Die Wahrscheinlichkeit dürfte nicht gerade gering sein, dass der TSV 1860 München weltweit der einzige Verein ist, der bei Heimspielen ein „Monster“ unter der Anzeigentafel stehen hat. Na ja, natürlich kein richtiges Monster. Unser „IBAS“ aus der vergangenen Woche bezeichnete ihn als “Monsterchen” und das trifft es schon eher. Sicher nicht von der Erscheinung her. Seine Statur ist groß, imposant und auffällig. Aber sein Gemüt ist herzlich und sein Wesen von Grund auf ehrlich. Den Namen das „60zga Monsta“ hat sich Thomas Neuling augenzwinkernd selbst gegeben. Genauso schelmisch ist auch seine Selbsteinschätzung: „Eigentlich bin ich ja kein richtiger Löwenfan, weil ich keinen Tropfen Alkohol trinke.“
“Wenn es tief unter der Haut kribbelt”
Als Stadiongänger kennt man das “60zga Monsta”. Es ist fast unmöglich an dem Kerl vorbeizugehen, ohne ihn anzusprechen. Auch wenn seine Erscheinung imposant ist, man merkt sofort, welch feiner Kerl sich hinter dem auffälligen Outfit verbirgt. Früher war der gebürtige Recklinghausener selbst aktiver Fußballer. Die Kunst mit dem runden Leder Umzugehen erlernte er in der Jugend bei Dynamo DresdenFußballverein aus der sächsischen Landeshauptstadt Dresden.... Die Liebe zu Sechzig entdeckte der zwischenzeitliche Wahl-Berliner Anfang der Achziger. Seine Lieblingsfarbe war Blau und er fühlte sich schon immer zu den vermeintlichen „Underdogs“ hingezogen. Dies obwohl in seinem Fußballclub nur Andersgläubige in Rot zu finden waren. Bis er nach München kommen sollte, um bei den Löwen live im Stadion zu stehen, sollten aber noch Jahre ins Land gehen. Mit dem Doppelaufstieg unter der Führung von Werner Lorant und Karl-Heinz WildmoserKarl-Heinz war langjähriger Vereinspräsident des TSV 1860 ... Anfang der Neunziger zog es Thomas Neuling immer näher zu den Löwen. Seine eigene Fußballer-Karriere musste er nach einem Kollateralschaden im linken Knie auf respektablem Regionalliga-Niveau leider ad acta legen. Zur Jahrtausendwende war es dann aber endlich soweit. Das „60zga Monsta“ stand erstmals im Stadion bei seinen Löwen. Ausgerechnet beim Derby gegen die Roten. Damals noch im Olympiastadion. Und ja, wer hat noch gleich gewonnen? Im Übrigen das zweite Mal in der gleichen Saison. „Was war das für eine geile Atmosphäre. Wenn man so etwas nicht mitgemacht hat, dann weiß man nicht, wie tief es unter der Haut kribbelt und die Spannung sämtliche Haare aufstellt.“
Familie unter der Anzeigetafel
Für den Thomas ist es das höchste der Gefühle Freunde zu treffen, neue kennenzulernen und sich über Fußball auszutauschen. Im Speziellen über die Münchener Löwen natürlich. Mit dem Doppelabstieg in die Regionalliga-Bayern fand das „60zga Monsta“ schnell seinen Platz im städtischen Stadion an der Grünwalder Straße.
Direkt unter der Anzeigentafel steht er da mit seinen Kumpels. Für ihn sind sie seine Familie. Vom letzten Familienausflug nach Rostock hatte der Ingo Kubitschek im vergangenen „IBAS“ schon berichtet. Thomas war der Fahrer. Klar er trinkt ja keinen Tropfen Alkohol. Auch aus seiner Sicht war alleine die Hin- und Rückfahrt einfach überragend und bis heute unvergessen. Na, in dem „Kli-Kla-Klawitter-Bus“ wäre ich auch gerne dabei gewesen.
