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Grünwalder Stadion und die Aktion “X-Tausend”: Interview mit Jean-Marie Leone

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X-Tausend2007 wurde die Aktion “X-Tausend” von Löwen-Fans ins Leben gerufen. Der Ideengeber war Jean-Marie Leone, auch Jompi genannt – SPD-Stadtrat in Puchheim. Das ursprüngliche Ziel war, für das letzte Heimspiel der 1860-Amateure einige tausend Fans zu mobilisieren, um somit den Erhalt der historischen Spielstätte zu unterstützen. Denn damals stand das Sechziger-Stadion kurz vor dem Abriss.
Die Aktion, die von den Löwen-Fans gemeinsam getragen wurde, war von Beginn an ein großer Erfolg. Zum Spiel der Regionalliga Süd 2007 zwischen der Löwen-U23 und dem SV Wehen Wiesbaden (2:2) kamen 7.004 Zuschauer. Damit wurde genau das erreicht, was sich die Initiatoren vorgenommen hatten.

Alle Beteiligten waren dermaßen begeistert und euphorisiert, dass schon bald die Fortsetzung der Aktion als “XX-Tausend” geplant wurde. Jährlich wiederholte sich das Schauspiel auf Giesings Höhen bis einschließlich 2012. Wegen des Stadionumbaus musste dann 2013 mit der liebgewonnenen Tradition gebrochen werden. Das sind die Zuschauerzahlen:

“X-Tausend”

2007: 1860 II – Wehen-Wiesbaden 2:2 (7.004 Zuschauer)
2008: 1860 II – Jahn Regensburg 0:1 (12.600 Zuschauer)
2009: 1860 II – SC Freiburg II 2:1 (10.757 Zuschauer)
2010: 1860 II – SSV Reutlingen 6:1 (3.860 Zuschauer)
2011: 1860 II – Greuther Fürth II 1:0 (2.782 Zuschauer)
2012: 1860 II – FSV Frankfurt II 1:0 (1.337 Zuschauer)
2013: nicht ausgetragen wegen Umbauarbeiten
2014: 1860 II – Viktoria Aschaffenburg 5:0 (3.600 Zuschauer)
2015: 1860 II – FC Ingolstadt II 1:2 (1.000 Zuschauer)
2016: 1860 II – TSV Rain/Lech 4:1 (1.538 Zuschauer)
2017: 1860 II – SpVgg Unterhaching 0:3 (3.000 Zuschauer)

X-Tausend

Wir vom Löwenmagazin haben mit Jean-Marie über das Thema “X-Tausend” und das Grünwalder Stadion gesprochen. Ein etwas längeres, aber durchaus interessantes Gespräch.

Du warst der Initiator und Organisator der “X-Tausend”-Aktionen. Wie ist es dazu gekommen?

X-TausendAnlass war damals der Stadtratsbeschluss, dass das Sechziger-Stadion bis 2010 abgerissen werden soll und durch Bürokomplex, Einkaufszentrum, Wohnungen o.ä. ersetzt wird. Wir hatten davor 10 Jahre Olympiastadion hinter uns und ich wusste, dass so ein großes Stadion den Tod für Sechzig bedeutet, wenn wir da weiterspielen würden. Es ging aber dann in der Allianz-Arena weiter. Ich dachte mir einfach: „Olympiastadion ist keine Alternative, in der Arena ist es dauerhaft auch nix, also was bleibt übrig?“
Nachdem ich Sechzig im Sechziger kennengelernt habe – ich war also 1990 zum ersten Mal da, gegen die SpVgg Plattling vor 7.000 Zuschauern, mit einer geilen Atmosphäre – hätte es im Herzen weh getan, wenn das Stadion abgerissen worden wäre, und vor allem hätte es ja dann auch keine echte Alternative mehr für 60 gegeben.

Du bist ja auch bei Pro1860. Gab es die Freunde des Sechzger-Stadions damals auch schon?

