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Nachwuchsarbeit der Löwen – Geschäftsführer Pfeifer stiehlt sich aus der Verantwortung

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Marc-Nicolai Pfeifer, Geschäftsführer der Profifußball KGaA des TSV 1860 München, hat eine „Information der KGaA zum Servicevertrag“ veröffentlichen lassen. Wir gehen auf einzelne Punkte dieser Veröffentlichung ein.

Warum der Geschäftsführer der Profifußball KGaA ausgerechnet am Weihnachtsfeiertag seine Stellungnahme im Hinblick auf den Servicevertrag veröffentlicht hat, ist eines von vielen Rätseln. Kaum einer findet diesen Zeitpunkt angemessen, manch einer finden ihn gar respektlos. Aber auch inhaltlich gibt es einige Fragen hierzu. Der Verdacht: Pfeifer stiehlt sich aus der Verantwortung und versucht sich nun in ein besseres Licht zu rücken. Doch das funktioniert nicht.

Das Löwenmagazin hat sich mit den Aussagen beschäftigt und dabei auch beim TSV München von 1860 e.V. nachgefragt.

Vorwurf der Einseitigkeit in der Berichterstattung

„In den vergangenen Tagen und Wochen wurde einseitig über das Thema Servicevertrag berichtet….“

Bereits der erste Satz ist nicht richtig. Es gab sowohl Stellungnahmen der Fußballabteilung als auch der Profifußball KGaA. Auch die daraus resultierenden Presseartikel haben einen unterschiedlichen Tenor. Von Einseitigkeit kann demzufolge nicht die Rede sein. Die Profifußball KGaA sollte sich nicht als Opfer einer falschen Berichterstattung darstellen, denn das wird der Sache nicht gerecht.

Würdigung des finanziellen Aufwandes der KGaA

„Im Rahmen einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit sollte proaktiv und in Gesprächen eine Lösung gefunden werden, die unabhängig von der Ligazugehörigkeit den finanziellen Aufwand der Fußballabteilung im Rahmen der Möglichkeiten und angemessener Verhältnismäßigkeiten würdigt.“

Das ist grob irreführend. Es klingt so, als würde die KGaA der Fußballabteilung Ausgleichszahlungen leisten. Das ist nicht der Fall. Die Fußballabteilung erhält von der KGaA keinen Cent. Im Gegenteil, die Fußballabteilung hat seit 2017 die KGaA hinsichtlich zahlreicher Personalkosten entlastet und deren Schulden in Höhe von 840 000 Euro seit Jahren gestundet. Sie verlangt dafür auch keine Zinsen. Die Abteilung des e.V. alimentiert praktisch die KGaA.

Es geht im Servicevertrag darum, dass die Fußballabteilung und die KGaA sich angemessen an der Finanzierung des Nachwuchsleistungszentrum beteiligen. Das ist leider bei der KGaA laut dem e.V. zunehmend nicht mehr der Fall. Die KGaA hat ihre Zahlungen an die KGaA-Mannschaften U 19 (Junioren-Bundesliga) und U 21 (Bayernliga), trotz erheblicher Kostensteigerungen in diesem Bereich seit Jahren bei 500 000 Euro eingefroren. Mit der Folge, dass die Hälfte der U 21 – Spieler nicht mal einen Vertrag bekommen kann, während die Fußballabteilung konstant ihre Verpflichtungen für das Nachwuchsleistungszentrum erfüllt und noch Aufgaben der KGaA mitträgt, damit das Nachwuchsleistungszentrum sein Niveau erhalten und ausbauen kann.

Angebot der KGaA zu einem neuen Servicevertrag

„Die Zahlung sollte in einem vergleichbaren Durchschnitt der vergangenen Jahre liegen.“

Hier wird wieder so getan, als hätte die KGaA dem e.V. in den vergangenen Jahren Geld gegeben und würde es weiterhin tun. Das ist eine üble Verdrehung der Tatsachen. Die KGaA gibt der Fußballabteilung keinen Cent. Die Abteilung braucht auch keinen Cent von der KGaA. Es geht bei den Verhandlungen rund um den Servicevertrag um die finanzielle Unterstützung für das Nachwuchsleistungszentrum, falls die DFB-Fördergelder im Aufstiegsfall statt an den e.V. an die KGaA gehen sollten.

„unabhängig von der Ligazugehörigkeit“

Solange die Profimannschaft in der Dritten Liga spielt, bekommt die Fußballabteilung Fördermittel vom DFB für die Einsatzminuten von Juniorenspielern in der Profimannschaft. Die vom DFB ausgeschütteten Fördermittel an den e.V. betrugen in den letzten 3 Jahren im Durchschnitt 450 000 Euro. Die FA verwendet diese Beträge bis auf den letzten Cent ausschließlich für das NLZ, das ist auch so vorgesehen.

