Die Vereinsfarben des TSV 1860 München e.V. sind Grün und Gold. Das über die Landesgrenzen hinaus bekannte Aushängeschild des TSV, die Fußballabteilung, ist für ihre weiß-blauen Farben bekannt. Das eigentliche Aushängeschild, warum der TSV 1860 München von vielen anderen Vereinen in Deutschland geachtet wird, ist aber bunt. Es ist die Fangemeinde der Löwen, die in nahezu allen Farben schillert, außer Rot natürlich. Paradebeispiel für den grün-goldenen, weiß-blauen, bunten (ohne rot) Wahnsinn, ist ein Spiel am 15.08.1973. Ort des Geschehens war das Münchner Olympiastadion, auf dessen Rasen sich an diesem Sommertag am zweiten Spieltag der Regionalliga Süd der TSV 1860 München und der FC Augsburg gegenüber standen. Nur eingefleischte Statistiker würden sich an diese Begegnung, geschweige denn an das Ergebnis dieser Partie erinnern, wäre da nicht der Fan gewesen.
An Vaters Hand in luftiger Höhe
In das damals annähernd 72.000 Zuschauer fassende Stadion strömten an diesem Tag über 90.000 erwartungsfrohe Schlachtenbummler. Na gut, genau genommen strömten tatsächlich nur etwa 72.000 Zuschauer auf dem normalen Weg ins 1972 fertiggestellte Betonrund. Der Rest stieg, ohne im Besitz einer offiziellen Eintrittskarte zu sein, einfach über den Zaun. Wohlgemerkt für eine Regionalliga-Partie. In der heutigen Zeit schlichtweg unvorstellbar. Obwohl, wer weiß, was den Löwenanhängern noch so alles einfällt. Aber zurück ins Jahr 1973, unser heutiger „IBAS“ war gerade einmal drei Jahre alt. Für den Vater von Andreas Böhm war das damals noch zarte Alter seines Filius kein Grund, auf so ein Ereignis zu verzichten. Zudem konnte er nicht ahnen, dass sich dieses Regionalliga-Spiel derart entwickeln würde. Das Olympiastadion platzte aus allen Nähten und 136 Besucher wurden bei dem Versuch ins Stadion zu kommen verletzt. Ein Sechzger hat aber für alles eine Lösung. Ob Sieg oder Niederlage, ob Aufstieg oder Abstieg, ob leere Ränge oder volles Stadion. Und so kletterte der Vater kurzerhand mit seinem Sohnemann die Leiter an der Anzeigetafel hoch, um dem nicht ungefährlichen Zuschauerandrang zu entfliehen. Wohl behütet, aber in luftiger Höhe, erlebte der Andi Böhm, mit seinen damals drei Jahren, gemeinsam mit seinem umsichtigen Vater sein erstes Spiel des TSV 1860 München.
“Damals war ich ein Allesfahrer”
Für den Filius ein unvergessenes Erlebnis und eine Initialzündung für ein fußballbegeistertes Leben. Sein Vater hatte dem Andi das weiß-blaue Gen eingepflanzt, aber welcher pubertierende Heranwachsende eifert schon seinem Vater nach? In dieser Lebensphase ist man doch eher geneigt, genau das Gegenteil von dem, was seine Erziehungsberechtigten sagen, für richtig zu halten. Vielleicht war das beim Andi auch so? Wenn es aber um die Leidenschaft zum Fußball und im Speziellen zum TSV 1860 München ging, dann waren sich Vater und Sohn einig. Sobald es das Alter zuließ, machte sich der gebürtige Altöttinger mit Freunden aus der Nachbarschaft auf nach München, um die Löwen im Stadion anfeuern zu können. Die Geschichten seines Vaters über den Trip nach London am 19.05.1965 zum Finale im Europapokal der Pokalsieger gegen West Ham United waren ja ganz nett, aber jetzt wollte Andi Böhm seine eigenen Erfahrungen mit dem Münchner LöwenFan-Kollektiv der Ultra-Gruppierungen des TSV 1860 München.... sammeln. Die Begeisterung war schnell groß. Sechzig, mittlerweile im Grünwalder Stadion, da läuft es dir eiskalt den Buckel runter. Die im zarten Alter von drei Jahren gepflanzte Saat ging auf und verwelkte keineswegs, auch nicht, als der TSV 1860 München Anfang der Achtziger den bitteren Gang in die Bayernliga antreten musste. Ganz im Gegenteil. Aus der anfänglichen Euphorie wurde Leidenschaft. „Damals war ich ein Allesfahrer“, so die rückblickenden Worte vom Andi. Für ihn waren die Spiele in der Bayernliga allesamt Heimspiele. Der Aufstieg unter TrainerÜbersicht aller Trainer der ersten Mannschaft des TSV 1860 ... Karsten Wettberg in die 2. Bundesliga ist für ihn genauso unvergessen, wie der spätere Durchmarsch von der Bayernliga bis in die erste Bundesliga unter der Ägide Werner Lorant, Anfang 1990 bis Anfang 2000.
Manchmal ist Sechzig nicht genug
In den darauffolgenden Jahren war Andi Böhm Sechzig München nicht genug. Die Leidenschaft Fußball führte ihn auch zur deutschen Nationalmannschaft. Und gerade die Großereignisse Europameisterschaft und Weltmeisterschaft zogen Andreas Böhm magisch an. Kaum ein Turnier verging, ohne dass der Andi vor Ort dabei war. Mindestens eine Woche Urlaub ging für den Altöttinger jedes Mal drauf, um der deutschen Nationalmannschaft bei einem großen Turnier beizuwohnen. Gerade das WM-Finale 1990 in Rom gegen Argentinien ist dem Andi in Erinnerung geblieben. So wird er niemals vergessen, wie gefühlt ganz Italien im Olympiastadion zu Rom für „Allemagna“ war. Der Ausgang ist bekannt. Deutschland wurde durch ein Elfmetertor von Andi Brehme Fußballweltmeister. Dabei ging es dem Andi nie um Erfolg. Es geht um das Erlebnis Fußball. Und wo, als beim TSV 1860 München, kann man dieses Gefühl besser ausleben?
Es gibt für alles eine Lösung
Auch der neuerliche Lizenzentzug und der damit verbundene Absturz des TSV 1860 München in die Regionalliga brachte den Andi kein Stück weg vom Fußball und seinen Löwen. Der Aufstieg in die Dritte Liga, mit all seinen Facetten, war wiederum der totale Wahnsinn. Und über eines ist der Andi aus dieser Zeit heute noch besonders glücklich. Das Heimtrikot 2018/19 wollte er ursprünglich mit „Grimaldi“ beflocken lassen. Am Ende stand dann doch „Mölders“ drauf. Tja Andi, Intuition. Genauso wie damals, als dein Vater mit dir die Anzeigetafel im überfüllten Olympiastadion hochstieg. Ein Sechzger hat für alles eine Lösung. Ob Sieg oder Niederlage, ob Aufstieg oder Abstieg, ob leere Ränge oder volles Stadion. Einmal Löwe, immer Löwe.