Ja, gab es. Roman Beer war auch schon lange bei dem Thema aktiv. Es gab aber damals viele Grabenkämpfe im Verein. Und das war der 2. Punkt. Ich wollte mit der Aktion versuchen, die Gräben ein wenig zuzuschütten. Es gab die Traditionalisten, die ARGE, Pro1860… Es gab Streit und Misstrauen. Mit der Aktion wollte ich bewirken, dass man für eine Aktion diese Gräben zuschüttet und die Streitigkeiten hinter sich lässt.

War das eine spontane Idee, oder hat es in Dir gereift?

Das war eher eine spontane Sache. Ich war damals schon sehr im Löwenforum aktiv und da gab es viele Diskussionen über die Zukunft von Sechzig. Die alten Wildmoser-Geschichten sind da auch immer wieder hochgekommen. Die alten „Grabenkämpfe“ haben sich überall durchgezogen. Da war es soweit, dass die Stadt meinte, das Sechziger abreißen zu wollen. Ich dachte mir, dass können wir nicht zulassen und tatenlos dabei zuschauen. Und obwohl ich dachte, das wird eh nix, habe ich im Löwenforum die Idee gepostet, ob man nicht bei einem Spiel der Amas versuchen könnte, ein paar Tausend Fans ins Stadion zu locken. Da kam die Idee mit “X-Tausend”, mit dem Anspruch, dass es nicht 999, sondern wirklich 3-4 Tausend sind.
Ich dachte, nach 2-3 Tagen ist der Post verschwunden unter zahllosen weiteren Beiträgen, doch dann wurde es zum Selbstläufer und hat sich wie Lauffeuer verbreitet.

Ihr habt ja auch viele Spenden bekommen bzw. gesammelt, um Werbung zu machen und das finanzieren zu können…

Ja. Da waren auf einmal Leute dabei, die ein so geiles Netzwerk hatten. Wir haben große Annoncen in der Zeitung geschaltet, Spenden gesammelt. Ich alleine habe schon 1.700 Tickets verkauft, in Eigenregie. Die Einnahmen gingen an den Verein, überbleibende Spenden flossen in die Nachwuchsarbeit des TSV.

Ich habe in einem alten Interview gelesen, dass Du mit 3.000 gerechnet hast, 4.000 wären aber toll. Doch dann sind es 7.000 Zuschauer geworden.

X-Tausend7.004, um genau zu sein :). Ja. Das war irre. Es war bis dahin ein sehr langer und zäher Kampf. Es gab viele, die Bock hatten mitzumachen, aber man musste damals brutale Widerstände überwinden, man wurde nicht nur mit offenen Armen empfangen. In Teilen der Geschäftsführung beispielsweise. Herr Ziffzer war damals der Hauptansprechpartner in der GF und er war zu Anfang gar nicht kooperativ. Wir haben regelrecht betteln müssen, dass man Werbung in der Arena verteilen darf. Als dann Albrecht von Linde zum Präsidenten gewählt wurde, mit Karsten Wettberg und Otto Steiner als Vizes, hat es sich stark verbessert. Dann liefs. Davor merkte man einfach, dass niemand vorhat, sich um das GWS zu kümmern, sondern die wären eher froh gewesen, wenn es weg wäre.

Eure Aktion war aber erfolgreich und hinterher kam der Beschluss, dass man die Entscheidung zum Abriss bis 2018 ruhen lässt. Nicht nur das. Man hat auch Geld in die Hand genommen, um das Stadion einigermaßen drittligatauglich zu machen. Meinst Du, diese Entscheidung ist auch Eurer Aktion zu verdanken?

Das weiß ich nicht. Denn Politik funktioniert nicht immer so, dass man etwas macht und sie reagieren so wie man es will. Politik ist etwas komplizierter, aber ich glaube schon, dass viele damals zum Nachdenken gekommen sind und gesehen haben – hoppla, das ist kein Selbstläufer. 2008 standen ja auch die Kommunalwahlen auf dem Programm und da mussten sie genau schauen, wie sie sich verhalten. Und sie sind damals auch gefragt worden, wie sie zu dem Thema Sechziger-Stadion standen. Denke schon, dass einige im Hinterkopf hatten, wenn wir jetzt mit der Brechstange das Stadion weghauen, könnte es sein, dass wir uns eine Menge Wählerstimmen verscherzen und ich glaube schon, dass unsere Aktion ein wichtiges Mosaiksteinchen für die Rücknahme des Abrissbeschlusses war…