Sollten die Profis in der 2. Liga spielen, würden die entsprechende Fördermittel dann an die KGaA ausgezahlt. Im Falle eines Aufstiegs hat der Geschäftsführer der KGaA der Fußballabteilung angeboten, dann nur noch 275 000 Euro aus diesen Fördermitteln in das Nachwuchsleistungszentrum zu stecken, also weit weniger als die jährlichen 450 000 Euro, die bisher über die Fußballabteilung dort landen.

Man kann durchaus annehmen, dass die Profifußball KGaA sich bezüglich des Nachwuchsleistungszentrum in der 2. Liga aus der Verantwortung stehlen will.

Vorstellung der Abteilungsleitung im Hinblick auf den Servicevertrag

„Leider wichen die Vorstellungen der Abteilungsleitung Fußball im e.V. von diesem Angebot deutlich ab.“

Das ist verständlich, denn das Angebot der KGaA verschlechtert laut Einschätzung der Fußballabteilung die Finanzierung des Nachwuchsleistungszentrums erheblich.

Vorlage der abweichenden Vorstellung beim Aufsichtsrat

„ Ob die Geschäftsführung der KGaA diese Vorstellungen (der FA) nun dem Aufsichtsrat vorlegen soll, ist bis heute unbeantwortet.“

Ob oder ob nicht, liegt doch ganz alleine im Ermessen des Geschäftsführers selbst, die Fußballabteilung kann ihm dazu keinen Auftrag erteilen.

Zu den Vorstellungen der Fußballabteilung und zum Verhandlungsablauf:

Wie schon auf der Mitgliederversammlung der Fußballabteilung ausgeführt, hat die FA einen 9-Punkte-Vorschlag zu einer fairen, kooperativen und nachhaltig zukunftsfähigen Finanzierung des NLZ vorgelegt, den sie gerne mit dem Geschäftsführer der KGaA besprochen hätte. Der Geschäftsführer hat sich geweigert, auch nur über einen dieser Punkte (u.a. Transfererlöse von Juniorenspielern, Umgang mit Altverbindlichkeiten der KGaA, Sportkleidung und Sportartikel NLZ-Mannschaften, Vermarktung NLZ, Tickets für NLZ-Spieler für die Heimspiele der Profis) zu sprechen und laut der Fußballabteilung „diktatorisch auf sein unzureichendes Angebot verwiesen“, das aber nur im Falle eines Aufstiegs in die 2. Liga Gültigkeit besitzen würde.

Der Fokus auf den Fokus

„Der Fokus auf die Jugendarbeit steht bei der Profifußballfirma nach wie vor im Fokus“

Soviel Fokus war noch nie im Deutschen Fußball. Ein mangelndes Engagement als Fokussierung zu verkaufen, ist mehr als dreist.

Kunstrasenplatz

„Der Kunstrasenplatz wird von sehr vielen Mannschaften des TSV 1860 München e.V. genutzt“

Das liegt in der Natur der Sache, da die NLZ-Mannschaften U 9 bis U 17 zum e.V. gehören und 5 Monate im Jahr kein anderer Platz zum Training von der KGaA zur Verfügung gestellt wird. Und man darf nicht vergessen: es geht hier um die Nachwuchsarbeit des TSV 1860, wovon die KGaA maßgeblich profitiert.

„ und die vereinbarte Stundenzahl von 1000 Stunden pro Kalenderjahr auf dem Trainingsgelände deutlich überschritten wird.“

Zweimal falsch:

  1. Der Umfang, nicht „für 1000 Stunden“, sondern „für ca. 1 000 Stunden“, der kostenfreien Nutzung am Trainingsgelände durch e.V. Mannschaften wurde nicht vereinbart, sondern ist notariell 2001 grundbuchmäßig festgelegt, als Gegenleistung der KGaA für die kostenlose Übertragung von Werten in Höhe von 23 Millionen Mark vom e.V. an die KGaA. Darunter fällt auch, dass der e.V. der KGaA die Erbpacht am Trainingsgelände kostenfrei übertragen hat.
  2. Die 1 000 Stunden werden geringfügig, aber nicht deutlich überschritten. Das ergibt eine aktuelle Erhebung der FA für das Jahr 2023. Es bleibt also bei den „für ca. 1 000 Stunden“. Und selbst wenn die Überschreitung deutlich wäre, will der Geschäftsführer dann das Training der NLZ – Mannschaften reduzieren und somit das NLZ schwächen?

