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Ein Kommentar zur investigativen Aufarbeitung der Vergangenheit

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Es war so sicher wie das Amen in der Kirche. Beginne ich eine Serie rund um den Lobbyismus von HAM International und damit eine rückblickende Betrachtung der vergangenen Jahre, werden mir wieder einige vorwerfen, ich möchte Unruhe stiften. Zurecht? Dazu ein Kommentar.

Kein echter Löwe, meint ein User auf Facebook über mich. Weil ich ein Thema aufgreife, das aktuell aus seiner Sicht einfach nicht passt. Es läuft im Moment. Unruhe ist also nicht angebracht. Und damit auch nicht die Thematisierung des Lobbyismus in den vergangenen Jahren. Wohlgemerkt, ein Lobbyismus, der auch heute noch existent ist, sich aber verändert hat. Aber das kommt in einem späteren Teil der Serie, die ich gestern begonnen habe. “Mal wieder schüren die Hobby-Journalisten vom LM Unruhe im Aufstiegsendspurt. Da hat jemand Angst vor der 2. Liga”, schreibt ein anderer User. Habe ich nicht. Haben wir nicht. Im Gegenteil. Gerade auch im Hinblick auf den Ausbau des Grünwalder Stadions wäre ein schnellstmöglicher Aufstieg positiv. Und sportlich könnte die kommende Saison in der 2. Bundesliga die wohl spannendeste deutsche Liga werden. Eventuell auch mit dem 1. FC Köln und Schalke.

Die Geschäftsführung und die sportliche Führung der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA sind unbelastet. Marc-Nicolai Pfeifer als Finanz-Geschäftsführer, Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel und auch Trainer Michael Köllner haben zumindest mit dem ersten Teil meines Artikels rund um den Lobbyismus von HAM International nichts zu tun. Glaubt jemand ernsthaft, dass es Auswirkungen auf ihre Arbeit hat? Weil sich ein Fan-Magazin mit einer Thematik beschäftigt, die die vergangenen Jahre Einfluss hatte? Das ehrt mich einerseits, wenn jemand glaubt, wir hätten soviel Einfluss. Den haben wir aber in keinster Weise. Und das ist auch gut so. In welcher Form sollte es sonst Auswirkungen auf den aktuellen Kurs haben? Oder geht es darum, dass man die Öffentlichkeit nicht mit solchen Themen “belasten” soll? Werden Sponsoren abgeschreckt, wenn man anspricht, was im Grunde jeder weiß? Oder möchte der eine oder andere einfach solche Themen nicht hören?

Als wir den Fall rund um Gerhard Schnell und die sogenannte Email-Affäre öffentlich machten, wurde ich bereits mit der Frage konfrontiert. Ist es beim aktuellen Kurs notwendig, solche Sachen zu thematisieren? Das ist durchaus ein Gewissenskonflikt. Man will in “fetten Jahren” eben nicht der biblische Josef sein. Josef, das war derjenige, der dem Pharao Ägyptens erklärte, dass er in den guten Jahren für die schlechten Jahre vorsorgen soll. Der Pharao vertraute ihm, füllte die Kornspeicher und die kommende Hungerzeit wurde überstanden.

Es ist von eh und je eine Problematik beim TSV 1860 München, dass man immer wieder auf einen Neustart hofft und sich blenden lässt. Die Vergangenheit abhakt und nur nach vorne schaut. Wir erinnern uns durchaus: Man hat die KGaA in den letzten Jahren nicht nur einmal verschuldet, sondern immer wieder. Und immer wieder glaubte man, es wären aktuell andere Voraussetzungen gegeben. Das es jetzt anders wäre. Und das ist auch genau der Sinn meiner Serie über den Lobbyismus. Nämlich aufzuzeigen, dass man immer wieder die Realität weggelächelt hat. Und jeder euphorisch den IST-Zustand bejubelt hat. Dieser Zustand blieb allerdings nie.

Und immer dann, wenn es nicht lief, kam zum Beispiel ein neuer Email-Angriff auf die KGaA. Deshalb war es wichtig, diese Thematik JETZT anzusprechen. Und sie ist hoffentlich nun tatsächlich vom Tisch. Oder hat zumindest einen ordentlichen Dämpfer bekommen und Verantwortliche als auch Fans sensibilisiert. Wenn nicht jetzt, wann denn dann?

Dem Erfolg der Profis hat es nicht einmal annähernd geschadet. Und das wäre auch fatal. Wir sprechen hier von einer professionellen Fußballmannschaft. Und nicht von einer Schulklasse, die einen Ausflug plant und sich darüber aufregt, dass der Klassenlehrer bittet, Regenklamotten mitzunehmen, obwohl aktuell draußen noch die Sonne scheint. Ich erinnere mich zurück, wie oft mich meine Mutter gebeten hat, einen Pullover mitzunehmen. Und ich es nicht getan habe, weil es draußen schön war. Am Abend wurde es kalt und ich fror. So etwas passiert mir als Erwachsener nicht mehr oder zumindest nur selten.

Wer einfach nur den aktuellen sportlichen Zustand genießen möchte, der soll das tun. Und eben unsere Berichterstattung ausblenden. Aber ich behaupte mal, dass diejenigen, die uns Unruhe vorwerfen, sehr identisch mit denjenigen sind, die vor Kurzem noch den schmalen Kader beklagt und Untergangszenarien diskutiert haben. Und die, wenn das nächste Spiel verloren geht, auch wieder irgendeinen Schuldigen suchen. Bei einigen habe ich sogar eindeutige Beweise, weil ich ihre Kommentare sehr genau verfolge.

Die Löwen spielen eine ausgezeichnete Saison. Sie haben Aufstiegschancen. Und wir hoffen alle, dass es am Ende reicht. Aber selbst wenn es nicht reicht, im Moment macht es jeden Spieltag mehr Spaß. Allerdings wollen wir eben nicht nur eine Momentaufnahme. Wir wollen eine gesicherte Zukunft. Wir wollen, dass die Gesellschafter ihre aktuelle Basis aufrecht erhalten und es im Sommer wieder zu vernünftigen Gesprächen im Hinblick auf die nächste Fortführungsprognose kommt. Wir wollen, dass es im Hinblick auf das Stadion vorwärts geht. Das geht manchmal eben nicht ohne Blick zurück.

Titelbild von nyochi

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