Der TSV 1860 München rumpelt sich gerade durch die letzten Spieltage der Saison 2019/20 und der leidensfähige Löwenanhang verfolgt die Geisterspiele mit gehörigem Abstand und gemischten Gefühlen. Ja, manchmal hat man eine Freude an der schönsten Nebensache der Welt und manchmal ist es einfach nur zum Weinen. Wobei unser heutiger Parade-Sechzger Twan Faessen wohl niemals wegen eines Misserfolges der Löwen Trübsal blasen würde. Das von ihm konsequent verfolgte Lebensmotto lautet schlicht und ergreifend, „ein Tag nicht gelacht, ist ein Tag nicht gelebt,“ oder anders ausgedrückt „enjoy life, you only live once“. Twan ist gebürtiger Niederländer, wird aber von den meisten seiner Freunde nur als „Holländer“ tituliert. Twan Faessen ist eine echte Frohnatur. Selbst in Zeiten eines Shutdowns während der Corona-Krise fand der Wahl-Münchner Lösungen, um den Tag und das Leben zu genießen. Wer mit dem Holländer im sozialen Netzwerk Facebook befreundet ist, weiß wovon hier die Rede ist. Hier ein Bild vom Sonnenaufgang auf dem Weg zur Arbeit, da Bilder aus dem Englischen Garten oder aus einem Hinterhof in Schwabing mit dem Nachbarn bei einer gemütlichen Abstandshalbe zum Feierabend. Nicht selten stemmt der trinkfeste Niederländer ein schönes Glas Helles hiesiger Brauereien in die Linse des Betrachters. Ein „Bierdimpfel“* ist der Twan allerdings bei Leibe nicht. Ein frisch Gezapftes im Wirtshaus unter weiß-blauen Löwenanhängern, eine kühles Helles aus der Flasche im Hinterhof mit dem Nachbarn, ist nicht nur beim Twan ein beliebtes Ritual im Rahmen der so wichtigen sozialen Kontaktpflege.
Aber warum lebt ein Holländer in München? Und warum ist der Twan ein Löwenfan geworden? Vielleicht hat er die Frau seines Lebens, eine glühende Anhängerin des TSV 1860 München, auf einer Tulpen- und Gouda-Messe in München kennen- und liebengelernt? Oder er hatte auf dem Weg in den Urlaub einen Motorschaden hinter dem gelben Nummernschild kurz nach Fürholzen und musste seinen Wohnwagen am Standstreifen parken? Als er die nette Münchner Polizistin sah, war es um den Twan sofort geschehen? Nichts dergleichen. Twan Faessen begeisterte sich von Kindesbeinen an für das Ballspiel auf dem grünen Rasen. So traute er seinen Augen kaum, als der Fußballinteressierte im Jahr 1973 von dem Spiel des ihm bis dahin völlig unbekannten TSV 1860 München gegen den FC Augsburg gelesen hatte. Die beiden Gegner oder das eher belanglose Endergebnis von 1:1 waren dabei kaum von Interesse. Dem Twan ging es noch nie um große Mannschaften, um Erfolge, prall gefüllte Vitrinen mit polierten Pokalen. Twan Faessen war schon immer für den Underdog. Und Fußball ist in seinen Augen nur interessant, wenn man im Stadion ist. So konnte es der damals noch junge Niederländer nicht fassen, dass so viele Zuschauer ein Spiel der damaligen Regionalliga-Süd besuchen würden. Wer diesen Wahnsinn am Himmelfahrtstag im Jahr 1973 nicht mehr präsent hat, der sollte den Blick hier noch einmal zurückwerfen und auf das etwas unscharfe Bild klicken (Film ab).
Der Twan wurde neugierig und der TSV 1860 München war für ihn von nun an ein Begriff. Je mehr er über die Löwen las – und an Informationen zu kommen, war in der damaligen Internet-freien Zeit alles andere als einfach – je mehr wollte er über den TSV 1860 München und seinen imposanten weiß-blauen Anhang wissen. Die Jahre vergingen in seinem flachen, vom Anstieg des Meeresspiegels bedrohten, Heimatland. Mit dem Erwachsenwerden verspürte der Holländer das erste Mal Fernweh. Die mittlerweile größer gewordene Zuneigung zum TSV 1860 München war wohl auch mitverantwortlich dafür, dass der Twan eines Tages bei seinem Chef anklopfte und sich nach Veränderungsmöglichkeiten erkundigte. In dem Europa-weit agierenden Unternehmen musste es doch möglich sein, eine Stelle in Deutschland zu bekommen, am besten gleich in München. Und wie es manchmal so ist im Leben, du weißt nicht warum, du weißt nicht wie, aber der Fügung sei Dank, es funktioniert. Und so wurde aus dem Holländer ein Münchner. Ein holländischer Münchner, ganz nahe seiner neuen großen Liebe sein – dem TSV 1860 München. Organisiert ist der Twan bei den Tequila-Löwen-München, denen Twan Faessen als deren Präsident vorsteht. Warum sich ein Fanclub ausgerechnet Tequila-Löwen nennt, könnte einem Trinkritual entsprungen sein. Genaues weiß man aber nicht. Vielleicht erklärt uns der Holländer das noch im Kommentarbereich.
Eine Anekdote hat der Twan aber auf alle Fälle noch für uns. Hat er sich doch in seinem langjährigen Löwendasein, in dem er die Zeit zwischen 1994 bis 1998 als seine Beste sieht, immer auch für Spieler aus seinem Heimatland interessiert. Ja, Gerald Vanenburg ist dem Löwenanhang neben seinem Trainer-Engagement auch als Spieler des TSV 1860 München (1998 -1999) ein Begriff. Der ein oder andere mag sich auch noch an Quido Lanzaat, von 2004 bis 2006 im Löwendress, erinnern. Aber Gerard Schoonewille? Schoone-wer? Das dachte sich auch Twan Faessen und begann, tiefer in die Materie einzutauchen und nachzuforschen.
Gerard Schoonewille wurde 1975 für eine Spielzeit im Kader der Löwen gelistet. In dem während der Corona-Pause veröffentlichten Saisonrückblick auf der offiziellen Homepage des TSV 1860 München wird der Spieler wie folgt beschrieben: „Von der Bildfläche war zu dieser Zeit auch längst wieder ein gewisser Gerard Schoonewille, den die Sechziger zu Saisonbeginn als neuen Regisseur verpflichtet hatten, verschwunden. Der Holländer schlug zwar prächtige 50-Meter-Pässe, aber meist nur aus dem Stand. Laufen und Kämpfen war seine Sache nicht. Es blieb bei acht Einsätzen ohne Tor für die Sechzger.“ Nachdem Twan den aktuellen Wohnsitz von Schoonewille ausfindig machen konnte, fasste er den Entschluss, diesen tatsächlich zu kontaktieren. Mit seinem niederländischen Charme von Landsmann zu Landsmann ist es ihm doch tatsächlich gelungen, eine Rückmeldung vom ehemaligen Löwen-Kicker zu erhalten. Das Ergebnis könnt Ihr hier sehen.
Prost, lieber Twan Faessen und hoffentlich auf Bald. Auf ein großes Stück geteilte Leidenschaft TSV 1860 München und natürlich auf ein kühles Helles unter Löwen-Freunden.
*“Bierdimpfel“ = Bairisch für „gewohnheitsmäßiger, stumpfsinniger Biertrinker, Wirtshaushocker“. Ins Niederländische könnte man das frei mit „Heineken inn onlasting“ übersetzen, oder hast Du, Twan Faessen, eine bessere Idee?