Der TSV 1860 München muss eine Turnhalle bauen. Mittlerweile wird sie aber vor allem klubintern vereinspolitisch missbraucht.
Im Jahr 1981 stiegen die Löwen aus der 1. Bundesliga ab. In der darauf folgenden Saison wollte man mit aller Macht wieder aufsteigen und investierte kräftig. Sechzig blieb allerdings zweitklassig. Die großen Investitionen der sowieso klammen Löwen brachten so große wirtschaftliche Probleme mit sich, dass der DFB-Liga-Ausschuss den Löwen die Lizenz verweigerte. Der TSV 1860 München fiel in den Amateurfußball und wurde für neun Jahre Teilnehmer der Bayernliga. Um wirtschaftlich wieder Luft zu bekommen, wurden damals 59 Prozent der in der Isarvorstadt gelegenen vereinseigenen Turnhalle an der Außenstraße – in der die Amateursportler zuhause waren – an die Stadt München verkauft. Acht Jahre später, im Jahr 1990, wurden schließlich auch die restlichen 41 Prozent an die Stadt veräußert. Das Geld aus der zweiten Tranche wurde zunächst zurückgelegt, verbunden mit dem Versprechen des damaligen PräsidentenÜbersicht über alle Präsidenten des TSV München von 1860... Mehr Karl-Heinz WildmoserKarl-Heinz war langjähriger Vereinspräsident des TSV 1860 ... Mehr, aus diesen Mitteln eine neue Turnhalle für die Amateursport-Abteilungen zu errichten. Als jedoch zur Jahrtausendwende Pläne des DFBDer Deutsche Fußball-Bund e. V. (DFB) ist de... Mehr zur Intensivierung der Nachwuchs- und Talentförderung auftauchten, in denen Bundesligisten verpflichtet werden sollten, ein NLZ zu errichten und die Existenz einer solchen Einrichtung ab der Saison 2001/02 auch zu einem Teil des Lizenzierungsverfahrens wurde, steckte der TSV 1860 das zurück gelegte Geld aus dem Verkauf der Turnhalle in die Errichtung des geforderten NLZs an der Grünwalder Straße 114. Eine bereits ausgehobene Baugrube für die neue Halle wurde wieder zugeschüttet – Wildmosers Versprechen an die Amateurabteilungen nie eingelöst. In den Vorgaben für die Errichtung und Unterhaltung von Leistungszentren der Teilnehmer der Lizenzligen im Deutschen Fußball heißt es: »die Möglichkeit der Hallennutzung im Winter muss vorhanden sein; die Halle sollte in der Nähe des Leistungszentrums liegen.« Der vereinseigene Hallenbau ist also nicht nur für die Amateur-Abteilungen unerlässlich, sondern dient auch in hohem Maß den Junglöwen. Die Lage direkt am Gelände ist dafür ideal geeignet.
Der TSV 1860 München besitzt sein Trainingsgelände übrigens nicht. Das Grundstück gehört der Stadt München, die wiederum das Gelände gegen einen Erbpachtzins dem Verein zur Verfügung stellt. Nur die Bebauung ist im Besitz von 1860, der Grund bleibt bei der Stadt. Geregelt wurde dies in einem sog. Erbpachtvertrag. In diesem Erbpachtvertrag ist geregelt, dass Sechzig auf dem Gelände eine Sporthalle bauen muss. Der Vertrag wurde mit dem e.V. abgeschlossen. Unter Karl-Heinz WildmoserKarl-Heinz war langjähriger Vereinspräsident des TSV 1860 ... Mehr gliederte der Verein 2002 seine Profifussballabteilung, zu der auch die U21 und U19 gehören in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Co. Kommanditgesellschaft auf Aktien aus. Gleichzeitig wurde der Erbpachtvertrag auf die Profifussballabteilung übertragen – und somit auch die städtebauliche Verpflichtung bezüglich dem Bau einer Turnhalle.
Warum wird der Bau einer Turnhalle kritisiert?
Seit 2002 gibt es Pläne, Überlegungen und Ideen zur Errichtung der Halle. Nachdem Wildmoser den Bau der Halle stoppen ließ, wurde erst unter Robert ReisingerRobert Reisinger, geboren 15.01.1964 ist Präsident des TSV ... Mehr das Projekt wieder konkret. Es wurden Pläne und eine Bauvoranfrage vom Architekturbüro Günther erstellt, die positiv beschieden wurde. Gerhard Günther und sein Sohn Leopold sind beide Mitglieder der Fußballabteilung im Verein und haben die gesamte Grundlagenermittlung und Vorplanung ehrenamtlich unterstützt. Der Verein hat dafür bislang keinen Euro bezahlt. Außerdem wurde ein Finanzierungsplan erarbeitet.
An dieser Stelle könnte man sich fragen, wie ein hochverschuldetes Unternehmen wie die Profifussballfirma der Löwen (KgaA) eine Finanzierung für 20 Mio. stemmen kann? In Zeiten, in der das Sportbudget gerade einmal 4,5 Mio. hoch sein soll. Die Antwort: Gar nicht. Bezahlen würde dies einzig der e.V.. Vorteilhaft ist natürlich, dass ein gemeinnütziger Verein Förderungen erhält, die ein Wirtschaftsunternehmen nicht bekommt. Außerdem würden verschiedene Gewerke in Eigenleistung durch Mitglieder und Partner des Vereines erbracht werden können. Ähnlich wie bei der Sanierung des NLZ, das auch durch Mitglieder und Firmen ehrenamtlich umgebaut wurde, obwohl das Nachwuchsleistungszentrum unter der KgaA läuft.
