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Inside 1860: Als Uli Hoeneß dem TSV 1860 den Investor Hasan Ismaik vermittelte

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Die letzte Podcast-Folge von “INSIDE 1860” der Süddeutschen Zeitung beschäftigt sich mit dem TSV 1860 München als Mieter in der Allianz Arena, dem Nutznießer FC Bayern München und mit Uli Hoeneß, der den Löwen Hasan Ismaik vermittelte. Wir werfen einen Blick auf die letzte Folge des Podcasts.

2006 hat der TSV 1860 München den “alles entscheidenden Elfmeter verschossen”, meint die Süddeutsche Zeitung in ihrem Podcast “INSIDE 1860 – Die Löwen, die Arena & das Geld“. Eigentlich wäre es die Chance gewesen, so die beiden Journalisten der überregionalen Tageszeitung. Die Löwen besaßen 50 Prozent der Allianz Arena. Und mit diesen Anteilen wäre man für einen Investor besonders attraktiv gewesen. Mit einem potentiellen Aufstieg in die 1. Bundesliga und der Allianz Arena im Nacken wäre es ein durchaus interessantes Investment – zum damaligen Zeitpunkt. Doch es kam anders …

Stefan Ziffzer und der Verkauf der Allianz Arena-Anteile

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1860-Geschäftsführer Stefan Ziffzer verkauft die Anteile der Löwen an der Allianz Arena für gerade mal 11 Millionen Euro. Ziffzer, der in seinem Wikipedia-Eintrag nicht nur als Sportfunktionär, sondern als “deutscher Sanierer” bezeichnet wird. Für den FC Bayern München der wohl beste Deal aller Zeiten. Gleichzeitig vereinbart der Geschäftsführer einen Mietvertrag für den TSV 1860 München, der die Löwen komplett überlastet. Mit zunächst über 7 Millionen Euro Zahlungen pro Jahr, später dann mit immerhin noch über 5 Millionen.

Ein derart schlechter Deal, dass ein Geschäftsführer der Löwen später vor Gericht zieht und die Mietverträge als “sittenwidrig” bezeichnet. Das Gericht gibt zu, dass die Verträge nicht vorteilhaft für den TSV 1860 München sind. Am Ende wird vor Gericht jedoch entschieden, dass daran Sechzig selbst schuld ist. Man habe den Vertrag schließlich so unterzeichnet.

Ziffzer und der Verkauf des Rückkaufsrecht

Bis 2010 hatte der TSV 1860 München die Option, die Anteile zurückzukaufen. Es gab in den Verträgen ein Rückkaufsrecht. “Ziffzer hätte also in aller Ruhe einen Investor suchen können”, meint Markus Schäflein von der Süddeutschen Zeitung. Genauer gesagt vier Jahre. “Seelenruhig” verkauft Ziffzer allerdings im Jahr 2008 auch noch das Rückkaufrecht an den FC Bayern München. “Weil”, so habe Ziffzer es den Journalisten von der SZ erklärt, “ihn der FC Bayern München darum gebeten hätte”. Uli Hoeneß widerspricht dem gar nicht. Er erklärt, er habe damals nicht geglaubt, dass die Löwen überhaupt das Geld hätten, um als vollwertiger Partner zurückzukehren. Deshalb habe er darum gebeten. Damit Sechzig den “finanziellen Klotz” endlich komplett weg hat.

Dem FC Bayern gehörte die Arena danach entgültig alleine, man konnte von den Löwen Miete verlangen und man konnte zwei Jahre früher Umschuldungs-Maßnahmen durchführen. Wie die Süddeutsche Zeitung weiß, konnte der FC Bayern damit deutlich günstigere Zinsvereinbarungen mit den Banken aushandeln. Die Miete der Löwen war eine zusätzliche Sicherheit für Hoeneß’ Klub aus der Säbener Straße. Das alles wusste Stefan Ziffzer, der Geschäftsführer des TSV 1860 München. Aber warum nutzte er das Wissen nicht im Sinne der Löwen? Warum verscherbelte er nicht nur die Anteile an der Allianz Arena, sondern auch das Rückkaufsrecht? Die Anteile für 11 Millionen. Das Rückkaufrecht für 1,2 Millionen Euro!

