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“I bin a Sechzga” – Gabi und Gerhard, zwei rheinische Frohnaturen

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Am kommenden Wochenende rollt wieder der Ball in den Profi-Ligen des deutschen Fußballs. Und während viele Clubs außerhalb Bayerns wieder Zuschauer ins Stadion lassen dürfen, müssen die Fans des TSV 1860 München auch weiterhin draußen bleiben. So wie am vergangenen Samstag, als wir mit ein paar Ehrenamtlichen des Löwenmagazins im Kastaniengarten gesessen sind. Spieltag, endlich wieder in Giesing. Du triffst dich mit Leuten zum Fußball schauen. Gut, diesmal nur im Fernsehen, aber immerhin. Und trotzdem ein ganz bitterer Gedanke, vor der Leinwand zu sitzen und zu wissen, Luftlinie 250 Meter, dort drüben im Sechzger, da spielen gerade unsere Löwen. Aber was hätte da der Gerhard sagen sollen. Der war mit seiner Frau, der Gabi, extra aus Köln angereist, um hier mit befreundeten Fans das Spiel anzuschauen. Ein großer Löwe prangte eindrucksvoll auf seinem T-Shirt. Ein echter Blickfang, dem ich mich immer dann nicht entziehen konnte, wenn der Gerhard sich rüber beugte, um mir Fotos auf seinem Handy zu zeigen. Auch die Gabi trug ein T-Shirt mit dem Konterfei eines großen Löwenkopfes mit tief blauen Augen. Ich ertappte mich dabei, wie ich schon wieder auf den großen Löwen vor Gerhards Brust starrte. Insgeheim war ich in dem Moment aber froh, dass er und nicht die Gabi neben mir saß. Ein schlechter Eindruck wäre schnell entstanden.

Wenige Sätze waren gewechselt und bald war klar, dass mein mir bis dahin unbekannter Sitznachbar und seine herzallerliebste Gabi der nächste „IBAS“ werden würden. Eigentlich egal mit welchem Sechzger du ins Gespräch kommst, jeder hat etwas zu erzählen. Ein besonderes Spiel, eine besondere Begegnung mit einem Spieler, eine unvergessliche Auswärtsfahrt. Ein Sechzger an sich, soweit er den Verein nicht nur aus dem Fernsehen kennt, ist immer spannend. Dieses energiegeladene Leuchten in den Augen, wenn dir jemand seine „Löwengeschichte“ erzählt. Unbezahlbar.

Na gut, der Gerhard mit seinem großen Löwen auf der Brust, bei ihm war das eher ein gemütliches, in sich ruhendes Leuchten. Ist aber auch kein Wunder, nicht nur dass er seit über 40 Jahren mit seiner Gabi verheiratet ist, er hat mit den Löwen auch alles erlebt, was man nur erleben kann. Meine Frage, seit wann er denn Sechzger-Fan sei, beantwortete er pauschal und im typisch rheinischem Akzent. „Seit Radis Zeiten“. Ja den ausflugsfreudigen Mann mit der Mütze kennt wohl irgendwie jeder. Grund genug in den folgenden Film hinein zu klicken und in Erinnerungen zu schwelgen.

https://youtu.be/oaCtjKXqBZ8
Der unvergessene Radi Radenkovic. In der heutigen Zeit nicht mehr vorstellbar.

Gerhard ist ursprünglich in Ottobeuren im Allgäu geboren. Durch den Beruf seines Vaters verschlug es ihn aber noch in jungen Jahren nach Köln. Seiner Leidenschaft zum TSV 1860 München tat die örtliche Entfernung aber keinerlei Abbruch. Vielmehr leistete Gerhard in der Fremde wichtige Entwicklungshilfe für seinen Herzensverein. Noch bevor er seine spätere Frau an sich gebunden hatte, missionierte er sie zum weiß-blauen Glauben. Im Jahr 1977, die Löwen rumpelten sich gerade als frisch gebackener Aufsteiger durch die Erste Bundesliga, da nahm der Gerhard seine Gabi mit nach München ins Olympiastadion zum Spiel gegen die Hertha aus Berlin. Im Anschluss an das Spiel ging es auf die Wiese zum Olympiasee. Das traditionelle Fischer-Stechen war gerade auf dem See im Gange, da kam den beiden das Heiraten in den Sinn. „Wie jetzt, du hast der Gabi am Olympiasee einen Heiratsantrag gemacht?”. Gerhard ruhte gerade noch in sich, da schoss die Antwort aus dem Munde seiner heutigen Frau. „Ne, ne, ich hab ihm das gesagt. Also entweder wir heiraten jetzt, oder wir könnens direkt sein lassen.“  Ein fragender Blick zu Gerhard, ein paar Sätze später und schnell war klar, es war eine beidseitige Willenserklärung im Vollbesitz aller geistigen Kräfte, ohne jeglichen Alkoholeinfluss. Man nennt es ganz offiziell Eheversprechen , oder Verlobung. Ein Versprechen, das die beiden gleich im darauffolgenden Jahr eingelöst haben und das bis heute, nach über vierzig Jahren genauso Bestand hat, wie die Treue der beiden zum TSV 1860 München.