Hände Weg, oder ich grinse
Als wäre man tatsächlich selbst dabei gewesen, erzählt uns der Thomas von so mancher Einlasskontrolle ins Stadion. Sein Markenzeichen sind neben dem gelben Trenkwalder-Löwentrikot, die unzähligen Schals, die wie ein Rock um seine Lenden gebunden werden. Da vermutete schon mancher Ordner ein geeignetes Versteck, um etwas verbotenes ins Stadion zu schmuggeln. Das Gesicht eines Ordners hat sich schier in sein Gedächtnis gebrannt. Es war ein besonders heißer Tag und der Thomas wollte trotz Hitze nicht auf seine Schals verzichten. Dann musste es hinter dem Vorhang eben etwas luftiger zugehen. Mit ausgebreiteten Armen stand das „60zga Monsta“ am Einlass und der Ordner waltete routinemäßig seines Amtes. Von oben ging der Tastsinn des Ordners fachmännisch nach unten. Ein Griff hinter die Kulissen und seine Hände lagen auf den nackten Schenkeln vom Thomas. Der Ordner schien etwas anderes erwartet zu haben, nur so ist sein Aufschrei und der erschrockene Blick noch oben zu dem mittlerweile amüsiert grinsenden „60zga Monsta“ zu erklären. Holla die Waldfee, so ein Ordner könnte sicher auch Geschichten erzählen. Das scheint dieser jenige welche Einlass-Hüter im Nachhinein auch getan zu haben. Der Thomas wird beim Einlass in sein Wohnzimmer an der Grünwalder Straße seit dem nur noch sehr sehr selten einer Körperkontrolle unterzogen.
Der Facetten nicht genug
Neben seiner zweitgrößten Leidenschaft, dem TSV 1860 München, geht der Thomas auch dem ein oder anderen Hobby nach. Seine größte Leidenschaft ist natürlich seine Lebensgefährtin, die ihn nicht selten zu den Spielen begleitet. Beide waren schon Gast im Bus des Löwenmagazins. Auch wenn es derzeit nicht danach aussieht, hoffentlich klappt es bald mal wieder mit einer Auswärtsfahrt im LöMa-Bus. Dann wäre auch mal wieder genügend Zeit, über die weiteren Leidenschaften von Thomas Neuling zu sprechen. Da wäre zum Beispiel sein Faible für Fan-Schals. Es ist ja nicht so, dass er sich die bunt gestrickten Erinnerungen nur um seine Hüften bindet. Er sammelt die Dinger aus Leidenschaft. Zuhause zieren unzählige Schals eine ganze Zimmerwand. Zudem gehört Thomas Neuling zur Armbrust-Schützengilde Winzerer Fähndl. Dort im Verein ist er aktives Mitglied. In Wilhelm Tell Manier durfte er im vergangenen Jahr sogar bei der deutschen Meisterschaft mitschießen. Und als wäre es der Facetten nicht genug, betätigt sich der Thomas auch noch als Hobby-Maler. Na langweilig dürfte dir in diesen trüben und Stadionlosen Zeiten nicht geworden sein.
Einmal Latte Macchiato unter die Tafel bitte
Der Thomas weiß etwas mit sich anzufangen. Nichts desto trotz geht ihm das Stadion-Erlebnis und seine Familie unter der Anzeigentafel ab. Endlich wieder die Mannschaft anfeuern, Freunde treffen, neue Freunde kennenlernen und Spaß an den Löwen haben. Aber auch vor dem Fernseher bereiten ihm die Spiele seiner Löwen derzeit viel Freude. So kann es seiner Meinung nach weitergehen. Als sportlichen Erfolg für die Zukunft wünscht er sich nichts Weiteres, als schöne Spiele zu sehen. „Ob Sieg oder Niederlage, Hauptsache die Spieler sind kämpfend vom Platz gegangen.“ Die Zeit wird kommen, in der das Grünwalder Stadion wieder voll mit weiß blauen Schlachtenbummlern sein wird. Solltet ihr zufällig in der West stehen, dann schaut doch mal rauf unter die Anzeigentafel zum Thomas und seiner Familie. Und wenn ihr daran denkt und es schafft, dann nehmt unserem Abstinenzler einen echten Latte Macchiato mit. Das italienische Heißgetränk gibt es im Stadionverkauf nicht. Für das „60zga-Monsta“ ist dies ein „Running-Gag“, eine Wette unter seinen Anzeigetafel-Spezln. Wer das schafft bekommt etwas besonderes vom Thomas. Aber auch ohne der koffeinhaltigen Schickimicki-Plörre ist jeder ein gern gesehener Gast unter der Anzeigetafel. Aber denkt dran, nur vor oder nach dem Spiel und auch nur kurz vorbeischauen. Während des Spiels brauchen die Jungs und Mädels da oben den Platz selber, um sich auszutoben. „Bamboléo, Eins…Acht….Sechs….Null…Oléo.“
Was der Thomas noch zu sagen hat. Na ja, vielleicht, aber warum eigentlich nicht. Jetzt lasst ihn halt, wenn er das doch so meint. Es muss ja nicht jeder, aber alleine schon wegen der Meinungsfreiheit. „Huivd ja ned, is hoid so.“
“Oida, mia olle seng uns hoffentlich bald wieda.”