Mehrnutzung durch die Löwen-Fußballschule

„ Diese Mehrnutzung u.a. auch durch die Löwen-Fußballschule sorgt dafür, dass einige Mannschaften wetterunabhängig auf die Rasenplätze ausweichen und somit auch dort für eine Mehrbelastung sorgen. Auch darunter leiden die Plätze…

Falsch. Die Camps der Löwen-Fußballschule (LöFu) finden fast immer in der Ferienzeit statt, vormittags und nachmittags, wenn keine anderen Mannschaften die Plätze nutzen. 90 % der LöFu-Camps finden darüber hinaus im Sommer statt, wenn andere Mannschaften sowieso regulär auf dem Rasen trainieren.

Wann musste das letzte Mal eine Mannschaft wegen der LöFu auf einen Rasenplatz ausweichen? Die Fußballabteilung hätte hierzu gerne eine Antwort des Geschäftsführers.

Außerdem kommt der gesamte Erlös aus der LöFu ausschließlich dem Nachwuchsleistungszentrum zugute und damit der KGaA und ihrer Profimannschaft.

Würdigung des Beitrags der Profifußball KGaA

„Parallel zu den Verhandlungen rund um den Servicevertrag wurde die vorhandene Infrastruktur und der dazu geleistete Beitrag der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA als nicht angemessen bewertet.“

Hier werden zwei Dinge vermengt.

1. Pauschal die vorhandene Infrastruktur und

2. der Beitrag der KGaA hierzu

Die inzwischen durch die Uf60 in mühevoller Arbeit geleisteten Renovierungsmaßnahmen im NLZ-Gebäude, meist ohne Zutun der KGaA, obwohl das deren Aufgabe wäre, werden von der Fußballabteilung überaus gewürdigt. Die Unternehmer für Sechzig sind ein Förderverein zur Förderung des TSV München von 1860 e.V.. Dass die KGaA die Heizungsanlage inklusive Rasenheizung modernisiert und die Flutlichtanlage auf LED ertüchtigt hat, dafür spricht die Fußballabteilung der KGaA ausdrücklich ihr Lob aus. Aber, wie schon auf der Mitgliederversammlung, kritisiert die FA den beklagenswerten Zustand der Plätze 3 und 4, die seit vielen Jahren von der KGaA nur notdürftig, aber nicht ausreichend gepflegt werden, geschweige denn, wie vom DFB vorgeschrieben, für eine ganzjährige Nutzung saniert werden.

Sanierung der Plätze durch den e.V.

„Seltsam mutet es in diesem Zusammenhang an, dass einerseits über zu wenig Mittel für den Jugendfußball geklagt wird, andererseits aber gebetsmühlenartig erwähnt wird, dass bei einer Änderung von Rahmenbedingungen ausreichend Mittel in der Abteilung vorhanden wären, dass komplett neue Rasenplätze durch den e.V. problemlos selbst gestemmt werden könnten.“

Auch hier wieder eine Manipulation durch Verallgemeinerungen und Weglassen von entscheidenden Fakten. Dass die FA über zu wenig Mittel für den Jugendfußball klagt, ist schlichtweg gelogen. Sie kritisiert, dass die KGaA zu wenig Mittel für den Jugendfußball bereitstellt.

Die FA bietet der KGaA, um das Streitthema Rasenplätze ein für allemal aus der Welt zu schaffen, an, dass die Rasenplätze 3, 4 und 5 erbpachtmäßig (seit 2001 bei der KGaA) dem e.V. rückübertragen werden und sich der e.V. dann um die Sanierung kümmert, um, wie es der DFB vorschreibt, dann drei ganzjährig nutzbare Trainingsplätze für das NLZ zur Verfügung zu haben.

Stellungnahme der Fußballabteilung

„Wir von der Fußballabteilungsleitung  wollen den maximalen Erfolg unserer Profimannschaft. Deshalb müssen wir das NLZ stärken. Alles was im NLZ an Positivem passiert, kommt ausschließlich unserer Profimannschaft zugute. Denn unser NLZ ist allein darauf ausgerichtet, der Profimannschaft des TSV 1860 München so viel Top-Talente wie möglich zur Verfügung zu stellen. Schönfärberei und Selbstbeweihräucherung helfen nicht weiter. Nur wer neben dem Positiven auch die Mängel sieht, kann sie beseitigen. Deshalb auch das Lob für das bisher Geleistete und die konstruktive Kritik der FA an den Mängeln auf dem Trainingsgelände, die es zu beheben gilt, um das NLZ auf Toppniveau zu heben und so mit unserer Profimannschaft in die Erfolgsspur zu kommen.“

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