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Jeans wie Rambo und Nike-Schuhe wie Michael Jackson

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Hasan Ismaik ist Gesellschafter des TSV 1860 München. Deshalb ist es durchaus interessant, wer er ist und was er tut. Wir werfen einen Blick auf den aktuellen Ismaik.

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In einem Café in der ägyptischen Hauptstadt Kairo sitzt ein gut gekleideter Jordanier. Interessiert betrachtet er auf dem Bildschirm an der Wand einen Konflikt junger Männer mit arabischen Sicherheitskräften. Als ein Kellner die Tassen wegräumen möchte, macht der gut gekleidete Mann eine eindringliche Geste. Er gibt dem Bediensteten zu verstehen, dass er gerne die Live-Übertragung sehen möchte. Dem Kellner ist es peinlich. Mit einem Lächeln der Entschuldigung macht er die Sicht frei. Als die Übertragung zu Ende ist, kommen sie ins Gespräch. Der Gast kritisiert das schlechte Bild, das die Medien von den Vorfällen zeigen. Der junge Kellner stimmt ihm zu. Schlechte Nachrichten seien eben gute Nachrichten. Dabei erkennt der Angestellte einige Methoden bei der Berichterstattung, die bewusst eingesetzt werden, um dem Zuschauer ein bestimmtes Bild zu übermitteln. Der Jordanier ist begeistert. Sie müssten eigentlich im Medienbereich tätig sein, scheint er dem Kellner wohl zu sagen. Ein enttäuschtes Lächeln huscht über dessen Gesicht. Er hat im Medienbereich studiert, findet aber keinen Job trotz seines Universitätsabschlusses.

Hasan Ismaik heißt der Gast in dem Café in Kairo. Mit 14 Jahren flüchtete er aus der Golfregion mit seiner Familie nach Jordanien. Der Auslöser war der Golfkrieg und der schwelende Konflikt zwischen dem Irak und der USA. Die US-Amerikaner waren für viele der damaligen Jugendlichen ein ganz besonderes Ideal. Ismaik wollte Jeans wie die amerikanische Legende Rambo und Nike-Schuhe wie Michael Jackson, schreibt er in einem seiner jüngsten Artikel. Der junge Hasan hätte sich damals wohl nicht erträumen lassen, dass er irgendwann Anteile an einer deutschen Fußballmannschaft haben wird. Eine Mannschaft, die mit Nike-Trikots aufs Feld laufen wird. Damals konnte er auch nicht wissen, dass er in diesem Café sitzen würde.

Für Hasan Ismaik ist die Begegnung im ägyptischen Café der Anlass für tiefgründige Gedanken über die Bildungspolitik. Gedanken, die letztendlich zu einem Appell an die Bildungsminister der arabischen Länder führen. Es entsteht dabei einer von vielen Artikeln, die in zahlreichen Online-Plattformen erscheinen. Gedanken über die Demokratie. Über die Weltpolitik und die Vormacht der US-Amerikaner. Über die Chinesen. Über die Chancen der Jugend in den arabischen Ländern und über den Glauben. Jede Woche erscheinen mehrere Artikel aus seiner Feder.

Ob Hasan Ismaik überhaupt noch mit Immobilien Geschäfte macht, ist nicht bekannt. Bei seinem jordanischen Unternehmen Masaken Capital sieht es denkbar schlecht aus. Die Aktie ist im Keller. Am gestrigen Sonntag hat nach über vier Monaten endlich wieder mal jemand Anteile gekauft. Zuvor wurden immer wieder Aktien angeboten, Kaufinteressenten gab es jedoch keine. Bleibt seine Marya Group in den Emiraten. Zumindest auf der Homepage hat sich dort nichts getan. Bei den aufgelisteten Investments steht die TSV 1860 Merchandising GmbH an erster Stelle, gefolgt von seinen Anteilen an der TSV München von 1860 KGaA. Dann kommt Masaken Capital, eben die jordanische Firma, die eigentlich komplett tot ist. Bleiben in der Liste noch zwei Projekte. Zum einen das NYU Residential Plot. Wohngebäude, Einzelhandel und Kindergärten direkt in der Nähe zum Campus der New York University. Zumindest auf den Luftbildern von Google Maps und Google Earth ist von einem Baubeginn nichts zu sehen. Und das immerhin drei Jahre nach der Veröffentlichung des Projekts. Zuletzt soll es, zumindest laut der Marya Group, noch 159 Wohneinheiten geben. Vor ein paar Jahren wurden sie mit 100 Millionen US Dollar bewertet. Öffentlich ist da nichts mehr zu finden. Und auch auf der Homepage der Marya Group hat man nichts geändert.

Hasan Ismaik hat sich, zumindest von außen betrachtet, geändert. Er wird im arabischen Raum vor allem als Vorsitzender von Strategies -Think Tank wahrgenommen. Ein Forschungszentrum für Studien rund um Außenpolitik, internationale Beziehungen sowie Sicherheits- und Wirtschaftsfragen. Die Schlagzahl, mit der er Artikel über diverse Seiten und Plattformen veröffentlicht, ist erstaunlich. Zweifelsohne ist er nicht mehr (nur) der knallharte Geschäftsmann. Vielleicht konzentriert er sich auch ganz auf diesen Bereich. Seine Artikel wirken teils mahnend, teils aufmunternd. Oft sind sie wissenschaftlich. Andere wiederum haben eine philosophische Note. Wie viel Einfluss seine Artikel auf die Politik und die Bevölkerung in arabischen Ländern hat, ist für Europäer schwer zu sagen. Aber sie werden oft veröffentlicht, geteilt und geliked.

Ob Hasan Ismaik seinen Statthaltern in München auch für die Löwen einen anderen Ton vorgegeben hat? Zumindest wirkt es aktuell so. Angriffe auf die e.V.-Führung findet man auf Facebook schon lange nicht mehr und auch Saki Stimoniaris ist ruhig geworden. Die letzte Stellungnahme seinerseits war im Grunde die gemeinsame Erklärung des Aufsichtsrates. Das gemeinsam verabschiedete „nachhaltige Finanzpaket“. Wie Hasan Ismaik im Löwenumfeld zukünftig auftritt, ist eine spannende Frage. Im Laufe der kommenden Saison wird diese Frage sicherlich Antworten bekommen.

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