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Hasan ISMAIK (Investor und Aufsichtsratsvorsitzender 1860 Muenchen), Einzelbild,angeschnittenes Einzelmotiv,Portraet,Portrait,PortrÅ t,Gestik. Fussball,2.Liga. Pressekonferenz TSV 1860 Muenchen am 22.11.2016. Â Hasan Ismaik Investor and Chairman of the Supervisory Board 1860 Munich Single Partly sliced Single subject Portrait Portrait PortrÅ T Gesture Football 2 League Press conference TSV 1860 Munich at 22 11 2016 Â

Ismaiks Form der Zurückhaltung

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Hasan Ismaik gab letzte Woche der Sport-BILD ein Interview. Dabei holte er zum wiederholten Male zu einem Rundumschlag aus und kritisierte die Funktionäre des Muttervereins und die eigenen Fans. Trotzdem wird immer wieder von Ismaiks Zurückhaltung gesprochen. Wie sieht die eigentlich aus?

Der 1. Juni 2017 ging beim TSV 1860 München als “Schwarzer Freitag” in die Geschichte ein. Nach dem verlorenen Relegationsspiel gegen Jahn Regensburg, hätte 1860 München für die Lizenz der 3. Liga rund 11 Millionen Euro aufbringen müssen. Hasan Ismaik knüpfte die Überweisung an mehrere unerfüllbare Bedingungen und stellte das Geld nicht zur Verfügung. Zahltag wäre an dem besagten 1. Juni gewesen. Der TSV 1860 stieg daraufhin in die Regionalliga ab. Dies war der Zeitpunkt an dem sich ein Mythos gründete, der bis heute hartnäckig befeuert wird: “Ismaik hält sich seit 6,5 Jahren raus.”

Die Botschaft, die hinter dieser Message steckt, ist eindeutig: Ismaik hält sich raus – alle Anderen sind schuld. Der eingetragene Verein, das Präsidium, der Verwaltungsrat, die Geschäftsführer, die Fans.

Ismaiks Verhalten vor 2017

Als 2011 Hasan Ismaik bei den Löwen einstieg, verkündete er, er wolle ein Haus in München kaufen und in diesem “großartigen Land” weitere Investments tätigen. Das ist nicht passiert. Jedoch versuchte er, immer wieder nach München zu kommen, um Einfluss auf die Entscheidungen an der Grünwalder Straße 114 zu nehmen. In der Regel mit kritischen Auseinandersetzungen. Legendär ist mittlerweile, als Ismaik 2013 nach einer langen Sitzung in der “kalten Nacht von Giesing” wutentbrannt aus der Geschäftsstelle stürmte, um den anwesenden Journalisten mitzuteilen wie er das Meeting fand: “Very bad. I want to go to the DFL”. Oder der Besuch eines Fantreffen in Rudelzhausen im Februar 2016, als Ismaik dort den Rausschmiss von Noor Basha und Markus Rejek forderte (beide kamen auf seinen Wunsch, Basha anstelle von Magath) und den Anhängern das geplante Stadion in Riem ankündigte. Einprägsam war auch die Pressekonferenz die Ismaik mit Peter Cassalette im November 2016 führte, als er die Entlassung von Trainer Runjaic, die Degradierung von Geschäftsführer Eichin bekannt gab und Anthony Power sich vorstellte.

Im Januar 2017 statte er den Löwen einen Zwei-Stunden-Besuch im Trainingslager in Portugal ab. Peter Cassalette war auf Grund mehrmaliger Verschiebung der Ankunft Ismaiks bereits abgereist. Obwohl der Investor immer wieder den Kontakt zu 1860 suchte, gab es auch Phasen, wo er nicht erreichbar war oder sich lange Zeit aus dem Tagesgeschäft raushielt. Als Ismaik im Dezember 2016 mit 24-minütiger Verspätung das Spiel gegen den KSC besuchte, war er neun Monate nicht beim TSV 1860 gewesen. Die SZ schrieb damals: “Die Lage ist ernst, doch im Verein herrscht trügerische Zurückhaltung”. Oder im Juni 2015: “Wochenlang war 1860-Investor Hasan Ismaik abgetaucht, nun meldet er sich vor dem Relegationsspiel gegen Holstein Kiel mit einer Botschaft zurück.”

