Die aktive Fanszene des FSV Zwickau wird das Spiel im Grünwalder Stadion am morgigen Mittwoch boykottieren. Weil die Staatsanwaltschaft eine Zaunfahne der Fan-Gruppe „Red Kaos“ aus dem Verkehr zieht. Es geht um die Darstellung des „s“ im Namen des Fanclubs. Die Staatsanwaltschaft München I hat den TSV 1860 München und die Polizei angewiesen, die Zaunfahne der Gruppierung zu verbieten. Es erfülle den Tatbestand von §86a StGB. Diese Entscheidung ist nicht nur unsinnig, sondern höchstgradig gefährlich.
Seit mehr als 20 Jahren gehört das Banner zu jedem Spiel des FSV Zwickau. Seit 1997 ist es im Einsatz. Die Gruppierung gilt als eher links einzuordnen. In diversen Berichten sind sie sogar dafür bekannt, die Nazis aus dem Stadion des FSV Zwickau eher zurückzudrängen. Zahlreiche Bilder von Choreographien und Fahnen widersprechen der Einschätzung der Staatsanwaltschaft zudem deutlich. Das „s“ im Namen des Fanclubs unterscheidet sich von der durch die Nazis genutzte S-Rune.

Die Paragraphen 86 und 86a
Die Paragraphen 86 und 86a StGB betreffen die „Tatbestände der Verbreitung von Propagandamaterial verfassungswidriger Organisationen und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“. Dabei geht es dem Staat um die potentielle Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates. Der Zweck der Paragraphen ist die Bewahrung des demokratischen Rechtsstaates und des politischen Friedens. Im §86a des StGB werden symbolträchtige Kennzeichen wie zum Beispiel das Hakenkreuz oder die Siegrune erfasst, deren Verbreitung oder Verwendung dem Ziel dienen, dass verfassungswidrige Organisationen trotz eines Verbotes ungehindert ihre Wiederbelebung betreiben können. So beschreibt der Verfassungsschutz die Rechtssprechung. Die Fan-Gruppe Red Kaos erkennt man darin nicht wieder. Nicht einmal im Ansatz.
In zahlreichen Schriftzügen wird diese blitzartige Form eines „S“ verwendet. Zum Beispiel beim Münchner Gasthaus Poseidon. Niemand würde hier auf die Idee kommen, den Paragraphen 86a auszupacken. Sogenannte Lightning Fonts werden verkauft oder sind als freier Download verfügbar. Auch hier ist oft das S in einer Blitzform dargestellt.
Was die Staatsanwaltschaft München macht, ist hochgradig gefährlich. Weil es die Gesetzgebung ad absurdum führt und die Entscheidung im Hinblick auf „Red Kaos“ am eigentlichen Zweck der Paragraphen vollkommen vorbeigeht. Der Kampf gegen potentielle Gefährder des demokratischen Rechtsstaates ist viel zu wichtig, als dass man hier einen an den Haaren herbeigezogenen „Fall“ konstruiert.
Ob der Protest der aktiven Szene aus Zwickau der richtige Weg ist, kann man diskutieren. Allzu viele Möglichkeiten, sich gegen eine derartig willkürliche Auslegung einer sehr wichtigen Gesetzeslage zur Wehr zu setzen, hat man allerdings nicht. Währenddessen grinsen sicherlich einige Nazis vor sich hin. Ihre tatsächlichen SS-Runen verstecken sie gewissenhaft unter einem Shirt und gehen dann zum Fußball. Und gerade der FSV Zwickau hat in seiner Geschichte durchaus mit Nazis zu kämpfen gehabt.