Ein Kommentar
… und ein Blick auf den Konkurrenten FC Pipinsried
Vor über 50 Jahren gründete Konrad Höß den FC Pipinsried. Das war 1967. Nicht einmal 300 Seelen zählte damals die kleine Pfarrgemeinde im Dachauer Land. In der Zwischenzeit wuchs die Gemeinde, konnte sich jedoch nicht einmal verdoppeln. Und dennoch gelang dem FC Pipinsried das fast Undenkbare. In der vergangenen Saison stieg man in die höchste bayerische Liga auf: in die Regionalliga Bayern.
Gerade für die Fans des TSV München von 1860 durchaus auch ein kleiner Schock: Man war gerade von der 2. Bundesliga abgestiegen und fand sich nach dem Zwangsabstieg in der 4. Liga nun in einer Tabelle mit gerade diesem Verein wieder. Kein schönes Gefühl für die Löwen, in Pipinsried hingegen Euphorie. Was man bei der ersten Begegnung der beiden Vereine zu spüren bekam. Als die Pipinsrieder zu Gast in München waren, war die Freude groß. Und die Löwen nahmen es sportlich. Mehr sogar. Es entwickelte sich Sympathie. Kein anderer Verein wurde so herzlich und freundschaftlich begrüßt. Schuld am Zwangsabstieg von Sechzig waren andere, nicht die Pipinsrieder. Das war jedem klar.
Am gestrigen Tag trat Konrad Höß zurück, nachdem er in den vergangenen Wochen mit sich haderte. Die Gesundheit spielt nicht mehr ganz so mit. Aber vor allem ist die rasante Entwicklung im letzten Jahr für ihn durchaus befremdlich, wie er der Presse mehrmals zu verstehen gibt. Es wird Zeit für ihn zu gehen und die Ära Höß zu beenden.
Doch wie geht es nun weiter? Am gestrigen Freitag hat der FC Pipinsried neu gewählt. Der neue Vorstand besteht aus Roland Küspert, Martin Schmidl und Josef Ankner. Und man hat ein gutes Gefühl in Pipinsried. Vor allem aber hat man nicht nur einen neuen Vorstand gewählt, sondern auch die Satzung geändert. Dabei wird sich eine große Veränderung ergeben. Der FC Pipinsried möchte einen ungewöhnlichen Weg gehen. Man will eine GmbH gründen und sich professioneller aufstellen. Profifußball in einer nicht einmal 600-seelenstarken Gemeinde? Ja, das möchte man und das forciert man. Weil man mit der Konkurrenz mithalten können möchte.
Fakt ist, dass der Weg nun deutlich steiniger wird als bisher. Die patriarchale Stellung des ehemaligen PräsidentenÜbersicht über alle Präsidenten des TSV München von 1860... Konrad Höß stand oft in der Kritik, sorgte jedoch für eine klare und eindeutige Linie. Der Aufstieg in die Regionalliga Bayern wäre ohne ihn und auch ohne sein Geld nicht möglich gewesen. Nun wird der FC Pipinsried “demokratischer”, aber auf kommerzieller Basis. Ein hohes Risiko.
Warum man sich nicht erst als e.V. versucht in der Regionalliga festzusetzen, sondern eine GmbH gründen möchte, ist schwer zu verstehen. Der FC Pipinsried ist aktuell mit 29 Punkten 14ter in der Tabelle. Die Chance, in dieser Saison die Klasse zu halten, ist gut. Mit dem Spiel gegen den TSV München von 1860 am 5. Mai diesen Jahres kommt einiges an Geld herein. Hinzu kommen die Fernsehgelder, die der Bayerische Fußball-Verband ausschütten möchte. Doch die nächste Saison wird deutlich schwerer. Sollten die Löwen aufsteigen, dann sinkt die mediale Aufmerksamkeit für die gesamte Liga. In diesem Jahr werden in Pipinsried im Mai 7.000 Fans erwartet. Sind die Löwen nächstes Jahr weg, dann wird es sicherlich kein Spiel mehr geben, bei dem man die 1.000er Marke überschreitet. Aktuell liegt der Zuschauerrekord bei 810 gegen den 1. FC Schweinfurt 05. Durchschnittlich hat man 470 Zuschauer. Die Fernsehgelder würden dann auch wegfallen. Denn es ist unwahrscheinlich, dass der Bayerische Fußball-Verband auch ohne die Löwen irgendwelche Senderechte verteilt. Die hohen Einnahmen in diesem Jahr basieren alle auf den Spielen der Sechzger. Für den FC Pipinsried wird es zudem kommende Saison vor allem darum gehen, ein weiteres Jahr die Regionalliga zu halten. Eine große Nachwuchsarbeit hat der FC Pipinsried schon alleine aus örtlichen Gründen nicht. Die Mannschaft muss also zusammengekauft werden. Dafür muss natürlich Geld vorhanden sein.
Man muss sehen wie regionale Sponsoren und Förderer reagieren werden. Es macht einen Unterschied, ob man einen sympathischen Dorfverein sponsert, der das fast Undenkbare geschafft hat und sich nun in der Regionalliga wiederfindet, oder eine kommerzielle GmbH. Der FC Pipinsried muss sich klar sein, dass er, zumindest gefühlt, an Charme verlieren könnte. Und damit auch das Interesse von möglichen Sponsoren. Zudem muss man eine GmbH anders führen. Zukünftig besteht dann beim FC Pipinsried die Möglichkeit, Geld zu verdienen. Das wird Machtkämpfe mit sich bringen. Denn man darf nicht vergessen, dass in einer solchen Firma sich dann finanzielle Interessen mit Emotionen mischen. Das ist anders als bei anderen GmbHs in Pipinsried, wie zum Beispiel der Holzbau-Firma oder dem Backshop gegenüber.
Zweifelsohne, man wünscht sich auch aus Münchner Sicht, dass sich der FC Pipinsried weiterhin in der Regionalliga festsetzen kann. Aber man wünscht sich auch, dass er nicht an seinem ländlichen und sympathischen Charakter verliert.