Marc-Nicolai Pfeifer scheint längst angekommen zu sein, beim TSV 1860 München. Mit ihm kam nicht nur der Giesinger Friede, sondern auch ein Geschäftsführer mit einem feinen Händchen für Details. Ein Kommentar.
Viele Geschäftsführer hat die TSV 1860 München KGaA bereits erlebt. Karl-Heinz Wildmoser junior war der erste überhaupt. Dann folgten siebzehn weitere Herren. Fast jedes Jahr ein neues Finanz-Oberhaupt. Darunter Roland Kneißl, Stefan Reuter, Manfred Stoffers, Robert Schäfer, Florian Hinterberger oder Thomas Eichin. Oder auch Anthony Power und Ian Ayre. Zuletzt Markus Fauser, Michael Scharold und nun eben Marc-Nicolai Pfeifer.
Von den Stuttgarter Kickers kam er. Viele Fans schmunzelten. Er weiß wohl nicht, was mit den Löwen für eine große Aufgabe auf ihn zukommt. Ob er es wusste oder nicht, wird wohl nur er selbst beantworten können. Die Aufgabe angenommen hat er. Und er scheint aus vielen verschiedenen Blickwinkeln stets das gleiche gute Bild abzugeben. Aus Sicht der Gesellschafter. Aus der Sicht der Mitarbeiter und aus Sicht der Fans. Nach mehr als hundert Tagen kann man durchaus mal einen Blick auf ihn werfen.
Der Sachpolitiker
Ein Funktionärsamt bei den Löwen? Die Löwen waren stets ein Magnet für Sprücheklopfer, Stammtischexperten, große Zampanos und Wichtigtuer. Ein Selbstdarsteller ist Marc-Nicolai Pfeifer nicht. Und auch kein Mann der großen Worte. Damit passt er durchaus in das Bild des Präsidenten Robert Reisinger, der Sachpolitik schätzt. Pfeifer sucht nicht ständig das Rampenlicht. Taucht aber auch nicht ständig ab, wie sein Vorgänger. Interviews gegenüber der Presse sind rar. Die konsequente Taktik: öffentlich äußert sich meist Günther Gorenzel. Der kann den Fokus aufs Sportliche legen. Und bei Finanzfragen auf den Geschäftsführerkollegen verweisen. Die Taktik ging in den vergangenen Monaten nicht immer auf. Immer dann nicht, wenn Gorenzel doch aus dem Nähkästchen plauderte und plötzlich Antworten zu den Finanzen gab. Dabei entstanden Widersprüche. Pfeifer hingegen agiert ungemein klug, wenn es um Finanzfragen geht. Er kann Fragen auch ausweichen, tut dies aber mit rethorischem Geschick. Teilweise baut er bewusst Botschaften mit ein. Auf die Frage des Bayerischen Rundfunks, ob man die Geisterspiele überhaupt finanziell kompensieren könne, betont Pfeifer, dass man die Fans nicht aus finanzieller Sicht vermisse, sondern in erster Linie als Unterstützung für die Mannschaft. Und dass man stolz sei auf das große Engagement der Löwenfans im Dauerkartenverkauf. Die Behauptung des BR, das Spielerbudget liege zwischen 2,5 und 3 Millionen, korrigiert Pfeifer nicht. Er handhabt es wie sein Trainer, der sich auch nicht vor dem Spiel in die Karten schauen lassen würde. Mit einem süffisanten Lächeln. Um dann ernst zu werden: Am Ende wolle er mit einem guten Finanzergebnis überraschen. Punkt.
Der Verkäufer
Marc-Nicolai Pfeifer ist ein absolutes Verkaufstalent. Das sieht man alleine im Stadion. Er strahlt eine hohe Kommunikationsbereitschaft aus. Repräsentiert den TSV 1860 stets äußerst charmant. Er geht auf alle zu, begrüßt jeden und wirkt stets offen. Auch während Corona geht er durch die Reihen. Der coronabedingte Abstand wird gewahrt. Dennoch strahlt Pfeifer charakterlich Nähe aus. Ohne aufdringlich zu werden. Das scheint sich wohl auch auf die Sponsoren auszuwirken. Die man übrigens geschickt nach und nach medial präsentiert. Und damit die Bühne des TSV 1860 München mit positiven Nachrichten bestückt. Das gelingt natürlich auch deshalb, weil die Gesellschafter aktuell die Bühne nicht für sich beanspruchen. Und weil es sportlich läuft. Insgesamt ist es jedoch durchaus ein wesentlicher Aspekt der Arbeit von Geschäftsführer Pfeifer.