Die Diskussionsthemen sind seit seinem Einstieg immer die Gleichen: Konflikte mit der Vereinsspitze und die Diskussion rund um 50+1. Als Dieter Schneider zurück trat, schrieb die SZ, dass “die 50+1-Regel (..) faktisch untergraben” wurde: “Damit ist der größte Wunsch des arabischen 1860-Investors Hasan Ismaik in Erfüllung gegangen, der Schneider seit langem loswerden wollte.” Stefan Aigner verlängerte damals seinen Vertrag doch nicht, Begründung das Mobbing von Ismaik gegenüber Schneider. Eigentlich hatte Ismaik mit jedem Präsidenten seine Schwierigkeiten. Zudem mit vielen Funktionären. Das Löwenmagazin hat im Mai diesen Jahres einen Artikel dazu geschrieben. Im Mai 2013 gab Ismaik münchen.tv ein Interview, in dem ihm die Frage gestellt wurde, ob er, wenn er 2011 gewusst hätte, dass er so wenig Mitspracherecht hat, wirklich so viel Geld investiert hätte. Ismaik bzw. sein Übersetzer antwortete: “Wenn er einen guten Partner gehabt hätte, hätte er es noch einmal gemacht. (..) Da er aber keinen guten Partner hat, ist es für jeden Investor ein schwieriger Schritt.” Das war wohlgemerkt vor 10 Jahren. Es hat sich wenig geändert.

Ismaik ab 2017

Der erzwungene Doppelabstieg 2017 brachte einige Nachteile für den Verein mit sich. Nicht nur sportliche, sondern vor allem wirtschaftliche Nachteile. Der TSV 1860 darf sich nicht weiter verschulden und muss jährliche eine Fortführungsprognose erbringen. D.h. die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit muss von einem externen Wirtschaftsprüfer bestätigt werden. Die wohl extremste Folge der Misswirtschaft der Jahre 2011-2017 ( 2011 war der Club nach dem Einstieg Ismaiks erstmal schuldenfrei). Diese Prüfung muss zwingend positiv ausfallen, damit 1860 München weiterhin die Lizenz für die entsprechende Spielklasse bekommt. Dies hatte zur Folge, dass das Präsidium um Robert Reisinger einen Konsolidierungskurs starten musste und keine weiteren Darlehen von Hasan Ismaik mehr annahm. Seitens Ismaik hat sich vor allem eine Sache geändert: Er kommt nicht mehr an die Geschäftsstelle, nicht mehr ins Stadion und war seitdem nur selten in München. Was sich nicht geändert hat, ist seine Einflussnahme im Club. Ismaik installierte Anthony Power als seinen Statthalter und trotz der MAN-Affäre auch Saki Stimoniaris. Er selber kommuniziert weiterhin regelmäßig über Facebook, durch Interviews in Printmedien und wenige Fernsehinterviews.