Eine gemütliche Runde im Kastaniengarten. Nette Leute und guter Fußball, was will man mehr? Logisch, einen Sieg.

Am vergangenen Wochenende war das Ehepaar aus Köln-Porz extra für das DFB-Pokalspiel gegen die Frankfurter Eintracht nach München gekommen. Derzeit befinden sich die rheinischen Frohnaturen aber ohnehin in Bayern. Der Jahresurlaub stand an und das schöne Lenggries wurde als Reiseziel auserkoren. Mit dabei ist immer ein Besuch auf der Tölzer Hütte. Der dortige Wirt, selber ein Sechzger, ist mit dem rheinischen Ehepaar gut befreundet. Der Löwe auf dem T-Shirt vom Gerhard neigt sich wieder zu mir herüber und ich darf ein weiteres Bild aus vergangener Zeit auf seinem Handy betrachten. „Das ist mein Enkel.“ Ein kleiner aufgeweckter Bub im Sechzger-Outfit lächelt mich an. „Das war damals auch im Olympiastadion“. Schon wieder einen missioniert? „Der ist mittlerweile 19 Jahre und Dortmund-Fan,“ die knappe Antwort von Opa Gerhard. Na ja, Borussia Dortmund. Hätte auch schlimmer kommen können. Der Löwe neigt sich wieder und ein weiteres Bild landet unter meiner Nase.

Bild links oben: Gerhard mit seiner Kutte. Bild rechts oben: Gerhard in seinem Löwen-Zimmer in Köln-Porz. Bild unten: Gerhard, der Löwenmissionar vor einer Oberlandbahn in Lenggries.

Seit 2001 ist Gerhard Mitglied bei den Löwen und der Zufall wollte es, dass er sich dem Fanclub “Rösrather Löwen“ im Jahr 2005 angeschlossen hat. Sein Sohn hatte ihn auf den Fanclub in Wohnortnähe aufmerksam gemacht. Die „Rösrather Löwen“ waren es auch, die ein paar Leute vom Löwenmagazin in der Regionalligasaison nach dem Auswärtsspiel bei der Fortuna in Köln ausgeführt haben. Eine schöne Verbindung, die wir gerne weiter pflegen.

Hier sieht man Gerhard im Kreise seiner Fan-Freunde von den “Rösrather Löwen”, bei denen er selbst den zweiten Vorsitz bekleidet. Oben rechts im Hof des Giesinger Bräu. Unten links im Bild mit dem Wirt der Tölzer Hütte. Auf beiden Bildern rechts sieht man den ersten Vorstand des Fan-Clubs, neben seinem Vize, dem Gerhard.

Das Handy rutschte wieder unter meine Nase und ich glotzte dem Löwen aufs Maul. Der Gerhard, die Gabi, das ist doch der Schneider Stefan und die Dings, die Dings, die Schnell Jutta, oder? Wie kommt es?

Und da war es wieder, das gemütliche in sich ruhende Leuchten, als der Gerhard erzählte, wie er einmal auf dem Rasen der Allianz Arena vom Stadionsprecher vor einem Löwenspiel vor zig tausenden von Zuschauern interviewt wurde.

Nach dem Pokal-Spiel am Grünspitz. Aus dem schönen Nachmittag in geselliger Runde wurde ein lauschiger Abend in feuchtfröhlicher Atmosphäre. Aber das ist eine andere Geschichte.

Am Ende war das Pokal-Spiel gegen die Frankfurter Eintracht nach einer reifen, vielversprechenden Leistung denkbar knapp verloren gegangen. Das sommerliche Wetter an diesem angebrochenen Nachmittag zog uns noch an den benachbarten Grünspitz. Gabi und Gerhard waren auch dabei. Und wie die beiden so da saßen, mit den großen Löwen auf den T-Shirts, musste ich für einen Moment schmunzeln. Es waren nicht die Abbildungen der Löwen auf den T-Shirts, die mich beeindruckt haben. Es waren die Löwen dahinter. Das große Löwenherz unter dem Baumwollstoff. Gabi und Gerhard. Schön, dass wir Euch kennenlernen durften. Wir alle sehen uns wieder. Ganz bestimmt. Das Löwenmagazin wünscht noch tolle Tage im schönen Oberland.

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