Der Zuhörer
Wer sich mit Marc-Nicolai Pfeifer mal unterhalten hat, merkt schnell zwei wesentliche Dinge. In kürzester Zeit hat er sich intensiv mit dem TSV 1860 München beschäftigt. Er hört zu. Und will stets mehr wissen. Pfeifer stellte diversen Leuten aus den verschiedensten Bereichen durchaus interessante Fragen. Für ihn gibt es keine zwei oder mehr Seiten. Für ihn ist jeder ein Rädchen in dem System, das er zu verantworten hat. Pfeifer lehnt niemanden ab und verurteilt auch niemanden, sondern hört zu. Und das sehr intensiv. Er hat sich in den ersten hundert Tagen wohl ein umfangreiches Bild von den Löwen gemacht. Das vor allem eines nicht ist: einseitig. Wir wissen alle wie schwer das ist. Weil zumeist die, die am lautesten und häufigsten schreien, nicht Recht haben. Es gilt, die leisen Töne aus dem Gesamt-Orchester der Löwen herauszuhören.
Der Feinmechaniker
Wieso lehnen diverse Fans Ismaik ab und andere sehen in ihm den Messias? Die Frage hat sich Geschäftsführer Pfeifer sicherlich von Anfang an gestellt. Er macht sich seine Gedanken über das Konstrukt. Und überlegt sich, wie die einzelnen Rädchen im System zusammenhängen. Wo könnte man nachjustieren? Wo ein Schräubchen drehen? Wer laut schreit, schimpft und meckert, den holt Pfeifer auf seine sachliche Ebene. Und das gelingt ihm wohl meist sehr gut.
Marc-Nicolai Pfeifer sieht im TSV 1860 München keine große Bühne, auf der man stets mit Posaunen und Trompeten laut spielen muss. Für ihn scheinen die Löwen wie ein komplexes Uhrwerk. Mit hunderten verschiedenen Zahnrädern und kleinen Schräubchen. Er selbst ist der Feinmechaniker. Der solange in den verschiedenen Bereichen nachjustiert, bis selbst die kleinsten Kratz- oder Nebengeräusche verschwinden. Bis alles rund läuft. Das ist sein Ziel.
Fazit
Der TSV 1860 München kann im Moment auf eine starke finanzielle und sportliche Führungsebene bauen. Die Schlüsselperson scheint wohl Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer. Vor allem Günther Gorenzel profitiert maßgeblich. In der vergangenen Saison hatte er immer wieder mit der Finanzpolitik für Unruhe gesorgt. Vor allem deshalb, weil Michael Scharold die Helmut-Kohl-Taktik des Aussitzens für die Löwen und vor allem für sein Amt perfektioniert hatte. Mit Pfeifer hat Gorenzel nun einen starken Mann im Rücken. Und kann sich auf die sportliche Leitung konzentrieren. Das Amt, für das man ihn eigentlich ursprünglich auch geholt hat. Michael Köllner profitiert ohnehin als Trainer. Das ruhige Fahrwasser im finanziellen Bereich, inklusive finanzieller Sicherheit für zwei Jahre, ist Gold wert. Die Ruhe der Gesellschafter. Die Sachlichkeit der Geschäftsführung. Damit kann man sich als Trainer perfekt auf die Aus- und Weiterbildung der Mannschaft konzentrieren.
Eure Meinung ist gefragt
Und nun ist Eure Meinung gefragt. Welche Geschäftsführer leisteten gute Arbeit bisher? Wer war Sprücheklopfer? Wer brachte die Löwen nach vorne? Und wie bewertet Ihr die aktuelle Arbeit von Marc-Nicolai Pfeifer?