Ein gutes Signal

Eben. Das war das Ziel, dass man ein Signal setzt, dass es da Menschen gibt, denen das Stadion was bedeutet und dass das Stadion auch für die Stadt eine wichtige Bedeutung hat. Das Stadion war damals und auch heute eines der meistbespielten Stadien in Deutschland. Damals haben bis zu 100 Spiele im Jahr da stattgefunden. Die Stadt wollte es weghauen und es gab für 60 und deren Amateure keinen adäquaten Ersatz. Also waren es praktikable und ideologische Gründe, dass wir das Zeichen setzen wollten. Die Wirkung hat es nicht verfehlt.

Und jetzt ist jedes Heimspiel ein “X-Tausend”. Was ist das heute für ein Gefühl?

Total genial! Weil “X-Tausend” ja ursprünglich eigentlich nur als eine einmalige Aktion geplant war…

Und daraus sind 11 Aktionen geworden. Bei der “XX-Tausend” waren es sogar 12.600 Zuschauer.

Ich habe es dann gar nicht mehr gezählt. Wobei es zum Ende hin weniger geworden ist, vom Zuspruch her. Aber das war nicht mehr so schlimm, denn das Ziel hatten wir ja erreicht, dass der Abrissbeschluss vom Tisch ist. Es gab von meiner Seite aus damals keine Idee, einen Dauer-Event zu machen. Schon das Wort Event passt ja dazu auch gar nicht. Denn es war ein Signal. Aber die Idee wollte nicht sterben, weil alle gesagt haben, es war so geil und wir wollen es wieder machen.

Ich habe auch noch das Trikot von damals „dahoam in Giesing“ …

X-TausendDas habe ich auch noch. Das war schon toll. Obwohl es Widerstände im Verein gab, gab es auch ganz tolle Leute, die ich kennengelernt habe, die ich heute noch schätze, wie z.B. Angelika Frisch, die das Ticketing leitet. Sie hat so viel auf Vertrauensbasis damals gemacht. Hat mir Ticketbündel in die Hand gedrückt und gesagt „verkauf die, wir rechnen dann ab“. Es war vom totalem Vertrauen geprägt und das herrscht heute noch. Der Ernst Tanner, der damals Nachwuchsleiter war, ein super Typ, war natürlich Feuer und Flamme für diese Aktion. Albrecht von Linde, der sich damals eingesetzt hat. Und auch Karsten Wettberg. Die Leute von Pro1860 und FdS mit ihren vielen Ideen und Connections. Viele „positiv wahnsinnige“ Mädels und Jungs, die Flyer verteilt, Annoncen geschaltet, Spenden gesammelt und die Choreos vorbereitet haben. Unseren Stadionsprecher Stefan Schneider. Und nicht zu vergessen, Christian Poschet, der für mich der Hauptansprechpartner bei der ARGE war und der wie ich schon damals Gräben überwinden wollte.

Hatte nicht auch Franz Maget was damit zu tun?

Er war dann schon mit dabei. Er war einer, der nie offensiv für den Abriss war. Ich glaube, dass der Franz Maget damals im Hintergrund schon viel in Richtung Sechziger-Stadion bewegt hat. Er hat es nie an die große Glocke gehängt, aber er hat einen Anteil dazu beigetragen. Wie im Übrigen auch Verena Dietl (SPD-Stadträtin), die sich schon immer für den Erhalt des Sechziger-Stadions eingesetzt hat. Die beiden haben im Hintergrund darauf hingewirkt, dass ein Umdenken in der Stadtpolitik stattfindet. Zu nennen ist hier aber auch Christian Waggershauser, Dr. Markus Drees, Roman Beer und viele andere, die sich dann später z.B. in der Stadionkommission engagiert haben.

