Die Fans des TSV 1860 München fragen sich derzeit in den sozialen Medien, ob die Mannschaft von Michael KöllnerMichael Köllner war vom 9. November 2019 bis zum 31. Januar... überhaupt noch gewinnen kann. Die Antwort liegt natürlich auf dem Platz und die Löwen werden sie genau dort auch geben. Früher oder später. Vergleicht man die Anhängerschaft der Profivereine in Deutschland, dann gehört der TSV 1860 München aber immer zu den Gewinnern. Nur wenige Vereine können auf eine derart treue und leidenschaftliche Fangemeinde zurückgreifen. Gerade in diesen schweren Zeiten kämpfen viele Fußballanhänger mit einer schleichenden Entwöhnung ihrer Leidenschaft. Beim Löwenanhang wird man aber nie das Gefühl haben, dass weniger Zuschauer ins Stadion gehen würden, sobald es wieder möglich ist. Über 10.000 verkaufte Dauerkarten, ohne die gesicherte Möglichkeit auch nur ein Spiel im Stadion zu sehen, sprechen da eine deutliche Sprache. Genau das macht den Stolz der Löwen aus. Wir sind da, wenn der TSV 1860 München uns braucht. Da ist auch Michael Reichel. Begrüßt an dieser Stelle unseren heutigen Parade-Löwen.
„Moing-Moing Leudee“
Nicht gerade die Art und Weise, wie man sich in unseren südlichen Gefilden begrüßt, aber da kommt er her, unser heutiger Fan des TSV 1860 München. Aus Ostfriesland, genauer aus dem fernen, wie flachen Emden. Michael Reichel, vielen besser bekannt als “MiRe“, so sein Kürzel in den sozialen Medien. 2001 kam das „Deichkind“ von der Nordsee an die Isar. Noch im gleichen Jahr stellte der Neu-Münchener unter Beweis, welch weitsichtiges, mit einer großen Portion Menschenkenntnis ausgestattetes und sozial kompetentes Volk die Ostfriesen doch sind. Für Fußballinteressierte gibt es in München zwei „Packerl“ (=Pakete; extra für dich “MiRe”) unter dem Weihnachtsbaum. Das eine ist unübersehbar groß und rot. Es drängt sich dem Betrachter schier unweigerlich und eindringlich auf. Das andere daneben ist klein aber fein und keineswegs unscheinbar. Fast schon trotzig leuchtet es neben dem übermächtigen Nachbarn in Weiß und Blau. Wie es ein Kind unter dem Weihnachtsbaum wohl nie tun würde, entschied sich der Michael für das kleine freche Packerl mit dem schönen doppelschwänzigen Löwen an der Stirnseite. Seitdem war Michael Reichel ein Löwenanhänger. Und mit seiner Zeit in Bayern wurde der mittlerweile Wahl-Olchinger vom „Moing-Moing“ zum „Servus“, vom „Michael“ zum „Miche“. Na guad, a Preiß is ea scho oiwei no, aba fesch is ea, in seina Joppn, dem weiß-blaua Hemmad und da Ledawix (Übersetzung für den “MiRe”: „Den Gutschein vom „Hirmer“ hast du gut angelegt“).
Das macht einen Sechzger aus
Als Michael Reichel das weiß-blaue Virus packte, waren die Löwen unter der Führung Lorant/Wildmoser eine gestandene Bundesligamannschaft. Thomas Häßler, Bernhard Winkler, Martin Max, Paul Agostino, Markus Weißenberger und Daniel Bierofka gehörten ebenso zum Kader der Löwen, wie der heutige Präsident des kroatischen Fußballverbandes Davor Suker. Nach Stationen bei Real Madrid, Arsenal London und West Ham United war der Kroate zum damaligen Zeitpunkt ein europäischer Spitzenfußballer im Herbst seiner Karriere. Benjamin Lauth, aus der eigenen Jugend, war damals im zarten Alter von 19 Jahren gerade dabei, erste Duftmarken im Profifußball zu setzen. Die Gespräche über ein großes Stadion vor den Toren Münchens wurden vorangetrieben und schon bald waren die ersten Umrisse einer Betonschüssel neben dem Müllberg in Fröttmaning zu erkennen. Fan-Herz, was willst du mehr? Werner Lorant wurde entlassen. Es folgten Peter Pacult und danach Falko Götz. Im Nachhinein betrachtet „der Anfang vom Ende“. Gerald Vanenburg konnte als Feuerwehrmann in den letzten Spielen der Saison nichts mehr ausrichten und so kam es, wie es kommen musste. Die Löwen stiegen am Ende der Saison 2003/2004, kurz bevor das neue Stadion vor den Toren Münchens fertig gestellt war, in die Zweite Bundesliga ab. Etablierte Stars aus einer vergangenen Zeit hatten ihren Zenit längst überschritten und junge ausgebildete Eigengewächse mussten aus wirtschaftlichen Gründen zum Leidwesen des