Ein Kommentar
Die fußballbegeisterten Fans des TSV 1860 München wurden in den vergangenen Jahren gequält wie Ameisen, auf die man gezielt mit einer Lupe losgeht. Die Fangemeinde war immer da, wurde aber konsequent dezimiert. Trotz eines anfänglich bejubelten Investors.
In der Zwischenzeit ist die qualvolle Zeit in der 2. Bundesliga vorbei. Eine Zeit, in der es nicht wirklich nach oben ging. Mittelfeld, wenn überhaupt. Auch Abstiegskampf und Relegation waren Bestandteil dieser Zeit. Trotz wahnsinniger Finanzspritze und großen Investitionen. Außerhalb der Fanszene waren die Sechzger perfekt geeignet für Spott und Häme. Für das große Grinsen derjenigen Bürger, die mit Fußball herzlich wenig zu tun haben. Man hat gerne in seiner Stadt einen Prügelknaben und in der Vergangenheit boten sich die Löwen dafür perfekt an. Dann der große Fall. Und vielerorts hörte man die Worte: “Tja, war doch klar.” Nicht nur 3. LigaDritthöchste Spielklasse im Meisterschaftssystem des deutsc..., sondern sogar Regionalliga. Ein tiefer Fall nach unten. Und damit war eigentlich klar: Sechzig war in München nun noch viel mehr die Lachnummer.
Doch es kam anders
Die Saison 2017/18 als Geschenk an die Spötter? Weit gefehlt. Denn trotz dem tiefen Fall in die Regionalliga Bayern bietet der TSV 1860 München für die großen Stammtisch- und Lästerparolen kaum Angriffsfläche. Eine alte Frau fragt in der Tram einige Sechzger-Fans, gegen wen man heute spiele. “Bayreuth”, kommt die Antwort. Und die Dame lächelt: “Dann hoffen wir auf einen Sieg. Ich bin ja kein Fußball-Fan, aber über Sechzig hört man im Moment nur Gutes!” Worte, die mich verwundern, aber die mir auch zeigen, dass sich das Bild gewandelt hat.
1860 wurde lange belächelt. Dann der Schockmoment und der tiefe Fall. Viele Münchner verdrehten die Augen und schüttelten mißmutig den Kopf. Aber nun ist eine ganz andere Stimmung. Und da rede ich nicht von den Fans. Sondern von ganz gewöhnlichen nicht-fußballorientierten Bürgern. Sechzig? Das ist GiesingStadtteil rechts der Isar und südöstlicher Teil der bayeri.... Das ist Ausdruck ewigen Kampfes. In GiesingStadtteil rechts der Isar und südöstlicher Teil der bayeri..., nein, da gibt man nicht auf. Und dieser Kampfgeist tut vielen Münchnern gut.
Sehnsucht nach Tradition und Werten
In einer Zeit von Terror und Gewalt, in einem Jahrhundert, wo vor allem außerpolitische Themen eine Rolle spielen und die Globalisierung uns förmlich erdrückt, da ist 1860 ein Verein, der versucht hat, nach oben zu kommen und dann tief gefallen ist. Jeder Betrieb wäre in der heutigen Zeit für immer erledigt. Würde in seine Bestandteile zerlegt werden und wäre nur noch ein maginaler Teil der Geschichte. Vollkommen bedeutungslos und unter die Räder der kommerziellen Globalisierung gekommen.
Nicht aber Sechzig. Der Verein steht für etwas, nachdem sich viele sehnen. Nach Werten und Traditionen, die wir von Jahr zu Jahr immer mehr verraten haben. Denen wir den Rücken zugekehrt haben. Angefangen mit dem Oktoberfest, das wohl eines der traditionsreichsten Volksfeste der Welt ist. Und es gibt durchaus noch viele Ecken, wo man traditionsreich und bayerisch auf der Wiesn feiern kann. Die Stadt jedoch wird in dieser Zeit überschwemmt von karnevalistischen Auftritten einer Pseudo-Traditions-Generation. Mit gold angesprühten Lederhosen und aufreizenden Dirndln, die herzlich wenig an bayerische Kultur erinnern. Die Wiesn-Wirte drücken ihrem Fest immer noch fleißig den Traditions-Stempel auf. Im Grunde aber geht es vor allem darum, möglichst viel Geld zu erwirtschaften. Und da ist ein preußisch-angehauchter Karneval in der Stadt durchaus lukrativ.
Dieter Reiter – politische Chance
Dieter Reiter, Oberbürgermeister einer sehr traditionsreichen Stadt, kann nun politisch davon profitieren. Indem er sich für das Grünwalder Stadion einsetzt. Freilich, politisch kann er das nur Stück für Stück. Aber eine rasche Öffnung des Stadions auf 15000 wäre schon mal ein wichtiger und guter Schritt. Von dem er durchaus profitieren kann. Weil im Moment der TSV 1860 München die Landeshauptstadt wohl am Meisten so präsentiert, wie Münchner sie gerne sehen: Eine Weltstadt mit Herz und Hang zur Tradition. Und keine globalisierte Mega-Stadt, die man als Marke um jeden Preis und an allen Ecken verschachert. München hat vor allem im Hinblick auf den Traditionsverein die Chance, einmal mehr Flagge zu zeigen: Wir sind Weltstadt mit Herz!