Ok. Jetzt sind wir ja drin. Jetzt können sie 2018 nicht mehr über Abriss nachdenken. Wie kann man den Wählern nun erklären, dass das Stadion wichtiger ist als neue Kitas, da sie mit der Argumentation immer ankommen.

X-TausendDie Argumente kenne ich sehr gut, weil ich selber seit inzwischen 11 Jahren im Stadtrat in Puchheim bin. Ich bekomme es auch immer aufs Brot geschmiert, „für dieses und jenes habt ihr schon Geld, aber dafür nicht“. Aber man muss es getrennt sehen. Es gibt für Kitas und Schulen usw. ganz andere Finanzmittel und Töpfe als für den Sport. Wir haben in München mit dem Sechzger ein geiles und stark frequentiertes Fußballstadion. Das ist für mich das beste Argument zu sagen, dass es nicht abgerissen werden darf. Auch in Zukunft nicht.

Was die 1. Mannschaft vom TSV 1860 betrifft, wäre es vor 20 Jahren leichter gewesen, als heute. Als wir 1993/94 in die Bundesliga aufgestiegen sind, hat Christian Ude sich damals am Rathausbalkon hinreißen lassen, zu sagen „wir bauen das Sechziger-Stadion aus“. Und damals waren die rechtlichen Rahmenbedingungen noch wesentlich einfacher als heute. Nachdem ich im Stadtrat bin (wenn auch nicht im Münchner), kann ich natürlich nicht jedes Argument einfach wegwischen, das gegen einen Ausbau spricht, aber ich glaube trotzdem, wenn man in Hamburg das Millerntor sieht… das ist ein Stadion, das auch mitten in der Stadt steht. In England ist es ja gang und gäbe. Also glaube ich, wenn der unbedingte politische Wille da wäre, dann wäre auch ein Weg da, das Stadion auch zumindest zweitligatauglich zu machen. Ob es auch für die 1. Liga reicht, kann ich nicht sagen. Aber wir sind jetzt da drin, ich hoffe, dass wir da nicht mehr rausgehen. Für die 3. Liga ist es zugelassen. Ein paar Sachen müssen noch gemacht werden – das ist auch klar. Da ist auch der Verein in der Pflicht, sich Lösungen einfallen zu lassen.

Aber wie, wenn das Stadion der Stadt gehört?

X-TausendMan muss mit der Stadt halt sprechen. Denn die Stadt muss ja auch abwägen. Wo sollen die Sechziger denn sonst spielen? Die Arena ist Geschichte. Dahin führt – hoffentlich – kein Weg zurück. Das Olympiastadion müsste dann auch für viel Geld ertüchtigt werden. Das kostet auch Mords-Unterhalt und es ist für Sechzig erkennbar nicht geeignet, weil es nie ein Fußballstadion sein wird und wie die Arena auch für 95% der Spiele viel zu groß ist. Insofern bleibt eigentlich nur das Sechzger-Stadion. Die nächsten Wahlen kommen ja auch und ich glaube nicht, dass es bei vielen Wählern gut ankäme, wenn man sich total versperrt. Man sieht ja jetzt schon, dass sich die Politik bewegt. Das mit den 15.000 ist schon im Gespräch und ich glaube, dass man auch 18.000 hinbekommen könnte, wenn man ein paar Lärmschutzmaßnahmen noch verwirklichen könnte.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass viele Fans bereit wären in einer Art Crowdfunding – mit Arbeitskraft – den Verein und die Stadt zu unterstützen, damit die Kosten sich im Rahmen halten.

Wir haben ja auch die “Unternehmer für 60”, die einige Handwerker im Verein haben und jetzt schon mit Taten den Verein unterstützen. Sie würden da gerne mithelfen, da bin ich mit sicher.

Eben. Möglichkeiten gibt es viele.

Was meinst Du persönlich. Gäbe es das Grünwalder heute, wenn Ihr damals nicht so starke Zeichen gesetzt hättet?

