Am kommenden Dienstag treten die Löwen im Grünwalder Stadion gegen den befreundeten 1. FC Kaiserslautern an. Mit dem besten Torschützen und der besten Tordifferenz lauert 1860 München auf Ausrutscher der Konkurrenz. Vor einem Jahr standen die Löwen nach 34 Spieltagen mit 52 Punkten in der Tabelle auf Platz 8. Der aktuelle Punktestand hätte vor einem Jahr die Tabellenführung in der 3. LigaDritthöchste Spielklasse im Meisterschaftssystem des deutsc... bedeutet.
Vorletztes Heimspiel in der 3. Liga
Ein hochemotionales Punktspiel zwischen den Löwen und den roten Teufeln vom Betzenberg erlebten am 33. Spieltag der Saison 1979/80 45.000 Zuschauer im Münchner Olympiastadion. Gegen die Lauterer, die im damaligen Saisonfinale eine furchteinflößende Serie von 19:1-Punkten hingelegt hatten, ging es für 1860 München um alles. Eintracht Braunschweig stand gegen Ende der Spielzeit bereits als Absteiger fest und Werder Bremen benötigte schon ein kleines Fußballwunder, um dem drohenden Abstieg noch zu entgehen. Vom dritten Abstiegsplatz war neben Hertha BSC und Bayer 05 Uerdingen auch Münchens große Liebe bedroht. Diese drei Mannschaften hatten vor Anpfiff des vorletzten Spieltages 27 Punkte auf dem Konto. Die Löwen lagen aufgrund der besseren Tordifferenz hauchdünn vor den beiden Abstiegskonkurrenten.
Gegen Ende der 70er Jahre erlebten die Fans von Sechzig München eine bewegte Zeit. Auf das beispiellose Drama in der Relegation gegen Arminia Bielefeld folgte im Jahr 1978 trotz Derbysieg der Abstieg aus der Bundesliga. In der 2. Bundesliga Süd der Saison 1978/79 trug 1860 München 13 Heimspiele im Grünwalder Stadion aus und 6 Partien im Olympiastadion. Es gelang postwendend die Rückkehr in das Fußballoberhaus.
Das Präsidium von 1860 München sah die Anzahl von 8.430 Sitzplätzen im Grünwalder Stadion als zu gering an. Deshalb wurden die Heimspiele in der Spielzeit 1979/80 wieder komplett im Olympiastadion ausgetragen. Eine Sitzplatzkarte kostete damals bis zu 26 DM, ein Stehplatz 8,50 DM. Die 47.000 möglichen Sitzplätze im Olympiastadion gaben den Ausschlag für die Heimspielstätte am Oberwiesenfeld. Mit durchschnittlich 29.735 Zuschauern belegten die Löwen in der Zuschauertabelle den 5. Platz.
Die Bundesligasaison 1979/80 verlief sportlich wesentlich besser als die zwei Jahre zuvor, aber eine Serie von fünf sieglosen Spielen am Stück ließ 1860 München wieder in den Keller abrutschen. Ausgerechnet jetzt kam zum letzten Heimspiel der Saison mit dem Tabellenvierten ein Gegner in das Olympiastadion, der seit 10 Spieltagen nicht mehr verloren hatte. 45.000 Zuschauer hatten sich im Stadion eingefunden. Manche Fans hatten ein Transistorradio mitgenommen, um sich über die Spielstände von Hertha BSC bei Fortuna Düsseldorf und Bayer Uerdingen zu Hause gegen Eintracht Frankfurt zu informieren.
Wiederaufstieg in die Fußballbundesliga
Das Spiel begann mit einem spektakulären Paukenschlag. Nach einer Ecke klärte FCK-Ikone Ronnie Hellström per Faustabwehr die Situation. Herbert Scheller hatte bei dieser Ecke vor dem Strafraum den Rückraum abgesichert, als genau vor ihm der Ball wieder runter kam. Aus 25 Metern nahm er den Ball mit vollem Risiko direkt aus der Luft und feuerte ihn auf das FCK-Tor ab. Der Ball flog an Freund und Feind vorbei, klatschte an den rechten Innenpfosten und landete zur 1:0-Führung im Netz.
Nach diesem sehenswerten Treffer kamen jedoch die Gäste aus der Pfalz ins Spiel. Fast im Gegenzug gelang ihnen bereits zwei Minuten später der Ausgleich. 8 Minuten nach dem Ausgleich erhöhte Reiner Geye mit seinem zweiten Treffer sogar auf 1:2 für Kaiserslautern. Zur Halbzeit führte Bayer Uerdingen mit 2:0 gegen Eintracht Frankfurt. Die Tabellensituation für die Löwen wurde somit immer prekärer. Einziger Lichtblick zur Pause war der 1:0-Rückstand von Hertha in Düsseldorf.
Kein Spiel für schwache Nerven
Die zweite Halbzeit startete mit einem neuerlichen Highlight aus Löwensicht. In der 47. Minute kam nach einer Ecke zum zweiten Mal ein Löwenspieler frei zum Schuss. Erhard Hofeditz hämmerte den Ball aus kurzer Distanz unter die Latte zum Ausgleich. Berühmtheit hatte Hofeditz erlangt, als er am 12. November 1977 den entscheidenden Elfmeter gegen Bayern München herausgeholt hatte. Er hatte den späteren Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge mit den Worten „Du rote Bayernsau“ zu einer Ohrfeige provoziert.
Den Fans stand eine nervenaufreibende zweite Halbzeit zwischen Hoffen und Bangen bevor. Für eine Dame wurde es offensichtlich zu viel. Sie stürmte nach einer vermeintlichen Fehlentscheidung den Platz und wollte auf den Unparteiischen losgehen. Zwei Löwenspieler und Sicherheitskräfte konnten sie jedoch daran hindern. Auf den übrigen Plätzen zeichnete sich ein Heimsieg von Bayer 05 Uerdingen und eine hohe Niederlage von Hertha BSC in Düsseldorf ab.
Ein spätes Siegtor von 1860 München gegen Kaiserslautern hätte somit den fast sicheren Klassenerhalt zur Folge. Löwentrainer Carl-Heinz Rühl wäre mit einem Punkt bereits zufrieden gewesen und wies seine Spieler gegen Ende der Partie lautstark an, kein Risiko mehr einzugehen. Nach einem Gestocher an der Strafraumgrenze landete der Ball in der letzten Minute erneut bei Herbert Scheller. Er zog in den Sechzehner, zog ab und erzielte das wichtigste Tor der Saison. Die Fans sprangen von ihren Sitzen und feierten ausgelassen die Rettung. In ihrer Euphorie wälzten sich glückliche Löwenspieler in den Armen haltend auf dem Rasen. Es spielten sich im weiten Rund unbeschreibliche Jubelszenen ab. Für alle, die an diesem Tag im Olympiastadion waren, ist dieses Spiel unvergesslich.