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“I bin a Sechzga” – Willi Fischl

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Unsere wöchentliche Serie über Fans des TSV 1860 München zieht sich bereits seit Monaten wie ein blauer Faden durch das Löwenmagazin. Und so manch einer mag sich schon gefragt haben: „Wo is ea“? Es kann keine Serie über Löwen-Fans geben ohne ihn. Es gibt Fußballspiele ohne Tore, leider auch Spiele ohne Zuschauer, aber Löwen-Fans ohne Willi Fischl? Undenkbar. Eigentlich braucht man den Willi gar nicht vorstellen. Jeder im weiß-blauen Löwenkosmos kennt ihn näher, oder weiß zumindest, wer er ist. Der Schal um seinen Kopf ist Programm und wurde im Laufe der Jahre zu seinem Erkennungsmerkmal. Der Fischl Willi ist im wahrsten Sinne des Wortes bekannt wie ein „bunter Hund“. Dabei liegt es ihm fern, seiner selbst Willen aufzufallen. Wenn der Willi morgens aufsteht und einmal nicht arbeiten muss, dann geht es nur um seine große Liebe den TSV 1860 München und allem was dazu gehört.

Wer kennt ihn nicht, Willi Fischl, omnipräsenter Fan des TSV 1860 München.

Von Opas Hand zum Fahnenschwenker

Der Willi ist im Bayerischen Wald in einer eigentlich ausnahmslos „roten“ Familie aufgewachsen. Wäre da nicht der Opa gewesen. Ein weiser Mann mit einer unerschütterlichen weiß-blauen Gesinnung. Es war naheliegend, dass der Opa den Willi einmal mit nach München nehmen würde, um ein Spiel der Münchner Löwen zu sehen. Der Rest ist selbstredend und hat bisher noch bei jedem Bub funktioniert. Fangesänge, Fahnen, Stimmung im Stadion, große leuchtende Augen, „Opa, do muaß i wieda hea.“ Und so war es. Mit seinem Opa und dem dritten Bürgermeister seiner Heimatstadt Regen ging es ein ums andere Mal nach München ins Stadion zu den Löwen. Heute ist Willi Fischl nicht mehr aus der Fan-Landschaft des TSV 1860 München wegzudenken. Für den Verein würde er nahezu alles tun. Wer Hilfe braucht, der Fischl Willi steht parat. Selbst zum Schneeschippen im Grünwalder Stadion ist sich der Willi nicht zu schade. Auch bei den Heimspielen hilft er im Innenraum des Stadions mit und ist Teil der beeindruckenden Riege der Fahnenschwenker auf dem heiligen Rasen des altehrwürdigen Sechzgers.

“Wea is jetzt des neban Fischl Willi?”

Zweimal Schinkennudeln, Herr Schwabl

Auch in Corona-Zeiten ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dir der Willi auf den Straßen Giesings oder am Trainingsgelände über den Weg läuft. Im normalen Ligabetrieb ist es schlichtweg eine Gewissheit, dass dir der Willi vor oder nach dem Spiel über den Weg läuft. Ob bei Heimspielen in Giesing oder auf Auswärtsfahrten in den Stadien der Dritten Liga. Ob im ICE mit den Unternehmern für Sechzig, im Bus des Löwenmagazins oder im Auto neben Vizepräsident Hans Sitzberger, man trifft sich, man freut sich, man respektiert sich. Sein großer Bekanntheitsgrad in der Löwengemeinde resultiert nicht zuletzt aus seinen Mitgliedschaften in 18 verschiedenen Löwenfanclubs. Auch in unserer „Löwenheimat Giesing“ ist der Willi ein gern gesehenes Mitglied. So ist der Willi auf vielen Versammlungen und Veranstaltungen in ganz Bayern zu finden. Selbst Fußball spielt er noch, wenn der Fanclub in Gotteszell jährlich zum traditionellen Turnier bittet. Im Übrigen ein reines Fan-Turnier, bei dem der Spieler schon mal sein Weißbierglas auf den Rasen stellt und noch einmal an der Zigarette zieht, bevor er zur Ausführung eines Elfmeters antritt. Aber auch bei den Spielern des TSV 1860 München ist der Willi bestens bekannt. Mit seiner Baufirma führte er einst einen Auftrag bei Familie Mölders aus. Seit dem sind die Mölders mit dem Willi auch auf einer freundschaftlichen Ebene verbunden. Auf einer ähnlichen Ebene pflegt es der Willi mit dem Präsidenten der SpVgg Unterhaching, Manfred Schwabl, vor den S-Bahn-Duellen um einen Teller Schinkennudeln zu wetten. Bis gestern war ihm Manfred Schwabl noch einen Teller aus der vergangenen Saison schuldig geblieben. Heute sind es schon zwei. Also, Herr Schwabl, Wettschulden sind Ehrenschulden.

Man kennt sich beim TSV 1860 München. Ein Verein zum Anfassen.

