“Fußballer spielen Fußball, Politiker machen Politik”, so 1860-Cheftrainer Michael KöllnerMichael Köllner war vom 9. November 2019 bis zum 31. Januar.... Das klingt für viele irritierend, denn Köllner ist bekannt dafür, dass er den Sport durchaus als Bühne für seine sowohl politischen, als auch gesellschaftlichen und sogar religiösen Botschaften nutzt. Wir werfen einen Blick auf die Frage inwiefern Sport und Politik überhaupt trennbar sind.
Hat sich in der Vergangenheit ein TrainerÜbersicht aller Trainer der ersten Mannschaft des TSV 1860 ... des TSV 1860 München so vehement und offen über politische, gesellschaftliche und religiöse Themen geäußert wie Michael KöllnerMichael Köllner war vom 9. November 2019 bis zum 31. Januar...? Wohl eher nicht. Dass er aus der SPD ausgetreten ist, weil er mit der Corona-Politik von Karl Lauterbrach nicht zufrieden sei, verkündete er öffentlich. Mit deutlichem Seitenhieb auf den Politiker. Die Waffenlieferungen der Bundesregierung an die Ukraine kritisierte er bei einer Spieltags-Pressekonferenz ohne dass man ihn darauf angesprochen hatte. Nein, Köllner hält sich bei solchen Themen nicht zurück. Und wir wollen das erst einmal gar nicht inhaltlich in Frage stellen. Sondern uns vielmehr die Frage stellen, ob die Fußballweltmeisterschaft und Politik tatsächlich trennbar sind. Ob überhaupt Sport und Politik sauber trennbar sind.
Einer der größten propagandistischen Sport-Spektakel sah man bei den Olympischen Sommerspielen im Jahr 1936. Adolf Hitler ließ unter dem Hakenkreuz ein “Völkerfest” organisieren, das zur reinen Propaganda diente. Gelernt hat die Menschheit daraus wohl nichts. Das Jahr 2022 geht mit gleich zwei großen Events, die aus politischer Sicht katastrophal sind, in die Geschichte ein. 2022 ist das Sportjahr für Diktatoren und Despoten. Bereits im Februar die Olympischen Spiele in Peking. Aktuell nun die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Sowohl das IOC als auch die FIFA haben dem Sport damit keinen Gefallen getan. Weder im Hinblick auf die geografischen Begebenheiten vor Ort (sowohl Peking war für Wintersport nicht optimal geeignet, noch ist es Katar für eine Fußball-Weltmeisterschaft), noch auf die Mindeststandards an Menschenrechten. Es ist quasi eine Bankrott-Erklärung für den Sportsgeist. Sicher, man hätte schon ganz andere Ausrichtungen beklagen müssen. Zum Beispiel Sotschi 2014 oder Russland 2018. Die Kritik hielt sich damals in Grenzen. Vor allem deshalb, weil die jeweiligen Ausrichter immer offensiver ihre “Werte” und “Moralvorstellungen” verteidigen. Im Schatten einer Fußball-Weltmeisterschaft will man sich nicht von westlichen Moralaposteln vorschreiben lassen, Homosexualität zu akzeptieren, oder einer Frau mehr Rechte als einem Haustier zuzugestehen. Weil man sich als toller Gastgeber präsentieren möchte, der gerne mit den westlichen Ländern Geschäfte macht. Kritik stört da nur – Sportswashing funktioniert eben nur, wenn man sich auf den Sport fokussiert. Und auf den Event-Charakter.
Also einfach Augen zu und durch? Sich nur auf den Sport konzentrieren? Wäre ein Möglichkeit. Doch dann gibt man den Sport genau die politische Wendung, die von den Diktatoren und Despoten gewünscht ist. Wir dürfen nicht vergessen wie Deutschland sich 1936 die Olympiade zurechtbog. Einige der jüdischen Sportler wurden später in Konzentrationslagern getötet. Im Rahmen dieses Vergessens gibt es einige, die das Positive aus Katar ziehen wollen. Katar würde einen Schritt auf den Westen zumachen. Wäre durch die Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft im Hinblick auf die Menschenrechte offener. Doch die Realität ist eine andere. Homosexuelle befürchten, dass sie nach der WM noch viel mehr verfolgt werden. Und bei den Rechten für Frauen tut sich auch nichts. Alles im Schatten der WM. Katar hat ja längst seine Finger im europäischen Sport. Dem Staatsfond von Katar gehört der der französische Klub Paris St.-Germain. Sportswashing vom Feinsten. Und demzufolge ohnehin schon hochpolitisch und manipulativ.
Sport und Politik trennen? Nun, das geht eben nicht, wenn der Sport bereits so vollkommen durchdacht und geplant für die Zwecke einer Monarchie missbraucht wird. Wer diesen Missbrauch nicht sieht, dem fällt es natürlich leicht, Sport und Politik getrennt sehen zu wollen. Und für eine saubere Trennung einzustehen. Die subtile Manipulation, die alleine dazu dient, Katar und seine Monarchie reinzuwaschen, soll nicht kritisiert werden. Weil das ja politisch ist. Da ist in jedem Fall ein Denkfehler.
Wenn jemand eine Regenbogen-Binde trägt, sich für Toleranz, Gleichberechtigung und Menschenrechte einsetzt, dann ist das natürlich politisch. Doch es sollte für uns eine Selbstverständlichkeit sein sich dafür einzusetzen. Und man muss es aushalten können, wenn die Menschen sich für diese Werte aktiv einsetzen. Kann man das nicht oder will man das nicht, dann muss man vor allem eines: dafür sorgen, dass der Sport nicht als Bühne für Diktatoren und Despoten genutzt wird.
Der Missbrauch und die Instrumentalisierung für politische Zwecke muss beendet werden. Und damit sind nicht die Spieler gemeint, die während der US-amerikanischen Nationalhymne auf die Knie gehen, weil sie auf die Unterdrückung der afroamerikanischen Bevölkerung aufmerksam machen wollen. Donald Trump bezeichnete diese Spieler als “Hurensöhne”. Und auch nicht ein Banner in einer Fankurve, wo man sich für mehr Toleranz stark macht. Auch eine Regenbogen-Binde ist nicht gemeint. Sondern das manipulative Sportswashing von Diktaturen und Despoten, die ihre Geldbörse aufmachen und sich einfach das Event kaufen. Würde man dazu schweigen, würde das auch perfekt funktionieren mit dem geplanten Sportswashing. Dann würde jeder erkennen: “Das sind doch tolle Urlaubsländer. Mit vielen freundlichen Menschen, an denen wir Deutsche uns ein Beispiel nehmen können.”
Jeder hat das Recht, sich die Fußball-Weltmeisterschaft anzuschauen. Jeder sollte überall Urlaub machen dürfen, wo er will. Aber keiner sollte leugnen, dass es hinter der einen oder anderen Fassade mehr als schmutzig ist. Und dass so manches Event auf blutigem Boden erbaut wurde. Oder so mancher freundliche Mensch eben nur freundlich ist, weil man selber ein heterosexueller Mann mit etwas Geld in der Tasche ist.
Titelbild: IMAGO / Ulmer/Teamfoto