Die Stadt München wollte die Verschärfung der Stadionordnung irgendwie heimlich still und leise am heutigen Dienstag durchwinken, so der Eindruck von außen. Aufgrund von scharfer Kritik von diversen Fangruppierungen und Organisationen hatte man im Mai die Abstimmung vertagt. Am heutigen Dienstag wurde sie nun doch verabschiedet. Auf die kritisierten Punkte ist man dabei nicht eingegangen.
Oder doch? Zumindest die SPD in München ist der Meinung, man habe einen guten Kompromiss gefunden. Bürgermeisterin Verena Dietl zeigt sich gegenüber der Abendzeitung zufrieden mit dem Ergebnis. Man habe Ausnahmen für Grünspitz und Candidplatz beschlossen, so die Sport-Bürgermeisterin. Ironischerweise waren beides keine Forderungen der Fanvertreter. Sondern eine, erst vor wenigen Tagen beschlossene Forderung des Bezirksausschusses Obergiesing-Fasangarten. Wo also ist der Kompromiss mit den Fans? Auch Grünen-Stadtrat Dominik Krause betont in einem Gespräch mit der AZ, man habe einen Kompromiss gefunden. Und er betont: nachdem die Polizei mit großem Nachdruck nach Verschärfungen gerufen habe.
Wer also will wirklich die heute beschlossene Verschärfung der Stadionordnung? Tatsächlich die Polizei? Dann muss man sich schon fragen, warum sich Politiker derart von der Polizei vor sich hertreiben lassen. Grundsätzlich sei es keine Verschärfung, so das Kreisverwaltungsreferat, die Regeln seien gleich geblieben. “Der räumliche Umgriff soll lediglich für alle Spiele angewendet werden”. Heißt: Alles Spiele sind Risikospiele. Das Wort Risikospiel wird allerdings gestrichen.
“Der Zeitpunkt der Änderungen kann nicht aufgeschoben werden, da am 15.06.2021 das erste Spiel der UEFA EURO 2020 in München stattfinden soll und deswegen aufgrund der baulichen Maßnahmen an der Arena ein Änderungsbedarf besteht. Aus Sicht des KVR sollten für die beiden großen Fußballstadien in München die gleichen Regelungen gelten, weswegen die Grünwalder Stadionverordnung gleichzeitig mit angepasst werden soll”, so das Kreisverwaltungsreferat zur Begründung für das politische Durchboxen der neuen Verordnung. Wenige Tage später hatte man dann vertagt. Die EM lebte ohne die neue Stadionordnung. Nach der Europameisterschaft setzte es die Stadt München schnell wieder auf die Agenda. Wie gesagt: ohne tatsächliche Kompromisse. Mal abgesehen von dem, was der Bezirksausschuss vor ein paar Tagen forderte.
“Diese Verordnung ist nicht in Stein gemeißelt”, so Verena Dietl. Recht hat sie. Erst morgen wird die Vollversammlung darüber abstimmen. Aber ob hier noch ein klares “Nein” zu erwarten ist? Da braucht es mehrere Politiker mit ordentlich Arsch in der Hose. Dietl meint weiter: “Wenn es nötig ist, holen wir alle Beteiligten nochmal an einen Tisch.” Auch da hat sie Recht. Dann muss man morgen bei der Vollversammlung jedoch auch Klartext sprechen und mit “Nein” stimmen. Um es noch einmal genauer zu erörtern, welchen Sinn und Zweck die Verschärfung hat.
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14. Juni 2020 Löwenfans gegen Rechts mit Stellungnahme gegen geplante Verschärfung der Stadionordnung
15. Juni 2020 Sechzger Stadion an der Grünwalder Straße: Änderung der Stadionverordnung vertagt
18. Juni 2020 Stellungnahme der Polizei München zur Stadionordnung und Risikospielen
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23. April 2021 Informationen zur Berichterstattung „Bannmeile rund ums Grünwalder Stadion“
26. April 2021 Stellungnahme der Löwenfans gegen Rechts zur geplanten Verschärfung der Stadionordnung
26. April 2021 Ein Kommentar zur Posse rund um die Stadionordnung des Grünwalder Stadion
3. Mai 2021: Verschärfung der Stadionordnung kommt (vorerst) nicht
21. Juli 2021: Verschärfung der Stadionverordnung: Bezirksausschuss Obergiesing-Fasangarten lehnt Ausweitung der Risikoverordnung ab
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