Wenn es um den Umgang mit Investoren aus dem arabischen Raum geht, dann spielen häufig religiöse Traditionen und Werte des Islams eine Rolle. Anders als in westlichen Ländern, wo es eine klare Trennung nicht nur zwischen dem Staat und der Religion, sondern auch im Hinblick auf die Wirtschaft gibt. Der islamische Prophet Mohammed soll laut der Historie lange Zeit als Kaufmann gearbeitet haben. Handel, Verträge und Zinsen spielen im Koran deshalb eine wichtige Rolle. Vor allem die Zinsen werden dabei heftig diskutiert. Denn für strenggläubige Moslems sind sie verboten. Der Münchner Merkur hat nun eine promovierte Islamwissenschaftlerin im Hinblick auf den Umgang des TSV 1860 München mit Hasan Ismaik interviewt. Doktor Gabi Kratochwil ist Expertin für interkulturelle Kommunikation und Autorin des Bestsellers „Business-Knigge: Arabische Welt“.
Die Islamwissenschaftlerin verfolgt das Geschehen bei den Löwen. „Der Sport hat ja grundsätzlich etwas Völkerverbindendes, wenn ich das mal so pathetisch sagen darf. Schwierig wird’s halt oft beim Miteinander, weil unterschiedliche Erwartungen aufeinanderprallen, unterschiedliche Arbeitsweisen und Kommunikationsstile.“ Das Verhältnis zwischen dem Investor und den Löwen ist stark angespannt. Das lässt sich ihrer Meinung nach reparieren. Weil ihrer Meinung nach der jordanische Investor ein „genuines Interesse“ hat, sich in einem solchen Traditionsverein einzukaufen. Folglich habe er auch Interesse daran, dass es läuft. Es ist ein Prestigeobjekt. Die Marke „Deutscher Fußball“ stehe in der arabischen Welt ganz weit oben. Sie geht davon aus, dass Ismaik stolz darauf ist, sich in einem großen deutschen Verein eingekauft zu haben.
Um eine Kooperation zwischen den Funktionären und dem Investor für beide Seiten erfreulich zu gestalten, sei es wichtig, eine persönliche Beziehungsebene aufzubauen. „Dass man auf hierarchisch gleichrangiger Stufe – hier arabischer Investor, dort deutscher Vereinspräsident – einen guten, soliden Kontakt pflegt.“ Klein machen sollte sich der Verein nicht. „Der Geldfluss ist das eine, auf der anderen Seite gibt es aber eine hochwertige Gegenleistung. Man hat ja was zu bieten, nämlich den Traditionsverein 1860. Das ist ein Pfund.“
Kratochwill empfiehlt, den Investor marketingtechnisch einzubinden. „Warum machen Sie nicht mal ein Sportcamp in Abu Dhabi? Ein Kinder- oder Frauensportprogramm?“ Frauen seien auf dem Vormarsch in der arabischen Welt.
Dass Ismaik keine weitere Gesprächsbasis im Hinblick auf die Kapitalerhöhung sieht, ist eher eine Einladung zur Verhandlung, keine endgültige Abfuhr. „Ich denke, man vergibt sich nichts, mal hinzufliegen und gemeinsam zu erörtern: Wie gestalten wir unsere Zukunft?“
Das Interview des Münchner Merkur / der tz München
„Absolut die falsche Strategie, sorry!“ – Löwen schlagen die Hand, die sie füttert