Vereins ziehen gelassen werden. Es begann ein schleichender Abwärtstrend des TSV 1860 München. Eine Mischung aus sportlicher Tristesse und wirtschaftlichem Desaster. Im Jahr 2011 wurden die Löwen nur durch den Einstieg eines Investors vor der sicheren Insolvenz gerettet. In der Saison 2016/17 kam dann der Supergau für jeden Fußballklub. Nach einem anfänglichen Anflug von Größenwahn, der sich in einer schier maßlosen Kauflaune auf dem Spielermarkt, der Verpflichtung eines auf europäischer Bühne renommierten portugiesischen Trainers und dessen auf ewig unvergessenen Spruch „we go to the top“ manifestierte, stand der sportliche Abstieg in Liga 3. Aufgrund einer fehlenden positiven wirtschaftlichen Fortführungsprognose fielen die Löwen zeitgleich eine Etage tiefer in den Amateurbereich. Während bei anderen Vereinen in einer ähnlichen Lage die Fans scharenweise davon laufen, konnte man beim TSV 1860 München einen entgegengesetzten Trend beobachten. Für Michael Reichel ebenfalls kein Grund, sich in der Isar zu ertränken. Er ist den Löwen in diesem sportlichen wie wirtschaftlichen Abwärtsstrudel treu geblieben. Für ihn ist das Relegations-Rückspiel gegen Kiel am Ende der Saison 2014/15 in der Fröttmaninger Arena mit das emotionalste Erlebnis mit seinen Löwen. Genossen hat er auch die Bayernrundfahrt zu den Auswärtsspielen der Regionalliga-Saison. Und natürlich die Party auf Giesings Höhen nach dem unvergessenen 2:2 gegen den 1. FC Saarbrücken, was zugleich den Aufstieg in Liga 3 bedeutete.
Wenn Fan sein nicht genug ist
Gut möglich, dass es auch ein typisch ostfriesischer Wesenszug ist. Dem “MiRe” reichte es über die Jahre nämlich nicht, einfach nur Fan zu sein. Schnell knüpfte er Kontakte im Löwenkosmos und begann sich auf vielerlei Art für den Verein und seine Fans einzusetzen. Der Michael organisiert dabei gerne Auswärtsfahrten zu Liga-Spielen, ob mit dem Bus oder der Bahn. Zudem setzt er sich auch für in Not geratene Fans oder den Verein ein und inszeniert schon mal einen Spendenaufruf. Plattform hierfür ist die “Blutgruppe1860” – ein Fanclub, der hauptsächlich in den sozialen Medien organisiert wird. Neben dem “MiRe” zeichnen sich auch weitere “Löwen mit Herz” für die Organisation der “Blutgruppe1860” verantwortlich. Der über 60 Mitglieder umfassende Fanklub feiert jedes Jahr ein Sommerfest an der Floßlände, Heimat der Wassersport-Abteilung des TSV 1860. Dieses Jahr waren auch Mitarbeiter des Löwenmagazins eingeladen. Es ist schon beeindruckend, was der Michael alles auf die Beine stellt. Dabei nimmt er sich nie zu wichtig, ist immer auf das Wohlergehen seiner Mitmenschen bedacht und hat für jeden ein offenes Ohr. Kaum einer bringt dabei das friesische Organisationstalent aus der Ruhe. Bestes Beispiel für sein großes Herz ist eine schöne Geschichte, als er einmal unserer Präsidentin uneigennützig zur Hilfe kam. Pfingsten vor zwei Jahren landete die Tami am Münchner Flughafen. Sie kam gerade aus ihrer Heimat Kroatien. Aufgrund eines Brandes im S-Bahnbereich des Flughafens herrschte Chaos. Die Aussicht, mit einem gerade erst aufgebauten Schienenersatzverkehr nach Hause zu kommen, war gering. Der Auflauf wartender Menschen am Flughafen war groß und die Aussicht auf ein Fortkommen eher gering. Wie es in der heutigen Zeit so üblich ist, machte die Tami in einem Facebook-Post auf ihre missliche Lage aufmerksam. Während wir uns vom Löwenmagazin reflexartig tot gestellt hatten, reagierte Michael Reichel sofort und holte die Tami höchst persönlich mit seinem Auto vom Flughafen ab und fuhr sie anschließend nach Hause. Eine tolle Sache. Herzlichen Dank dafür. Hätte natürlich jeder von uns auch gemacht. Logisch. Der “MiRe” war einfach schneller.
Wenn Bilder mehr sagen als Worte
Ja, der Michael ist schon ein Guter. Als Fan und vorallem als Mensch, ist er im Löwenkosmos fest verankert. In der Szene Rund um die Spiele kennt ihn wohl jeder. Auch im neuen Film vom Hubert Pöllmann kommt der “MiRe” zu Wort. Gerne könnt Ihr in den Kommentaren erzählen, was Ihr schon mit dem Michael und den Löwen alles erlebt habt. Wir sind gespannt.