Im Mai 2023 gab er der Abendzeitung ein Interview mit dem Titel “Ich bin nicht das Problem”, in dem er die 50+1-Regel als “offensichtliche Gefahr” bezeichnet und die Funktionäre kritisiert: “Das Scheitern ist Ausdruck ihrer Inkompetenz.” Im zweiten Teil dieses Interviews fordert er die Abschaffung der 50+1-Regel und meint erkannt zu haben, worum es bei 1860 München wirklich geht: “Das Wichtigste ist, dass der Verein in die Bundesliga aufsteigt, damit wir ein Vermächtnis schaffen können, an das man sich erinnert.” Dies war auch das Interview indem er die Zeit, in der Anthony Power Geschäftsführer der KgaA war, als “erfolgreichste Amtszeit” bezeichnete (Abstiegssaison 2017). Dieses Interview schlug hohe Wellen und brachte viel Unruhe in den Verein. Eigentlich wie immer, wenn der Gesellschafter Ismaik Interviews gibt. Ismaik kritisiert in regelmäßigen Abständen, ohne Lösungsansätze zu liefern. Das ist einfach und hat mit Rückzug nichts zu tun. In die gleiche Kerbe schlagen die Interviews im November 2019 (“Investor Ismaik wütet gegen 1860”) in dem er die Fans mit der DDR vergleicht, im August 2019 (“Ismaik: Rassismus-Vorwurf gegen Löwen-Bosse) in dem er Funktionäre des TSV 1860 als Rassisten bezeichnet oder seine Äußerungen im Februar 2023 in dem er den Mythos befeuert, die Entlassung von Michael Köllner hätte unter dubiosesten Umständen stattgefunden und müsste lückenlos aufgeklärt werden.

Neben Interviews wird Ismaik aber auch aktiv. Als Timo Gebhart nach seiner Verletzung nicht wieder richtig fit werden wollte, finanzierte er für ihn ein individuelles Trainingslager in Dubai. Als der TSV 1860 München Meister der Regionalliga Bayern wurde reiste er nach München und ließ sich mit Peter Cassalette, Saki Stimoniaris und seinem Bruder Yahya in Meister-T-Shirts fotografieren. Am 07.11.2019 traf er in einem Münchner Luxus-Hotel Vertreter der ARGE und forderte auf, man müsse 1860 von den “Fesseln von Pro1860 befreien”. Einen Treffen mit dem Präsidium gab es genauso wenig, wie einen Besuch an der Geschäftsstelle oder im Stadion. Als Daniel Bierofka im November 2019 zurück trat, reiste Ismaik nach München um ihn umzustimmen – ohne Erfolg und ohne weitere Treffen mit Funktionären der Löwen. Michael Köllner lernte er während der Weltmeisterschaft in Katar kennen. Als er wegen sportlichen Misserfolg in der Kritik stand, reiste Ismaik im Januar 2023 nach München, um ihm eine Jobgarantie auszusprechen und gleichzeitig Günther Gorenzel seine Meinung zu geigen.

Weiterhin versucht Hasan Ismaik die 50+1-Regel zu attackieren. Im Juni 2017 veröffentlichte die Sport-Bild, dass Ismaik gegen die Regel klagen möchte. Über Facebook informierte er selbst: “Heute habe ich mich entschlossen, die Klage gegen diese aberwitzige 50+1-Regel einzureichen.” Am 2. Dezember 2022 forderte er erneut ein “Überdenken der 50+1 Regel”. In der Tat schaffte er es die finale Abstimmung der Clubs über 50+1, die im November hätte stattfinden sollen, zu verhindern. Er stellte einen Befangenheitsantrag gegen einen Mitarbeiter des Bundeskartellamtes, der gleichzeitig Fan von Eintracht Frankfurt und Gegner der 50+1-Regel sein soll. Ein neuer Termin für die Abstimmung wird erst im neuen Jahr terminiert. Im oben angesprochenen interview von München.tv aus dem Jahr 2013 wird klar, dass Hasan Ismaik bei seinem Einstieg die 50+1-Regel entweder nicht kannte oder nicht verstanden hat. Einer der zentralen Streitpunkte ist und bleibt die Tatsache, dass ein Investor in Deutschland durch 50+1 keine finalen Entscheidungen treffen kann. Eine Tatsache, die Ismaik nicht akzeptiert will. Es gilt im deutschen Fußball eben nicht das Prinzip “Wer zahlt schafft an”.