Aus rückwirkender Sicht glaube ich, dass wenn da kein nennenswerter Widerstand gekommen wäre, dass die Politik damals den Weg des geringsten Widerstands auch gegangen wäre und abgerissen hätte. Es ist eine attraktive Lage, wo ich was hinbauen kann. Ist aus städtischer Sicht ja nicht ganz verkehrt, aber wenn man sieht, wie das Viertel gewachsen ist, gehört das Stadion einfach dorthin. Die Heilig-Kreuz-Kirche würde man ja auch nicht einfach abreißen. Es ist ein wichtiges Element des Stadtteils Giesing. Und deshalb wäre es aus städtebaulicher Sicht ein Wahnsinn gewesen, es abzureißen und z.B. gegen ein 0815-Einkaufszentrum auszutauschen. Ein Stadtviertel wie Giesing braucht unbedingt solche Identifikationspunkte. Es ist eh schon viel verloren gegangen. Da gibt es wirklich andere Orte, wo man ein Einkaufszentrum hinklotzen kann.

Wie fühlt sich das heute für Dich an, wenn Du da reinläufst. Ich weiß, wie es für mich ist. Gänsehaut pur.

1990 war ich das erste Mal im Sechzger-Stadion. Bis 2007 hatte ich eine Dauerkarte. Habe sie nach 2 Jahren Arena zurückgegeben und jetzt wieder eine geholt. Stehhalle. Block M. Und es ist phänomenal. Wir fahren immer den alten Weg, den ich früher gefahren bin. S-Bahn und dann U-Bahn Silberhornstraße und dann ums Eck rum und schon siehst du das Flutlicht und du siehst auch überall im Viertel die weiß-blauen Menschentrauben. Da geht mir das Herz auf. Es ist ein bisschen wie früher und das habe ich wahnsinnig lange vermisst. Jetzt sind wir wieder da und ich hoffe, dass wir da auch nicht mehr rausgehen.

X-Tausend

Lässt Du Dich von den Arena-Befürwortern oder GWS-Gegnern irritieren? Glaubst Du, dass wir in der Arena mit 12.500 Zuschauen in der Regionalliga gestanden wären?

Das ist ein totaler Witz zu behaupten, in der Arena hätten wir mehr Zuschauer. Gegen einen kleinen Dorfverein würden doch keine 12.500 in die Arena in Fröttmaning gehen. Und auch wenn, was habe ich da für eine Stimmung? Deshalb war es das einzig Richtige, ins Sechziger zurückzugehen. Auch finanziell übrigens.

Du bist ja bei der SPD und bist in der Politik unterwegs. Hast Du z.B. mit Dieter Reiter zu dem Thema gesprochen?

Aktuell nicht. Damals mit Franz Maget und Verena Dietl durchaus. Habe damals auch alle Stadträte angeschrieben und alle eingeladen, zu “X-Tausend” zu kommen. Ich habe aktuell kein Mandat für Gespräche mit Offiziellen. Bin bei Pro1860 Mitglied, aber nicht aktiv. Bei “Freunde des Sechzger-Stadions” bin ich Mitglied, aber war nie im Vordergrund, bin auch dort eher „nur“ förderndes Mitglied. Wenn man mich nach Hilfe fragen würde, würde ich es sicher tun. Weil man doch sozusagen im gleichen Stall ist, aber Dieter Reiter hat so viele Themen um die Ohren, da wird er wenig Zeit haben für einen kleinen Stadtrat aus Puchheim. Deshalb finde ich es umso schöner, dass er von sich aus zum Spiel im GWS war und sich für das Thema interessiert und die 15.000 verwirklichen will. Es ist ein Signal in die richtige Richtung.

Was wäre Deine Vision oder Dein Traum für das Sechziger in der Zukunft?

Ich halte St. Pauli nicht in allem für ein Vorbild, aber was das Thema Stadion betrifft schon. Sie haben ja auch eine Weile zusammen mit dem HSV im großen Stadion gekickt und gemerkt, das ist es nicht. Meine Vision ist es, dass wir es St. Pauli in diesem Punkt nachmachen und durch stetigen Kampf und Einsatz und Engagement doch noch dazu kommen, dass das Stadion erst zweitligatauglich und dann womöglich – träumen darf man ja – erstligatauglich ausgebaut wird. Und dass ein Stadion in Deutschland in einem Stadtviertel möglich sein muss.

