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Immer Ärger mit dem Investor

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Fragt man diverse Fußballexperten, gibt es fast nur eine Meinung … Ohne Investoren wird auf kurz oder lang kein Fußballklub hochklassig spielen und gar existieren können. Bei Klubs wie TSG Hoffenheim oder RB Leipzig scheint es ja auch gut zu funktionieren.

Als SAP-Mitbegründer Dieter Hopp 1990 entschied, in TSG Hoffenheim zu investieren, befand sich der Verein durchgehend in der Unterklassigkeit und es dauerte volle 11 Jahre, bis Hoffenheim den Aufstieg in die Regionalliga schaffte und weitere 7 Jahre bis zum Aufstieg in die 1. Bundesliga.
RB Leipzig ist dagegen ein 2009 neu gegründeter Verein der RedBull GmbH, der durch das Startrecht des SSV Markranstädt in der fünftklassigen Oberliga Nordost die Spiellizenz erhielt und dadurch die Auflagen des DFB umging. Ursprünglich nahm Red Bull Kontakt zu den Fußballvereinen FC St. Pauli, TSV 1860 München und Fortuna Düsseldorf auf. Für Investitionen in einen Verein verlangte RedBull eine Mehrheit von 50+1 Prozent sowie eine Änderung des Vereinsnamens, des Vereinswappens und der Vereinsfarben. Da alle drei Vereine die Forderungen von RedBull nicht akzeptierten, landete RedBull beim FC Sachsen Leipzig. Hier scheiterten sie jedoch am DFB. Deshalb war auch der Umweg über SSV Markranstädt nötig. Acht Jahre später spielt nun auch RB Leipzig in der höchsten deutschen Liga.

Was verbindet diese beiden Vereine?
Zweifelsohne eine professionelle Arbeitsweise, welche man ihnen (ob man sie mag oder nicht), nicht absprechen kann. Was aber beide davor nicht besessen haben, ist Tradition und Fangemeinde. Retortenvereine halt.
Sie mögen ein gutes Beispiel dafür sein, dass Investoren im Fußball gleichzeitig auch Erfolg bedeuten. Sie sind aber auch eher die Ausnahme.

Augen auf bei der Investorenwahl

Auch der TSV 1860 hat sich 2011 durch den drohenden finanziellen Absturz gezwungen gefühlt, sich dem Investor Hasan Ismaik in die Hände zu geben. Ein Mann, den niemand kannte, von dem man eigentlich nichts wusste. Was daraus geworden ist, wissen wir. Ein Traditionsverein im Kampf um den Erhalt der eigenen Identität, der eigenen Stimme und gleichzeitigem Streben nach sportlichem Erfolg, der sich nicht einstellte. Und eine gespaltene Fanschaft.

Über den Löwen-Investor und all den vergangenen Geschichten will ich an dieser Stelle nicht schreiben. Ich möchte auf einen weiteren Verein den Blick richten, der sich derzeit in seinem eigenen >Investoren-Chaos< befindet und mich irgendwie erschreckend an 1860 erinnert. Jahn Regensburg.

Im Juni diesen Jahres wurden an die im Mai gegründete Global Sports Invest AG 90 Prozent der Kommanditanteile vom SSV Jahn Regensburg GmbH & Co. KGaA verkauft. Diese gehörten zu diesem Zeitpunkt der BTT Bauteam Tretzel GmbH (die in die Regensburger Korruptionsaffäre verstrickt ist). Der 31-jährige Philipp Schober ist der alleinige Geschäftsführer der AG. Mitspracherecht beim Verkauf hatte Regensburg im Grunde fast keines und so wird es bereits kurze Zeit nach Schobers Einstieg kurios und die Probleme gingen los.

„Ich sage ganz klar: Eine Stadt wie Regensburg mit diesem Einzugsgebiet und dieser Wirtschaftskraft gibt definitiv einen Erstligastandort her!“

Wer Philipp Schober ist, blickt erstmals keiner wirklich durch. Im Internet hat Schober einiges aus seiner bisherigen Vita verschwinden lassen. Wie die Mittelbayerische Zeitung schreibt, habe Schober eine Agentur angeheuert, die die Aufforderung verschicke „unerwünschte Inhalte offline zu nehmen“. Denn der Herr hat viel zu verstecken. Laut Medienberichten, schloss 2015 Mainspo GmbH (Schobers vorherige Firma) mit dem damaligen Zweitliga-Aufsteiger MSV Duisburg einen Vermarktungsvertrag ab. Schober versprach Millionen, der MSV ging aber leer aus und verklagte die Sportmarketingfirma. Auch mit den Würzburger Kickers arbeitete Schober zusammen. Es folgte eine Trennung wegen „Ungereimtheiten bei Schobers Geschäftsgebaren“, wie der Verein mitteilt. Gegen Herrn Schober wird von der Staatsanwaltschaft in mehreren Betrugsfällen und Insolvenzverschleppungen ermittelt.
Natürlich wird seitens Philipp Schober alles dementiert.

