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Multi-Klub-Besitzer: Die Disneyfizierung frisst sich durch die Fußballwelt

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Sie fressen sich durch die Ligen der ganzen Welt, die Multi-Club-Besitzer. Kaufen kleinere und größere Fußball-Klubs, um sich ein Imperium zu schaffen. Die City Football Group (u.a. Manchester City, New York City, Melbourne City FC), Die Noah Group ( FC Noah Erwan, AC Siena) oder die Pacific Media Group (u.a. AS Nancy, FC Thun Berner Oberland, FC Barnsley) sind die wohl wichtigsten Fußball-Imperien. Investment-Gruppen, die den Fußball grundlegend ändern wollen. Zu ihren Gunsten.

Sie kaufen Klubs und verkaufen sie wieder. Wenn es Gewinn bringt oder das Investment ein Reinfall war und deshalb wieder abgestoßen werden muss. Die Pacific Media Group zum Beispiel kaufte 2016 den französischen Erstligisten OGC Nizza für 23 Millionen Euro. 2019 verkaufte man den Klub an den Milliardär Sir Jim Ratcliffe für 100 Millionen Euro weiter. Die Noah Group schnappte sich zuerst den KFC Uerdingen. Als man merkte, dass das Investment nichts einbringt, ließ man das Projekt wieder fallen. Fans aller Drittligisten wissen, wo das für den KFC endete. In der Regionalliga.

Die Disneyfizierung hat längst vom Fußball Besitz ergriffen. Fußball als Franchise, bei dem die Zuschauer ein gewisses Maß an Erwartung erfüllt bekommt. Nicht jeder gekaufte Klub wird dabei nach oben gebracht. Manch einer wird von den großen Investment-Gruppen geschluckt und dann zum Farmteam: um Talente zu parken zum Beispiel, sie auszubilden, dann weiterzuverkaufen, oder sie irgendwann eben in die eigentlichen primären Klubs einzubinden. Besonders interessant ist dabei die Tatsache, dass man teure Berater oder Vermittler umgeht. Die Spieler werden im eigenen Konsortium herumgereicht.

Ein Vorteil ist auch, dass man so manche Regeln umgehen kann. Wer in der Bundesliga spielt, dessen zweite Mannschaft darf maximal in der Dritten Liga spielen. Der FC Bayern München II durfte vergangene Saison nicht aufsteigen, die Reserven von Freiburg und Dortmund dürfen dieses Jahr nicht aufsteigen. Solche Regeln können die großen Investment-Gruppen umgehen. Es wäre sogar möglich, zwei Erstligisten zu besitzen. In Deutschland freilich, aufgrund von 50+1, noch eingeschränkt. Es wird sicherlich nicht lange dauern, bis ein Team eines Konsortium auf ein anderes Team des gleichen Konsortiums trifft. Die Regeln der UEFA schränken dies zwar ein, aber nicht ausreichend und mit zu vielen Schlupflöchern.

Immer mit dabei: eine große Datenbank an Spielern. Innerhalb des eigenen Imperiums gibt es stets ein ausgeklügeltes Scouting-Netzwerk. Es geht aber auch um Kosteneffiziens und Wissensmanagement untereinander. Und natürlich um viel Geld.

Und die Fans? Werden im Grunde zu Kunden. Niemand kann einem Fan garantieren, dass seinem Klub die maximale Aufmerksamkeit geschenkt wird. Denn man setzt natürlich Schwerpunkte. Bei der City Football Group ist es zum Beispiel Manchester City. Wer Fan von New York City ist, der sollte sich darauf einstellen, dass sein Klub eben Manchester bedient. Am Besten ist man dann gleich mal Fans beider Klubs. Oder aller Klubs der City Football Group. Wer Disney liebt, der liebt ja auch nicht nur das Dschungelbuch, sondern auch König der Löwen. So einfach ist das.

Der 1. FC Kaiserslautern soll in Verhandlungen mit der Pacific Media Group sein. Sollte es zu diesem Deal kommen, wird die Investmentgruppe natürlich wollen, dass ihr bis dato einziger deutscher Klub auch möglichst hoch spielt. Benötigt der französische Klub AS Nancy jedoch einen Stürmer, und die Verantwortlichen entscheiden, dass ein entsprechender Spieler beim 1. FC Kaiserslautern verfügbar ist, wird man wohl Schwerpunkte setzen. Oder andersherum. Und das könnte zum Nachteil einer der beiden Klubs sein. Der AS Nancy war übrigens erst bei der City Football Group im Gespräch, ließ sich dann aber doch vom Konkurrenten, der Pacific Media Group, kaufen.

Es ist ein gefährliches Spiel. Klubs, die sich in die Hände von solchen Konsortien begeben, werden natürlich überwiegend fremdgesteuert. Sonst würde das System der Investment-Gruppen nicht funktionieren. Chinesische, indische Klubs, die großen Multi-Klub-Besitzer finden viele kleine Fußballvereine, die sie einfach schlucken können. Längst streckt man allerdings auch in Deutschland seine Fühler aus. Viele deutsche Klubs sind überfordert, die Verantwortlichen leben über ihren Verhältnissen. Der 1. FC Kaiserslautern weiß, dass nach seinem Schuldenschnitt und der darauf folgenden Kapitalerhöhung, das Geld dennoch fast schon wieder aufgebraucht ist. Laut Medien stehen die regionalen Geldgeber wieder “Gewehr bei Fuß”. Aber es scheint wohl auch verlockend zu sein, sich an einen der ganz Großen zu wenden. Ob man sich dann selbst in den Rachen eines Konsortiums werfen sollte? Wenn es blöd läuft, dann müssen sich die Fans darauf einstellen, dass ihr Klub eben nicht im Schwerpunkt liegt. Sondern Wasserträger eines anderen Klubs wird. Oder dass man, wenn es nicht funktioniert, einfach wieder fallengelassen wird.

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