Sechzig München ist wie ein Weibsbild – verstehen wirst du´s nie, aber ab und zu hast mächtig Spaß damit. Freilich ein chauvinistischer Humor mit Augenzwinkern. Bei 1860 geht´s eben nur mit Humor. Oder eben mit leidenschaftlichem Fußball. Und genau das lieferten die Löwen in den vergangenen zwei Spielen. Vor allem gegen die Spielvereinigung zeigten die Spieler nicht nur Zusammenhalt und Teamgeist, sondern auch individuelle Klasse.
Es gibt aktuell vermutlich dreierlei Löwenfans. Die einen wollen den sportlichen Auftrieb voll auskosten und freuen sich auf ein spannendes Duell mit dem Dorfverein aus Großaspach, die anderen lassen sich längst schon wieder aus dem Konzept bringen und vom Gesellschafterstreit jegliche Freude nehmen, wiederrum andere scheint der Sport völlig egal. Weil´s eben nicht gegen den großen FC Bayern geht, weil das Stadion viel zu klein ist und überhaupt – alles Scheiße ist. Das ist das Schöne bei den Löwen: Zwischen euphorischer Hochstimmung und Dauernörgelei findet eben jeder seinen Platz. Ob es gesund ist, sich der ewigen Tristesse hinzugeben? Vermutlich nicht. Aber der Mensch hat viele Rechte. Meinungsfreiheit zum Beispiel. Oder eben das Recht auf krankmachenden Pessimismus. Schön macht der nicht und sicherlich auch nicht glücklich. Aber das macht manche Ehe auch nicht und trotzdem lässt man sich nicht scheiden. Vielleicht ist der eine oder andere eben dafür geboren: fürs Unglücklichsein.
Der TSV 1860 München bietet in jedem Fall aktuell einen Ausweg. Aus der Negativität. Ein erfrischender Günther Gorenzel, der wie kein anderer für Erneuerung steht. „Gorenzel, mach deine Arbeit“ stand in der vergangenen Saison noch in der Kurve. Die Fans waren die ewige Meckerei leid. Das Wort „gorenzeln“ setzte sich damals durch. Er scheint sich die Kritik zu Herzen genommen zu haben. Seine Pressekonferenzen wirkten in den vergangenen Monaten sachlich und ruhig. Von einem „neuen Sechzig“ sprach er. Beim durchaus traurigen Weggang von Daniel Bierofka hatte er zudem sehr schnell eine Lösung parat. Nicht ohne noch einmal gute Worte für den scheidenden Trainer zu finden. Und er fand nicht nur irgendjemanden, sondern einen positiv strahlenden Motivator. Der Sechzig so nimmt wie es eben ist. Der sich der Herausforderung stellt und aus dem was da ist das Beste herausholen möchte. Die Spieler danken es Michael Köllner und spielen erfrischend auf.
Heute Abend ist Aufsichtsratssitzung. Ein Thema: Wird HAM International Limited Darlehen in Höhe von 4,8 Millionen Euro in Genussscheine umwandeln? Notwendig sind lediglich Unterschriften, keine weitere Zahlungen. Dennoch ist es reichlich spät. Zumal die Gesellschafterversammlung zustimmen muss. Aber das ist man ja gewohnt an der Grünwalder Straße. Was passiert, wenn nicht gewandelt wird? Die Frage wird uns häufig gestellt. Im Grunde ist das Schreckgespenst der Insolvenz seit vielen Jahren Begleiter der Löwen. Eine Antwort auf die Frage, was dann passiert, gibt es ohnehin nicht. Weil eine Insolvenz ihre eigenen Gesetze hat.
Im Sommer hatte Günther Gorenzel noch gesagt, man habe Rücklagen für mögliche Strafzahlungen des DFB gebildet. Ein großes Missverständnis. Denn gemeint hat er damals wahrscheinlich ausschließlich Strafen für Fanvergehen. Für Strafzahlungen in Höhe von fast einer halben Million ist kein Geld da. Zumindest wurde keines zurückgelegt. Aber warum machen wir uns darüber überhaupt Gedanken? Weil wir wirklich glauben, dass Ismaik nicht seine Unterschrift unter die Umwandlung setzt? Es ist doch jedes halbe Jahr das gleiche Spiel. Entweder müssen Darlehen gestundet oder eben gewandelt werden. Vielleicht kommen Forderungen und Bedingungen. Vielleicht – vielleicht auch nicht. Es kommt wie es kommt.
Es geht um Sechzig. Es geht um die Mannschaft und es geht um den Fußball. Der macht unter Michael Köllner mächtig Spaß. Am Ende geht es um den Sport. Darum, dass Sechzig am Samstag eine neue Herausforderung meistert. Wir freuen uns auf ein großartiges und spannendes Spiel gegen Großaspach. Vom Pessimismus anderer sollten wir uns nicht treiben lassen. Das heißt nicht, dass man sich als Fan nicht wehren sollte. Gegen die Behauptung, dass die Fans „schwach sind, unbeholfen und unfähig, etwas zu bewegen“ oder ein „niedriges menschliches Niveau“ hätten. Wir sollten jedoch nicht den Schwerpunkt aus den Augen verlieren. Den Sport. Und die unglaubliche Freude daran. Wenn man sich drauf einlässt. Wer lieber mürrisch daheim sitzt und meckert, soll dies eben tun. Aber bitte ohne denjenigen ständig die Freude zu nehmen, die sie empfinden können und wollen.