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Erfolg ist ein Klettersteig und keine Seilbahn

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Der TSV 1860 München wollte heuer aufsteigen. Was man eigentlich ursprünglich als sportliches Ziel formuliert hat, entpuppt sich vermutlich als Politikum im Rahmen des Giesinger Friedens. Ein Kommentar.

Die Fans des TSV 1860 München erlebten im Olympiastadion am Mittwoch einen äußerst bescheidenen Auftritt der Löwen. Zurecht hagelt es viel Kritik, was die sportliche Leistung angeht. Ich schließe mich vielen Kritikern an. Doch ich erinnere mich auch an einen Spruch, der mich lange geprägt hat. “Es gibt keine schlechten Mannschaften”, sagte einst Napoleon I. Bonaparte zu seinem Marshall und fügte hinzu: “Es gibt nur schlechte Offiziere”. Und über den sportlichen Tellerrand hinaus frage ich mich vor allem eines: Wohin soll die Reise eigentlich gehen und welchen Plan verfolgt man? Diese Frage muss man in erster Linie auch nicht der Mannschaft stellen, sondern den Verantwortlichen. Der kaufmännischen Geschäftsführung und den Gesellschaftern.

Der gemeinsame Weg …

Die Gesellschafter sprachen im Juni 2021 von einem gemeinsamen, regelmäßigen und intensiven Austausch. 1860-Präsident Robert Reisinger unterstrich den Begriff “gemeinsam” und, dass sich die e.V.-Vertreter auf ein baldiges Treffen mit Ismaik freuen. Gemeinsam stellte man die finanziellen Mittel für einen aufstiegsfähigen Kader zusammen. Anfang Februar 2022 stellt Günther Gorenzel noch einmal klar, dass man über eine “absolut wettbewerbsfähige Mannschaft” verfüge – als Begründung dafür, dass man sich nicht verstärken wird. Letzteres klang jedoch eher nach Schönwetterpolitik. Es scheint, als wolle die sportliche Führung vor allem eines nicht: irgendjemanden brüskieren. So oft hatte man sich bereits in dieser Saison bedankt. Bei Familie Ismaik. Beim Verein. Bei beiden Gesellschaftern. Und im Grunde überlässt der TSV 1860 München stets der sportlichen Leitung das Reden.

Bloß niemand brüskieren

Bloß niemand brüskieren, so das Motto des TSV 1860 München. Verpackt wird es schön in die Hashtags “gemeinsam” oder “Ein Weg, ein Ziel”. Bloß keine Befindlichkeiten auslösen. Niemandem auf den Schlips treten. Und festhalten an der Vorfreude am baldigen, gemeinsamen Treffen zwischen Ismaik und den Verantwortlichen vor Ort in München. Vielleicht lösen sich dann einige Probleme von alleine. Und der Erfolg stellt sich von selber ein. Doch mit dem Erfolg ist das so eine Sache. Erfolg ist keine Seilbahn, sondern ein Klettersteig. Da reichen schöne Worte nicht.

Der gemeinsame Auftritt fehlt weiterhin

“Nur nicht die Überzeugung verlieren, Löwen!” Das sind die letzten Worte von Gesellschafter Hasan Ismaik in den sozialen Netzwerken. Das war vor drei Tagen. Vor dem Spiel gegen Türkgücü. Danach kam nichts mehr. Dabei lässt er doch stets alles kommentieren. Fehlen die Worte? Auch Präsident Robert Reisinger sagt nichts zum Spiel. Allerdings ist anzumerken, dass er grundsätzlich keine Spiele medienwirksam kommentiert, so wie der Mehrheitsgesellschafter es tut oder tun lässt. Ohnehin fehlt vor allem weiterhin eines: ein gemeinsamer Auftritt. Wer kann denn nun im Namen beider Gesellschafter sprechen?

Planungssicherheit?

Die wichtigste Frage: warum kann sich der TSV 1860 München nicht rein auf den Sport konzentrieren? Warum können Günther Gorenzel und Michael Köllner nicht mit ihren Männern den Klettersteig in Ruhe klettern, ohne zu fragen, ob am Ende genügend Sicherheitsseil und Karabiner zur Verfügung stehen? Was die sportliche Führung wirklich kann, das kann sie nur beweisen, wenn man frühzeitig Planungssicherheit gibt. Es ist Geld rein gekommen. Mehreinnahmen durch Sponsoren. Einnahmen aus dem DFB-Pokal. Ob man sie verwenden darf? Das weiß die sportliche Führung nicht. Im Winter durfte man sie nicht nutzen. Und im Sommer?

Nur niemand brüskieren. Jede Woche tritt die sportliche Führung vor die Presseleute. “Wir gehen mit jedem Euro sorgfältig um”, so die Botschaft. Es gibt konstruktive Gespräche, erzählt man. Wenn es mehr ins Detail geht, verweist Gorenzel dann gerne auf den Kollegen Marc-Nicolai Pfeifer.

Weiterhin hoffen auf die Seilbahn in die 2. Liga?

Aktuell richtet sich die Kritik vor allem Richtung sportliche Führung und Mannschaft. Aber ich bezweifle, dass das so korrekt ist. Es wird Zeit, dass Gesellschafter Hasan Ismaik und Präsident Robert Reisinger gemeinsam vor die Kamera treten. In München. An der Grünwalder Straße. Und mal Klartext sprechen, was eigentlich der Plan ist. Ob man weiterhin auf Erfolg à la Seilbahn hofft oder endlich den Klettersteig angeht. Ob man das Rüstzeug nicht nur für eine Saison zur Verfügung stellt, sondern mit einem langfristigen Plan. Dann hat vielleicht auch irgendwann das Wort “Nachhaltigkeit” im sogenannten “nachhaltigen Finanzpaket” eine Berechtigung.

Titelbild: CC0 1.0 Universal (CC0 1.0) Public Domain Dedication

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