Ziffzer und der FC Bayern München

“Man fragt sich im Nachhinen schon, hat Ziffzer damals tatsächlich die Interessen von Sechzig vertreten?”, fragt Schäflein von der SZ. “Oder nicht vielmehr die vom FC Bayern?” Selbst der damalige Münchner Oberbürgermeister, Christian Ude, meint gegenüber der Tageszeitung, er habe nie gewusst, welche Interessen Ziffzer tatsächlich verfolgt habe. Ein gewisses Grund-Misstrauen hatte Ude vor allem auch, weil Ziffzer früher mal bei der Kirch-Gruppe gearbeitet hatte. “Ich hatte mit Ziffzer nie ein vertrauensvolles Verhältnis”, meint der ehemalige Oberbürgermeister der Landeshauptstadt.

Die Kirch-Gruppe war ein Münchner Medienunternehmen. Zu ihr gehörten damals SAT1 und Premiere World. Die hatten 1999 den Zuschlag für die Vermarktung der Bundesliga bekommen. Die Bundesligisten bekamen pro Saison 4 Millionen DM plus Prämien je nach Tabellenplatz. Mit dem FC Bayern München, das kam ein paar Jahre später heraus, hatte man allerdings einen Geheimvertrag. Der FCB kassierte 42 Millionen für eine “exklusive Zusammenarbeit”. Dieser Geheimvertrag liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Unterschrieben wurde er von Karl Hopfner, dem damaligen Finanz-Vorstand des FC Bayern, von Uli Hoeneß und von …, eben genau diesem Stefan Ziffzer.

Ein Deal, der extrem schlecht für alle anderen Bundesligisten und deshalb wohl auch geheim war. Heute möchte Ziffzer gegenüber der SZ darüber nichts mehr sagen.

“Ziffzer und der FC Bayern hatten also schon eine gemeinsame Leiche im Keller”, so die SZ-Journalisten in ihrem Podcast.

Ziffzer und die Klausel in seinem Vertrag als 1860-Geschäftsführer

Jahre später trifft man sich wieder. Der FC Bayern und Ziffzer. Um die Anteile an der Allianz Arena abzuwickeln. Ein Verkauf, der für den TSV 1860 München unfassbar ungünstig war und für den FC Bayern der Deal schlechthin. Es ist ein zentraler Punkt. “Was ist da gelaufen zwischen dem FC Bayern und Stefan Ziffzer?”, fragt Journalist Schneider. Deshalb fragt man bei Hoeneß noch einmal nach. Ja, Karl Hopfner und Stefan Ziffzer kannten sich natürlich, meint Hoeneß und “deswegen war es auch sehr hilfreich, diese Nacht-und-Nebel-Aktion über die Feiertage zu machen”. Ziffzer hatte gemeint, er müsse am Dienstag zum Gericht, um Insolvenz anzumelden. Der FC Bayern und Ziffzer hätten dann diese Lösung gefunden. Sechzig konnte weiterspielen. Weil Ziffzer die Anteile an den FC Bayern München verscherbelte.

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Und man einigte sich noch auf etwas. Auf Druck des FC Bayern sollte Ziffzers Vertrag bei den Löwen verlängert werden. Das bestätigt auch der damalige Aufsichtsrat Christian Waggershauser der Süddeutschen Zeitung. “Und zusätzlich wurde festgeschrieben”, so Journalist Schneider, “dass er als Geschäftsführer von Sechzig nicht einfach so entlassen werden darf, sondern nur aus wichtigem Grund!” Die SZ stellt sich die Frage: “Warum also hat der Geschäftsführer von Sechzig eine Klausel im Vertrag, die besagt, dass er ohne triftigen Grund nicht entlassen werden konnte?” Die Journalisten mutmaßen, dass damit Ziffzer der garantierte Ansprechpartner war, für mögliche externe Investoren. Und tatsächlich soll Ziffzer nach 2006 immer wieder aufgefordert worden sein, einen Investor für den Rückkauf der Stadionanteile zu finden. “Aber er hat es einfach nicht gemacht”, so Schäflein von der SZ. Hoeneß erinnert sich sogar an diese Klausel. Der FC Bayern hatte dann einen “Ansprechpartner, dem man einigermaßen vertraut”. Einer, der es aus dem Geschäftsbetrieb heraussieht und nicht auch noch versucht Politik zu machen, so Hoeneß aus seiner heutigen Sicht.

Dass einige Ziffzer deshalb als U-Boot des FCB bezeichnen, wirft Hoeneß süffisant zur Seite. Ziffzer als Geschäftsführer bei den Löwen, das haben sie schon selbst gemacht. Da hat der FC Bayern nichts damit zu tun. “Und ich bin totsicher, dass niemand von uns wusste, dass Ziffzer überhaupt mit Sechzig verhandelt”. Heute, 13 Jahre später, arbeitet Ziffzer übrigens für den FC Bayern. Bei den Basketballern des FCB. “Ja, so als beratende Funktion bei der Basketball-Abteilung”, meint Hoeneß.

Der FC Bayern und die “reine Menschenliebe” für Sechzig

Uli Hoeneß hat wenig Verständnis für die Kritiker, die meinen, dass die Verkaufssumme damals viel zu niedrig war. “Wir waren ja total überrascht, dass die Situation so dramatisch war”, meint Hoeneß. “Und wenn der FC Bayern an diesem legendären Wochenende nicht eine Lösung gefunden hätte”, […], “dann wäre Sechzig am Dienstag zum Insolvenzgericht gefahren. Und dann hätten sie irgendwann wieder in der 5. Liga angefangen. Das ist Fakt.” Zur Erinnerung: die Lösung war: 1860 verkauft die Anteile an der Arena komplett an den FCB.

2010 taucht in München ein Gerücht auf. Die Bayern seien eine Bürgschaft für die Löwen eingegangen. Dementiert wird es nicht. Und 2011 will der FC Bayern den Löwen erneut helfen. Bei den Löwen droht wieder die Insolvenz. Der FC Bayern will mit eigenem Geld den Sechzgern helfen. Die Idee: der FC Bayern leiht der Bayerischen Landesbank Geld zu 2 Prozent Zinsen. Die Landesbank wiederum leiht dem TSV 1860 München genau dieses Geld für 4 Prozent Zinsen. Die perfekte Verschleierung des Ursprungs des Geldes, so die Süddeutsche Zeitung. Es gibt unterschiedliche Versionen, warum dieser Deal nicht zustande kam. Ex-Oberbürgermeister Ude spricht von einem “faulen Kredit”. Aber was hatte Hoeneß für ein Interesse daran, Sechzig am Leben zu erhalten?

Entweder knallhartes finanzielles Interesse oder aber Mitleid mit den Löwen, so die zwei Möglichkeiten aus Sicht der Süddeutschen Zeitung. “Es war reine Menschenliebe”, behauptet Hoeneß an einer Stelle. Da ist immer ein bisschen Vorsicht geraten, wenn von Menschenliebe gesprochen wird, so die Süddeutsche Zeitung. Mit dem Hoeneß habe das gar nicht mal was zu tun.

Subventionen und die Erbpacht für die Allianz Arena

In jedem Fall hatte der FC Bayern durchaus ein hohes Eigeninteresse, den TSV am Leben zu erhalten. Zum einen wegen den Subventionen. Davon profitierte man nur, weil auch der TSV 1860 München in der Allianz Arena spielte. Es geht um mehr als 200 Millionen Euro. Ohne Sechzig wäre es mit dem EU-Recht ziemlich kritisch geworden. Und die EU-Kommission kann sich solche Fälle auch später noch anschauen und für rechtswidrig erklären. Erst nach zehn Jahren verjährt die allgemein gültige Frist. Im extremsten Fall hätte der FC Bayern das Geld zurückzahlen müssen. Mittlerweile ist die Verjährungsfrist vorbei und “Schnee von gestern”. Und die Löwen auch nicht mehr in der Allianz Arena.

Dr. Martin Runge ist in der Fraktion der Grünen im Bayerischen Landtag. Er spricht einen weiteren Punkt an. Das Grundstück, auf dem die Allianz Arena steht, gehört der Stadt. München hat das einstige Gewerbegebiet in ein Sondernutzungsgebiet umgewandelt und damit das Grundstück drastisch entwertet. Der FC Bayern zahlt demzufolge eine deutlich geringere Pacht. Eine halbe Million zahlt der FCB, es hätten aber wohl 2,5 Millionen pro Jahr sein müssen. Das läuft laut Runge bis 2090. Ärgerlich, “weil der FC Bayern nicht wirklich am Hungertuch nagt”, so der Politiker. Die Stadt München lässt sich demzufolge Millionen von Euro entgehen. Zugunsten des FC Bayern München und dessen Allianz Arena. Hätten die Löwen nicht mitgemacht, hätte es das alles nicht geben.

Der TSV 1860 München als Mieter

100 Millionen Euro hat der TSV 1860 München zur Allianz Arena selbst beigesteuert. Und damit im Endeffekt dem FC Bayern München die Allianz Arena mitfinanziert. Zum einen das Catering. Die Süddeutsche Zeitung kommt auf 2 Millionen Euro pro Jahr, was bei 12 Jahren insgesamt 24 Millionen Euro sind. Für die Business-Seats gingen 3 Millionen Euro an die Stadion GmbH, ab 2008 war es dann noch 1 Million Euro. Insgesamt sind das 18 Millionen für 12 Jahre. Für die Werbefreiheit in der Arena zahlte Sechzig als Mieter ebenfalls ordentlich Geld. Eine Million pro Jahr. Dafür, dass man die eigenen Sponsoren präsentieren kann. Zehn Prozent der Zuschauereinnahmen pro Spiel gingen ebenfalls an die Stadion GmbH. Hier kann man nur Schätzungen abgeben. Und Einnahmen? Hatten die Löwen kaum. Zum einen, weil die Einnahmen für die VIP-Longen ebenfalls an die Stadion GmbH gingen und auch die Allianz Arena zahlte für die Namensrechte stets nur an die Stadion GmbH. 1860 als Mieter hatte davon, obwohl er mit seinen Spielen in der 2. Bundesliga durchaus auch Werbeträger war, nichts. Ja, der FC Bayern und seine Stadion GmbH haben durchaus auch profitiert, wenn die Löwen gespielt haben. Sechzig gegen Dresden zum Beispiel, meint Hoeneß. Ein Spiel mit vielen Gästen und hoher Werbewirksamkeit. “Und viele Firmen auch von Bayern, die hatten durchaus auch Vertragspartner aus den Zweitliga-Vereinen”. Wäre 1860 früher weggefallen, hätten wohl auch einige Longen-Besitzer Anspruch auf eine vertragliche Anpassung gehabt.

Der FC Bayern München profitierte vom TSV 1860 München als Mieter in einem immensen Umfang. Die Löwen Pleite zu sehen, das hätte Hoeneß und seinem Klub aus der Säbener Straße sicherlich aus mehreren finanziellen Perspektiven nicht gepasst. Die potentielle Rückzahlung von Subventionen war 2011 noch immer eine Art Damokles-Schwert. Zumindest ein paar Jahre musste Sechzig also durchhalten.

Wie Hoeneß den Löwen Ismaik vermittelte

“Hat der eigentlich wirklich richtig Geld”, fragte Uli Hoeneß durchaus ein wenig frech als das Thema auf Hasan Ismaik zusteuert. “Ich hab keine Ahnung”, meint Hoeneß nach einer kurzen Pause und es klingt, als würde er in sich rein lachen. Dann wird er ernst und wiederholt. “Ich hab keine Ahnung. Das ist für uns auch soweit weg. Da musst du Insider sein”.

Reden wollte Ismaik mit den Machern des Podcasts übrigens nicht.

Wie konnte überhaupt jemand gefunden werden, der die Löwen rettet? Und im Endeffekt dem FC Bayern München hilft, seine Arena weiter abzubezahlen? Es ist eine alte Spur, der die Reporter der Süddeutschen Zeitung nachgehen. Sie führt wieder zu Hamada Iraki. Damals ein Investmentbanker der Unit Credit Bank, der für Großkunden im arabischen Raum zuständig war. Mit den Kunden aus arabischen Ländern war er oft bei Spielen des FC Bayern München. In den Logen der Allianz Arena. Hamada Iraki hat bei Dieter Schneider, dem damaligen Präsidenten des TSV 1860 München angerufen.

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Wie kam dieser Kontakt überhaupt zustande? “Den Hamada … den habe ja auch ich denen besorgt”, meint Hoeneß. “Der rief mich eines Tages an und meinte, Sie, Herr Hoeneß, ich habe da so einen Investor. Wen muss ich denn bei Sechzig ansprechen? Da hab ich ihm die Vermittlung mit Schneider gemacht!” Und Präsident Schneider ist aus allen Wolken gefallen, so die Frage der Journalisten. “Das weiß ich nicht”, meint Hoeneß und lacht: “Ich habe ihm nur gesagt, da gibt es einen. Und den würde ich euch gerne zukommen lassen. Macht das mal.”

Nachtrag: mittlerweile gibt es von der Süddeutschen Zeitung auch einen Artikel unter “Da gibt’s einen, der möcht’ euch Geld zukommen lassen

Titelbild:(c) imago/sportfotodienst

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