Neben der Zustimmung der Mitglieder ist aber auch eine Anpassung des Erbpachtvertrages der KgaA mit der Stadt München notwendig. Dazu bedarf es der Zustimmung von Hasan IsmaikHasan Abdullah Mohamed Ismaik (arabisch: حسن عبد ال... Mehr. Mit der räumlichen Teilung könnte sich die KGaA übrigens künftig einen nicht unerheblichen Anteil der Pacht an die Stadt München sparen, da die Profi-Fußballgesellschaft aufgrund ihres kommerziellen Unternehmenscharakters eine höhere Pacht für das Gesamtareal an die Landeshauptstadt bezahlt, als es ein gemeinnütziger Verein tun muss. Eigentümer des Grundstückes des Gesamtareals ist sowieso die Stadt München – nicht Hasan IsmaikHasan Abdullah Mohamed Ismaik (arabisch: حسن عبد ال... Mehr oder die KgaA. Da der Teil, auf dem die Halle errichtet werden soll, unbebaut ist, erfährt Hasan IsmaikHasan Abdullah Mohamed Ismaik (arabisch: حسن عبد ال... Mehr dadurch auch keinen Wertverlust. Von daher sind Behauptungen, dass „man Ismaik was vom Filetstück 114 weg nähme“ schlichtweg falsch. Selbst eine Halle bauen werden weder er noch die KgaA.


© Architekturbüro Gerhard Günther
Nutzen auch für den Fußball-Nachwuchs
Der Bau der Turnhalle ist in den Bauplänen nur ein Bauabschnitt. Robert ReisingerRobert Reisinger, geboren 15.01.1964 ist Präsident des TSV ... Mehr erklärt, dass man durch die Verlagerung des Löwenstüberls (inkl. Gastro-Konzession) Platz auf dem Gelände der Profifussballer schaffen könnte, um dort die Funktionsräume zu erweitern und zu modernisieren. In der Halle würde man zusätzliche Fitnessräume schaffen, die eine Lösung für die Überbelastung der heutigen Räume darstellen würden und ein Vereinsmuseum. Nutzen würden es selbstverständlich die Amateursportler, aber auch die Junglöwen aus dem NLZ. Hier würde man der Forderung des DFBDer Deutsche Fußball-Bund e. V. (DFB) ist de... Mehr nachkommen, dass eine Sporthalle in der Nähe des NLZ liegen muss, was heute nicht der Fall ist. Mit dem Bau dieser Mehrzweckhalle würde man so auch massiv in den „Profifussball der Zukunft“ investieren. Außerdem würden zusätzliche Parkplätze geschaffen – auch ein Thema am Trainingsgelände.
Seitenhieb von Ex-Präsident Cassalette
Um negative Aspekte an diesem Projekt zu finden, muss man wahrscheinlich Berufs-Pessimist sein oder ein vereinspolitisches Ziel verfolgen. Ex-Präsident Peter CassalettePeter Cassalette wurde am 30.11.1952 in München geboren und... Mehr zum Beispiel äußerte sich in einem Interview auf db24 äußert herablassend über dieses Vorhaben: „Die Konstellation mit Hardlinern des Vereins hat keine Zukunft. Ich frage Sie: Wo ist die Turnhalle, die Reisinger allen versprochen hat?“ Cassalette vergisst dabei, dass es auch seine Aufgabe gewesen wäre, den Bau voranzutreiben, dass sich die KgaA und nicht der e.V. um die Halle kümmern müsste und, dass trotz aller Vorarbeit, sich Hasan IsmaikHasan Abdullah Mohamed Ismaik (arabisch: حسن عبد ال... Mehr jahrelang nicht durchringen kann, eine Entscheidung diesbezüglich zu treffen.
Dass eine Turnhalle nun als vereinspolitisches Machtinstrument genutzt wird, wirft ein schlechtes Bild auf den TSV 1860 München, v.a. aber auf die Personen, die sich darüber lustig machen. Sie machen sich über tausende Sportler im eigenen Verein lustig, nehmen unsere Kinder- und Jugendmannschaften nicht ernst und zeigen anderen Sportarten die kalte Schulter.
Förderung des Sports ist wichtig
Turnhallen sind in Deutschland, resp. in München sowieso ein schwieriges Thema, denn: es gibt zu wenige und viele davon sind Sanierungsfälle. Die Folge „Sportunterricht als Mängelverwaltung“ des Podcasts Sport Inside vom WDR zeigt eine dramatische Entwicklung bzgl. der Sporthallen in Deutschland auf. Vor dem Hintergrund, dass sich Kinder immer weniger bewegen, die Zahl der psychisch Erkrankten steigt und körperliche Aktivität in den akademischen Berufen von Natur aus abnimmt, ist der Bau und der Erhalt von Sportstätten unglaublich wichtig. Breitensport ist wichtig und erfährt unter den (jungen) Erwachsenen, auch getrieben durch den aktuellen Fitness-Boom, eine steigende Bedeutung. 1860 ist ein Turn- und Sportverein, kein reiner Fussball Club. Das Aushängeschild des Clubs mag der Profifussball sein, ihn darauf zu reduzieren wird dem TSV aber nicht gerecht. Die Turnhalle polemisch auf Turnen und Amateure zu reduzieren ist peinlich für die, die es tun. Sie drücken damit offen aus, dass ihnen die Hintergründe des eigenen Vereins nicht wichtig sind. „Mich interessiert nur Profifussball“ ist beim TSV 1860 schwierig. Profifussball funktioniert nur mit einer guten Ausbildung in den Jugendmannschaften und beim TSV nur gemeinsam mit den restlichen Abteilungen des Vereins.
Titelbild: Imago