Verein und Fans wehren sich

Ultras Regensburg
Foto: Ultras-Regensburg.de

Den neuen Investor wollte und will in Regensburg keiner haben. Nicht der Verein, nicht die Sponsoren und auch nicht die Fans. Der Verein lehnt bis dahin vehement und öffentlich jede Zusammenarbeit mit Herrn Schober ab und sucht nach einer Möglichkeit die Anteile wieder zurück zu erwerben. Das geht natürlich nur, wenn auch der Investor das will. Doch der Investor hat an einem Verkauf kein Interesse. „Unser Mandant hat die Anteile rechtswirksam erworben mit dem Ziel, diese langfristig zu halten. Es besteht für unseren Mandanten derzeit keinerlei Veranlassung, diese wieder zu verkaufen.“, so Schobers Anwälte. Auch über die Gründung einer neuen KGaA wird seitens Jahn Regensburg nachgedacht.

„Unserem Mandanten liegen die Fans des SSV Jahn sehr am Herzen. Unser Mandant wird die unzutreffenden Behauptungen um seine Person in der nächsten Zeit aufklären und sieht einer Zukunft als Investor beim SSV Jahn positiv entgegen“

Flayer Regenburg
Foto: Krenz (veröffentlicht in Mitteldeutschen Zeitung)

In der Zwischenzeit werden auch Jahns Ultras aktiv und veröffentlichen bereits Anfang Juli den offenen Brief „Stop! Finger weg von unserem SSV Jahn!“, in dem sie ihre Unterstützung für die Vereinsspitze zum Ausdruck bringen und zum Kampf gegen den Investor aufrufen. Auch bei den Heimspielen werden Anti-Investor-Flyer verteilt, in dem zum offenen Boykott aufgerufen wird. „Der SSV taugt nicht als Spielzeug für jemanden, der denkt, mit Geld alles im Leben kaufen zu können. Der SSV Jahn von 1889 mit all seinen Emotionen, all seiner Tradition und all seinen Menschen, die ihn lieben, kann für kein Geld der Welt erobert werden!“, heißt es im Flyer der Ultras Regensburg wörtlich.
Dagegen geht P. Schober nun vor. Laut Mittelbayerischer Zeitung war das Verteilen der Flyer von Jahn-Geschäftsführer Christian Keller genehmigt worden. Schober soll einen Brief geschrieben haben mit der Botschaft, dass er diesen „offenen Boykottaufruf“ nicht hinnehmen werde. Weitere Flugblatt-Aktionen sollten auch unterbunden werden. Außerdem hätten Schobers Anwälte die Deutsche Fußball Liga über die Flyer-Aktion informiert. Dort sollten mögliche Verstöße des Vereins geprüft werden.

Gibt es eine gemeinsame Zukunft mit dem Investor?

Im Moment sieht es nach einer Annäherung der Parteien an. Ein Treffen in einem „höflichen, aber auch intensiven Klima“ hat stattgefunden, berichtete der Vorstandsboss Hans Rothammer der Mittelbayerischen Zeitung, und weitere Gespräche und regelmäßiger Kontakt soll folgen. Anfreunden statt gegeneinander kämpfen.

Mich persönlich erinnert das alles viel zu sehr an unsere eigene Vergangenheit mit unserem eigenen Investor. Kann es bei Jahn gut gehen? Vielleicht.

Doch dies liegt auch in der Hand vom Investor, denn auch wenn es für ihn nur ein Investment ist, für die Fans ist es eine Herzenssache. Ein Fan ist nicht vernünftig, sondern emotional. Ein Fan träumt vom Erfolg, würde dafür aber nicht seine Seele und seine Liebe verkaufen. Ein Fan wahrt seine Identität und Verbundenheit zum Verein, hütet die Tradition. Für ihn ist es kein Spielzeug, kein Geschäft und schon gar nicht ein Projekt oder Experiment. Solange er das Gefühl hat, dass in seinem Sinne und im Sinne des Vereins gehandelt wird, solange der Investor seiner eigenen Liebe zum Verein gerecht wird, ist alles gut.

Das ist die Fußballromantik. Doch diese interessiert einen Investor nicht. Und auch die restliche Fußballwelt immer weniger. Ehrlichkeit, Authentizität und Emotionen bringen niemanden mehr weiter – in einer Welt, wo es um horrende Ablösesummen, ums Eventdenken, Prestige und Geld geht.

Wieviel Moderne verträgt die Tradition? Ich weiß es nicht.

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