Herausgabe der Daten erreicht, so die Kritik. Drei Vereinsmitglieder der Interessengemeinschaft Pro Verein 1896 wollten sämtliche Mitglieder umfassend über die Pläne der Aufsichtsratskandidaten informieren. Sie bekamen vor Gericht Recht. Wie ist der Fall beim TSV München von 1860?

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die Prüfung, ob ein solches berechtigtes Interesse vorliegt, jeweils anhand des konkreten Einzelfalls zu prüfen. Die Rechtsprechung hat hierzu verschiedene Fallgruppen gebildet, an denen man sich orientieren kann*:

Fall 1: Einberufung einer (außerordentlichen) Mitgliederversammlung / Minderheitenbegehren

Eine Minderheit im Verein kann das Einberufen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung verlangen. Hierfür reicht nach § 37 Abs. 1 BGB der „zehnte Teil“ der Mitglieder aus. Also 10 % der Mitglieder, sofern ihre Satzung keine andere Mehrheit vorsieht. Damit die Mitglieder, die die Versammlung erzwingen wollen, Unterschriften sammeln können, brauchen sie die Liste. Sie haben ein „berechtigtes Interesse“ daran.

Fall 2: Anträge für die Mitgliederversammlung

Grundsätzlich kann jedes Mitglied Anträge zur Mitgliederversammlung stellen. Manche Satzungen sehen vor, dass Unterstützung von Anträgen durch eine bestimmte Mehrheit (beispielsweise zehn Prozent der Mitglieder) nötig ist. In diesem Fall liegt in der Regel ein berechtigtes Interesse an der Herausgabe der Mitgliederliste vor.

Fall 3: Beschlussanfechtung

Beschlüsse der Mitgliederversammlung können angefochten werden, dies entweder vereinsintern oder durch eine Feststellungsklage. Auch wenn die Satzung keine Vorgaben zu der Beschlussanfechtung enthält, besteht dennoch ein berechtigtes Interesse, wenn ein Mitglied Unterstützer für ein Anfechtungsverfahren suchen möchte.

Fall 4: Informationsverschaffung der anderen Mitglieder

Auch wenn ein Mitglied die anderen Mitglieder über das seiner Ansicht nach satzungswidrige Verhalten des Vorstands informieren und hier eine informelle Versammlung einberufen möchte, liegt ein berechtigtes Interesse vor (OLG München, Urteil vom 24.03.2016, Az. 23 U 3886/15), sodass ein Anspruch auf Herausgabe der Mitgliederliste besteht.

Fall 5: Wahlwerbung

In manchen Vereinen sind die Vorstandspositionen so begehrt, dass sich mehrere Mitglieder um die Ämter bewerben. Wenn hier keine andere Möglichkeit zur Selbstdarstellung besteht, können sich die Bewerber auch bei den Mitgliedern durch eine Werbebotschaft vorstellen und so um Unterstützung werben. Sie sehen, manchmal schlagen die „berechtigten Interessen“ mögliche Datenschutzinteressen.

Der Rundbrief von Herrn Schummer ist zweifelsohne keinem dieser Fälle zuzuordnen. Es ist also völlig korrekt, dass der Verein dieser Bitte nicht nachkommt.

* Quelle: Bayerischer Landessportverband

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
170 Kommentare
Neueste
Älteste Meist bewertet
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen