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Michael Scharold vs. Franz Gerber

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Neues Jahr, alte Sitten.

Wenn es darum ging, Stellen in der KGaA neu zu besetzen, waren sich die Gesellschafter selten einig. So auch jetzt. Eigentlich wollte der Geschäftsführer Markus Fauser Ende 2017 weg sein und der Nachfolger stand für den e.V. bereits fest. Die naheliegende und vernünftige Lösung – Michael Scharold.
Hasan Ismaik sieht es jedoch anders und möchte den ehemaligen Löwen-Spieler und Jahn Regensburg-Sportchef Franz Gerber installieren. Das wollte er bereits letzten Sommer, doch dank der 50+1-Regel hat sich der e.V. durchgesetzt und Markus Fauser zum Geschäftsführer gemacht.

Nun befinden sich die Gesellschafter in der gleichen Position wie damals. 2 Meinungen, 4 Stimmen – die bekannte paritätische Situation. Am Montag, 8. Januar soll eine Entscheidung getroffen werden.

Doch wer sind die 2 Kandidaten überhaupt und warum wollen die Gesellschafter sie haben?

Michael Scharold

Über den Chiemgauer Diplomkaufmann Michael Scharold findet man nicht viel im Netz. Er war ab 2010 Projektleiter in der Finanzabteilung von FC Schalke 04 und u.a. dafür zuständig, ein neues Vertragsmanagement- und Rechnungsverarbeitungs-System einzuführen bzw. zu implementieren. Im Sommer 2014 stieg er bei Schalke zum Leiter der Finanzen auf und blieb dort bis zum April 2017, bis ihn der damalige 1860-Geschäftsführer Ian Ayre nach München holte, wo er ebenfalls Leiter der Finanzen wurde. Er hat eng mit Markus Fauser gearbeitet und will den eingeschlagenen Sanierungskurs fortsetzen. Eine Neuverschuldung für den laufenden Betrieb soll es mit ihm nicht geben.

Die Tatsache, dass er seit 8 Monaten beim TSV 1860 tätig ist und dadurch die Finanzen und das Umfeld kennt, spricht für ihn. Dass er beim Erstligisten Schalke 04 gearbeitet hat umso mehr. Der Fußballklub hat nämlich keine ausgegliederte Profimannschaft und das Stimmrecht und das Kapital liegt zu 100 Prozent beim Verein. Damit weiß er, wie man im Profifußball auch ohne einen Investor auskommt. Verständlich, dass der e.V. an ihm festhalten will.

Franz Gerber

Über den Wunschkandidaten von Investor Hasan Ismaik gibt es mehr zu berichten. Franz Gerber – wegen seiner früheren Vorliebe für Reptilien auch Schlangen-Franz genannt – hat seine Spieler-Profikarriere beim FC Bayern gestartet und spielte sogar 2 Jahre beim TSV 1860 München und stieg mit den Löwen in der Saison 1979/80 in die 1. Liga auf. So weit, so uninteressant. Spannender ist jedoch seine Karriere als Sportchef und Manager, insbesondere in Verbindung mit dem SSV Jahn Regensburg.

Im Februar 2010 wurde Franz Gerber Sportchef bzw. Geschäftsführer beim Jahn Regensburg und bekam einen 5-Jahres-Vertrag. In der Saison 2011/12 schafften die Regensburger mit ihm den Aufstieg in die 2. Bundesliga, um gleich danach wieder in die 3. Liga abzusteigen.

Bereits ab 2008 stand Franz Gerber seinem Bruder Josef Gerber, der Schatzmeister beim Jahn war, beratend zur Seite. Der Verein hatte dann 2010 wegen einer drohenden Insolvenz die GmbH & Co. KGaA gegründet (an deren Gründung Franz und Josef Gerber maßgeblich beteiligt waren) und Josef Gerber in den Aufsichtsrat gewählt wurde. Investoren stiegen ein, allen voran die Firma Bauteam Tretzel (BTT), die 90 Prozent der Anteile hielt.