Rosa Tütü und Stadionverbot

Welch lustiger Kerl der Willi ist, zeigt auch eine Wette, welche in der vergangenen Saison bei der Auswärtsfahrt nach Meppen seinen Ursprung hatte und im darauffolgenden Heimspiel eingelöst wurde. Während der Willi die Frage nach dem Grund der Wette offen lassen musste, trieb es uns bei dem Wetterlös die Tränen in die Augen. „Wie kommt man auf die Idee, sich bei einem Heimspiel im rosa Tütü auf den Rasen des Grünwalder Stadions zu stellen?“ Ja klar, Wettschulden sind Ehrenschulden. So geschehen beim Heimspiel gegen Hansa Rostock. Bekloppt. Derlei Auffälligkeiten nicht genug, kam es dem Willi im letzten Heimspiel vor der Corona-Pause in den Sinn, den Gästefans aus dem Innenbereich die rote Karte entgegen zu strecken. Der rote Karton war an diesem Tag eigentlich eine Statement gegen Rassismus. Für den Willi war es aber auch die verlockende Gelegenheit, den Gästefans augenzwinkernd zu zeigen, was er vom Gästeanhang hält. Der Schabernack blieb aber nicht unerkannt und so sah sich der Fanbeauftragte genötigt, dem Willi für drei Spiele Stadionverbot zu erteilen. Diese Auflagen dürften aber mit den darauffolgenden Geisterspielen längst getilgt sein.

Bekloppt, aber kann man machen.

Unvergessene Momente

Der Willi hat mit dem TSV 1860 München und seinen Löwen schon alles erlebt. Wenn es aber um ein bestimmtes Ereignis geht, dann denkt er unweigerlich an das Relegationsspiel gegen Holstein Kiel im Anschluss an die Saison 2014/15. Es sind die Geschichten, die nur das Leben schreiben kann. Im letzten Liga-Spiel gegen den Karlsruher SC war Eigentorschütze Kai Bülow noch der Buhmann. Im nervenaufreibenden Relegationsrückspiel war er mit seinem alles entscheidenden Tor in der Nachspielzeit der gefeierte Held. In der Tat ein unvergessenes Spiel, über das man sich gerne immer wieder austauscht. Jeder hat es anders erlebt. Ob im Stadion oder zuhause vor dem Fernseher. Live dabei war Willi Fischl auch am Tag des „Schwarzen Freitag“. Noch heute hat er vor Augen, was da am Trainingsgelände los war. Überall waren Pressevertreter. Der Präsident war längst geflüchtet und die Vizes Hans Sitzberger und Heinz Schmidt mussten sich der Meute stellen. Am Ende war es Gewissheit. „4“. Regionalliga. Auch der Willi wurde von einem Reporter des Radiosenders „Antenne Bayern“ interviewt. Es wäre nicht der Fischl Willi gewesen, hätte er dem Reporter nicht noch etwas auf den Weg gegeben. „Sog dem Nullinger, ea soi ma a Lebakassemme vorbei bringa.“ Ein Gruß an den Leberkäsesemmel liebenden Serienstar des Radiosenders. Auch an einem derart traurigen Tag darf man seinen Humor nicht verlieren. Nach Tagen der Lähmung, ob dieses Negativereignisses Doppelabstieg, war dem Willi klar, dass dem Fan und auch dem Verein doch gar nichts besseres hätte passieren können. Die Spiele der Löwen wurden endlich wieder in der Heimat Giesing im Grünwalder Stadion ausgetragen. Und wer erinnert sich nicht gerne an die Aufstiegsfeier auf dem Candid-Berg zurück? “Ein Wahnsinn”, wie der Willi meint. “An der Silberhorn haben wir gemeinsam mit dem Koussou Bier aus seinen Fußballschuhen getrunken.” Und am Trainingsgelände ging die Party mit den ungeduschten Spielern weiter. Aaron Berzel wurde gar von den Fans vom Blue Adria bis ins Trainingsgelände die Grünwalder Straße runter auf den Schultern getragen. Für den Willi ein unvergessenes Erlebnis. Seiner Meinung nach wurde dem TSV 1860 München und seinen Fans, mit der Rückkehr ins Grünwalder Stadion, ihre Identität wieder zurückgegeben.

Ein Fischl Willi ist nie alleine.

Ein Leben mit den Löwen und allem, was dazu gehört

Wer jetzt glaubt, wieder so ein Fan, der sein ganzes Leben einem Fußballverein verschrieben hat, weil er sonst nichts mit sich und seinem Leben anzufangen weiß, der irrt gewaltig. Es geht nicht nur um 90 Minuten Fußball, um den sportlichen Erfolg. Wenn der Willi morgens aufsteht und es geht mal nicht in die Arbeit, dann freut er sich auf seine Löwenfamilie, auf seine unzähligen Freunde und Bekannte im Löwenkosmos. Auf den Austausch mit Gleichgesinnten, im Stadion, am Grünspitz, am Trainingsgelände, bei der Reserve, der dritten oder vierten Mannschaft, draußen in den Fanclubs, oder eben im Stüberl. Es ist nicht seine Omnipräsenz im Umfeld der Löwen, die den Willi so bekannt macht, es ist sein großes Herz. Ein Löwenherz. Unbekanntem steht man im Leben oft skeptisch gegenüber. Das ist auch gut so. Wenn man aber dem Willi Fischl das erste Mal begegnet ist und das Glück hat, ihn kennenzulernen, dann dauert es nicht lange, bis man sich für seine anfängliche Skepsis schämt. Willi Fischl hat sich nicht dem TSV 1860 München, aber dem Leben mit den Löwen und allem was dazu gehört, verschrieben.

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