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Kritik am DFB: Für Ultras fast schon eine Pflicht

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Ein Kommentar

DFBMit einem Schmunzeln reagierten die meisten Fans auf den Spruch “„Ein abgewatschter Giesinger Amigo hat die WM 2006 gekauft“. Eine Kritik sowohl gegen Franz Beckenbauer als auch gegen den DFB und die Korruptions-Affäre rund um die WM 2006. Doch nicht alle Fans sehen das so. Einige kritisieren den, aus meiner Sicht fast schon satirisch angehauchten Satz. Der Seitenhieb in Richtung “den Roten” sei für die Sechzger unangebracht, schreibt zum Beispiel jemand im Internet. Und auch von “fremdschämen” für die Ultras ist die Rede. Politik hat im Stadion nichts zu suchen und Sprüche wie “Scheiß DFB” sind “proletarisches Teenager-Gehabe”. Es sind ausgerechnet unsere Fans, “die eigentlich vor der eigenen Türe kehren müssen”, sagt einer auf Facebook und natürlich spricht er die Probleme beim Relegationsspiel an.

Zugegeben, ich bin kein Fan von “Scheiß DFB” und habe es noch nie im Stadion mitgerufen.  Mir ist das tatsächlich zu vulgär. Aber das ist ein anderes Thema. Der “Giesinger Amigo” ist für mich jedoch wohl einer der wichtigsten sportpolitischen Fan-Botschaften in diesem Jahr. Erstens weil Kritik an der Korruption im DFB, einschließlich an der Person Franz Beckenbauer, gerechtfertigt ist, zweitens, weil es mit spitzzüngiger Findigkeit in einem satirischen Satz auf den Punkt gebracht wurde. Letzteres ist wichtig, um überhaupt wahrgenommen zu werden.

Grindel: “Begeisterung für Fußball in Deutschland ungebrochen”

Die Kritik am DFB ist viel zu leise. Und im Grunde verhallt sie wie ein Echo in den Alpen. Über sieben Millionen Mitglieder hat der DFB. Präsident Reinhard Grindel: “Dass erstmals die Marke von sieben Millionen Mitgliedern überschritten wurde, ist Beleg der ungebrochenen Begeisterung für den Fußball in Deutschland.” Alles schön und gut. Das bringt jedoch auch Verantwortung mit sich.

Der DFB machte sich in letzter Zeit stark für die Integration von Flüchtlingen. “1:0 für ein Willkommen” hieß eine Aktion und die sorgte für neue ausländische Spieler. In der Saison 2015/16 konnte man 55.783 neue ausländische Mitglieder begrüßen. Integration, Unterstützung von ehrenamtlicher Arbeit, dauerhafte Bindung von Kindern an den Sport. Alles begrüßenswert. Und dennoch steht es im Schatten einer unaufgeklärten Affäre. Jegliches soziale Engagement ist bewundernswert, wirkt jedoch im Schatten von Korruption scheinheilig. Auch als es um die Abschaffung von Kollektivstrafen ging sagte niemand im DFB, dass Kollektivstrafen einfach nicht zeitgemäß, ja, sogar moralisch völlig fragwürdig sind. Sondern man sprach davon, dass man mehr “reden möchte”. Man wolle auf die Ultras zugehen. Man signalisiert Gesprächsbereitschaft. Aus meiner Sicht im Endeffekt um ein wenig Ruhe einkehren zu lassen. Man möchte verhindern, dass im Stadion immer und immer wieder Kritik am DFB geäußert wird. Für mich ist die Abschaffung der Kollektivstrafen ein eher zweifelhafter Versuch von wichtigen Themen abzulenken. Denn der DFB weiß sehr wohl, was die Leute in der Kurve von ihm halten. Und man weiß auch, dass viele Kritikpunkte durchaus gerechtfertigt sind.

DFBWer soll Zeichen setzen gegen Korruption, wenn nicht die Fans in der Kurve? Von über sieben Millionen Mitglieder haben viele längst seufzend einfach nur zur Kenntnis genommen, dass es massive Korruptionsvorwürfe im Hinblick auf die WM 2006 gibt. Und vermutlich auch zukünftig geben wird. Dass man “Großkopferte” zur Rechenschaft zieht, das glaubt in unserem demokratischen Land kaum einer mehr. Schade eigentlich, schimpfen wir uns doch als ein Land mit sozialer Gerechtigkeit und Demokratie. Umso verständlicher ist die Wut der Ultras in den Rängen aller Fußballstadien.

Musste der Seitenhieb gegen Franz Beckenbauer sein? Aus meiner Sicht war sie richtig und wie ich oben bereits sagte, mit spitzzüngiger Findigkeit gut platziert. Um für Aufmerksamkeit zu sorgen. Meine Aufmerksamkeit hatten sie zweifelsohne. Musste es Beckenbauer sein? Ich wiederhole die Frage und sage mit einem klaren “Ja”, es war vollkommen richtig. Er ist einer der zentralen Figuren gewesen. Das muss man einfach in aller Deutlichkeit sagen.

Die Vereine müssen dafür sorgen, dass sie ihre Ultras im Griff haben. Dass Frustration nicht an Möbeln, Polizei, an öffentlichen Gebäuden, Autos oder gegnerischen Fans ausgelassen wird. Aber man kann Frustration sicherlich auch ein wenig damit eindämmen, wenn man als DFB eine klarere Linie fährt. Eine Linie gegen jegliche Korruption. Das ist immer dann sehr schwer, wenn viel Geld eine Rolle spielt. Aber den über sieben Millionen Mitgliedern, denen man sich stolz brüstet, ist man es schuldig.

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