Im Sommer 2013 trennte sich Jahn Regensburg von dem Sportchef und ab da wird es richtig interessant. Es folgte ein Rechtstreit zwischen dem Fußballklub und dem Ex-Geschäftsführer, der auf Wiedereinstellung und Fortzahlung seiner Bezüge klagte. Beide Prozessparteien fordern Geld voneinander. Der Grund dafür ist, dass Franz Gerber und sein Bruder Josef angeblich mit einem Gesamtbetrag von 30.000 Euro zu den Investoren bei der Jahn-Kapitalgesellschaft zählen. ,,Daher werde ich nach wie vor Anteil am Geschehen des Vereins nehmen”, so Franz Gerber damals.

Spannender als die Forderungen der Prozessgegner war der aufschlussreiche Umgang des Regensburger Profivereins mit dem Geld, über das er nach eigenem Bekunden kaum verfügt. Angeblich wurden Kredite kurzfristig in bar und ohne schriftliche Vereinbarung ausgezahlt. Ähnlich salopp ging man mit der Abtretung einer Forderung in Höhe von 30.000 Euro um: Die Firma Bauteam Tretzel hatte Franz Gerber nebst Gattin einen Kredit in dieser Höhe zur Verfügung gestellt. Eine schriftliche Fixierung der Abtretung wurde versäumt. Unstrittig ist, dass die Prozess-Zeugen Josef Gerber und Alois Kindler jeweils 15.000 Euro an Franz Gerber in dessen Funktion als Geschäftsführer des SSV Jahn ausbezahlt haben. Franz Gerber holte sich Finanzspritzen für den Jahn von überall, auch von Privatpersonen, die das Geld hinterher nicht zurück bekamen. Eine komplexe Geschichte mit vielen kleinen Details.

2017 folgte dann der Korruptionsskandal um den Großinvestor BTT und der Verkauf seiner Anteile an Philipp Schober bzw. Global Sports Invest AG, worüber wir berichtet hatten: Immer Ärger mit dem Investor.
In einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung wurden auf Antrag des bisherigen Mehrheitseigners Bauteam Tretzel GmbH (BTT) dessen Aktien auf den neuen Jahn-Investor Philipp Schober beziehungsweise dessen Firma Global Sports Invest AG übertragen. Dieser Vorgang bedurfte formell der Zustimmung der Versammlung. 9 der 10 Gesellschafter stimmten gegen den Antrag – unter anderem der e.V. sowie Franz Gerber, Anteilseigner und ehemals Sportchef des SSV Jahn.

Einige Wochen später musste Philipp Schober durch eine Rücktrittsklausel die Aktien wieder an Tretzel zurückgeben, der sie an den Jahn selbst verkaufte. Im Hintergrund hatte sich lt. dem Wochenblatt jedoch ein ganz anderer Krimi abgespielt. Die Akteure: Der Jahn, Schober, Josef und Franz Gerber – und ein potentieller Investor, der Millionen in den Verein pumpen wollte. Nach Informationen des Wochenblatts kosteten die Jahn-Aktien von Tretzel 3,5 Millionen Euro.
Nämlich erst als eine Tranche über 500.000 Euro von Schober nicht bezahlt wurde, konnte Tretzel die Rücktrittsklausel ziehen. Es gab aber noch einen Investor, der konkret bereit war, 6,5 Millionen Euro für die Jahn-Aktien auf den Tisch zu legen. Schober hätte also mit dem Deal 3 Millionen Euro an den Jahn-Aktien verdient. Es handelte sich dabei um einen Millionär aus Südosteuropa, der angeblich auch beim AS Monaco und bei Manchester United große Summen investiert hat.

Jahns Präsident Hans Rothammer äußerte sich gegenüber dem Wochenblatt so: „Es ist richtig, dass ein von Herrn Josef Gerber aktiv betriebener Weiterverkauf der gesamten Anteile des SSV Jahn an einen ausländischen Investor in letzter Minute nur daran gescheitert ist, weil dies, durch die von uns erwirkte einstweilige Verfügung des Landgerichts Regensburg, nicht mehr möglich war“, so der Präsident.
Jahn Regensburg hat sehr viel Glück gehabt und ist aus der Sache am Ende gut rausgekommen.

Die Tatsache also, dass Franz Gerber offensichtlich sehr investorenfreundlich eingestellt ist – wie in einem Interview mit ihm im Sommer 2017 zu lesen war – und den Fall der 50+1-Regel sinnvoll findet, spricht dafür, dass ihn der 1860-Investor Hasan Ismaik als den geeigneten Geschäftsführer sieht.

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