Facebook und seine Statthalter

Hasan Ismaik postete seit dem 1. Juli 2017 auf seinem Account @ismaik1860 672 Posts. Dort berichtet er beispielsweise von seinen Besuchen in München oder gibt öffentlich vereinspolitische Statements. Er postet Fotos, macht Werbung für seine Interviews. Er bekräftigt sogar, dass die sozialen Medien seine offiziellen Kommunikationswege sind. Und so kritisiert er dort die Ultras, die sportliche Führung, gibt seine Meinung zum Grünwalder Stadion ab oder erklärt warum er “seit Jahren auf den persönlichen Dialog verzichte.” Er habe in den “Anfangsjahren immer an stundenlangen Besprechungen” teilgenommen, die ohne Ergebnis blieben.

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Ismaik hat insgesamt vier Vertreter vor Ort in München. Dazu kommen noch Anwälte. Dadurch nimmt er natürlich viel Einfluss, ohne selbst anwesend zu sein. Als Statthalter werden ab 2017 immer wieder Merchandising-Chef Anthony Power und Aufsichtsratsvorsitzender Saki Stimoniaris genannt. Statthalter gab es in dieser Form vor dem Doppelabstieg nicht. Weiterhin sitzen im Aufsichtsrats sein Bruder Yaha Ismaik und Anwalt Andrew Livingston. Durch den Vorsitz im Aufsichtsrat, das Gremium welches die finanziellen Mittel für die Löwen frei gibt, hat HAM die Mehrheit. Während Yaha Ismaik und Andrew Livingston kaum öffentlich in Erscheinung treten, sind Anthony Power und Saki Stimoniaris um so aktiver. Anthony Power postete eine Zeit lang auf Instagram Sprüche wie z.B. “I'm not going any where Im not gonna be The new Mr. Resigner”, “Now the Idiots have taken over” oder “Not for Sale”. Saki Stimoniaris gibt regelmäßig Interviews. Im September 2023 sprach er mit der BILD. Dort kritisierte er Robert Reisinger stark und warf ihm einen Alleingang in Bezug auf Horst Heldt vor. Im Juli gab er der Abendzeitung Auskunft und sprach über die Zusammenarbeit der Gesellschafter, über Hasan Ismaiks nicht vorhandene Blockadehaltung und dass er dabei sei, ein Treffen zwischen Ismaik und dem Präsidium zu organisieren. Gerne nutzt Stimoniaris als Kommunikationsplattform den kommerziellen Blog “dieblaue24”. Im November diesen Jahres gab er dort ein Interview mit dem Titel “Schmidt hat Behauptungen aufgestellt, die nicht der Wahrheit entsprechen.” Im April 2023 gab er ein exklusiv-Interview und füttert die Mär, er könne als Aufsichtsratsvorsitzender nichts entscheiden: “Wenn sie nichts zu entscheiden haben, können sie auch nichts korrigieren.” Im Juni 2019 nimmt er am virtuellen db24-Stammtisch teil und im Mai 2023 an einer Podiumsdiskussion des Blogs.

Zurückhaltung sieht anders aus

Die Behauptung Hasan Ismaik hat sich zurückgezogen ist falsch. Er wirkt wie eh und je. Nur auf einem anderen Weg als vor 2017. Allerdings nicht viel geschickter. Er versuchte zwischen 2011 und 2017 vor allem selbst in München die Fäden zu ziehen, seitdem tun dies seine Vertreter vor Ort: Power und Stimoniaris. Mit ähnlicher medialen Wirkung. Interviews und Statements gibt er weiterhin selbst genügend. Genauso falsch ist die Behauptung wegen 50+1 könne Hasan Ismaik nichts entscheiden. Die diesjährige Erhöhung des Sportbudgets wurde einzig durch die Vertreter von HAM positiv beschieden und durch den Aufsichtsratsvorsitzenden Stimoniaris bestätigt.

Die offensichtlich falsche Behauptung, Ismaik könne nichts tun und hat sich zurück gezogen, dient unserer Meinung lediglich als politisches Instrument, um die Konfrontation gegen den Mutterverein weiter zu verschärfen.

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