Was ist aus Deiner Sicht machbar aus dem Stadion zu machen?

Das Stadion hatte ja damals zu Erstligazeiten über 28.000 Kapazität. In der Größenordnung wäre das für 1860 ein Traum. Wenn man zwischen 25.000 bis 30.000 hätte, wäre es optimal. Man hätte immer eine hohe Auslastung bei Heimspielen. Sicher kann man bei Spitzenspielen dann auch nicht mehr reinbringen, wobei das in meinen Augen ein geringer Nachteil ist. Andere Vereine haben auch nicht so große Stadien, profitieren aber von dem Heimvorteil. Durch den Hexenkessel. Das ist ein Vorteil.

Roman Beer hatte doch einen guten Plan für den Ausbau…

Es gab Pläne von Manni Schwabl. Das war so um das Jahr 2000 herum. Und die hätten damals rechtlich eher funktionieren können als heute. 10 Jahre später machte die eigens gegründete Stadionkommission einen weiteren Vorstoß. Leider vergeblich. Es ist unstrittig ein Stadion in einem dicht besiedelten Stadtviertel. Solange ich mich im Bestand bewege und nicht vergrößere oder umfangreich umbaue, kann man rechtlich wenig dagegen machen. Aber wenn ich aus- und umbauen will, dann wäre das eine Veränderung, die über den Bestand hinausgehen würde. Heute sind die Richtlinien eben leider sehr viel strenger als damals. Und trotzdem halte ich es auch heute nicht für völlig unmöglich. Es ist neben der Frage des Geldes auch eine Frage des Wollens.

Wo siehst Du 1860 in 5 Jahren … was ist auch sportlich möglich?

Es hängt viel davon ab, was unser Investor macht oder nicht macht. Ich denke, dass erst diese Frage geklärt werden muss. Ich finde es jetzt schon gigantisch, was das Präsidium und die übrigen Verantwortlichen wie Markus Fauser und Daniel Bierofka nach dem „schwarzen Freitag“ auf die Beine gestellt haben ohne zusätzliches Geld aus Abu Dhabi. Aber wenn wir in die 3. oder 2. Liga aufsteigen, wird es schwierig, das aus eigener Kraft zu schaffen, solange man diesen Hinkelstein mit den Genussscheinen und den anderen Verbindlichkeiten noch am Bein kleben hat. Dann wird uns das zerreißen. Ich kann mir einen weiteren gemeinsamen Weg mit Ismaik im Moment nur schwer vorstellen, da ist seit 2011 einfach zu viel passiert. Wobei die Schuld hier sicherlich nicht alleine bei Ismaik liegt. Es lag ja schon vor seinem Einstieg ganz vieles im Argen bei unserem TSV. Zu Mey kann und will ich nichts sagen, dazu stecke ich in der Materie nicht tief genug drin. Mir wäre es am aller liebsten, es würde ohne einen großen Investor gehen, von dem alles abhängt. Ein Pool von Mäzenen und Sponsoren, von Leuten und Unternehmen, die sich wirklich mit Sechzig identifizieren, so dass man langsam was aufbaut. Es muss organisch wachsen. Das haben wir die letzten 10 Jahre gesehen. Wenn du es mir der Brechstange versuchst, bringt es gar nichts. Du holst irgendwelche Leute, die nach einem halben Jahr schon wieder weg sind, du musst sie mit viel Geld entlassen, Abfindungen bezahlen. Wenn wir eine Liste schreiben würden, wie viele Leute wir in der Zeit nach Wildmoser verschlissen haben, wäre sie vermutlich 2 oder 3 Meter lang. Es hat keinen Sinn so zu arbeiten, auch immer wieder auf Pump. Es holt dich irgendwann ein.

Mein Wunsch wäre es, dass man gemeinsam eine Lösung findet, wie man sich aus diesen Abhängigkeiten befreien kann. Man wird einen Weg finden müssen, wie man da friedlich rauskommt. Ob es diesen Weg wirklich gibt, weiß ich nicht.

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