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Die Stellungnahme des TSV 1860 zum “Grünwalder Stadion” – Stadtratsbeschluss im Detail kommentiert

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Die Sportausschuss der Stadt München hat eine Entscheidung getroffen. Man ist gewillt das Grünwalder Stadion nicht nur für 20 Millionen Euro zu sanieren, sondern zusätzlich für weitere 57 Millionen Euro zweitligatauglich zu machen. Es folgt eine Stellungnahme der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA, die wir inhaltlich ein wenig kommentieren möchten.

Der TSV 1860 München habe “die Bemühungen der Sportstadt München, die Stadioninfrastruktur zeitgemäßer zu gestalten und zu optimieren positiv zur Kenntnis genommen”, schreibt der TSV 1860 München in einer Stellungnahme. Es folgen einige kritische Punkte. Ob es die Stellungnahme in der Form gebraucht hat und sinnvoll ist, bezweifle ich. Inhaltlich ist sie jedoch richtig. Deshalb möchte ich die drei Kernaussagen noch einmal genauer thematisieren und kommentieren.

Die gesamte und ungekürzte Stellungnahme findet ihr hier: Stellungnahme des TSV 1860 München zum “Grünwalder Stadion” – Stadtratsbeschluss

Aktuelle Ablehnung eines Erbpachtmodells

“In der öffentlichen Diskussion der Stadt München ist erneut von einer Lösung im Rahmen eines Erbpacht-Modells zu hören. Um über ein derartiges Modell nachdenken zu können wäre von Nöten, dass es hierfür zu einer deutlichen Kapazitätserweiterung auf mindestens 25.000 Zuschauer sowie zu einer gewerblichen Mischnutzung kommen kann. Dies wurde öffentlich von der Landeshauptstadt negiert, so dass ein derartiges Modell aus wirtschaftlichen Gründen in unseren Gedanken aktuell keine Rolle spielen kann.”

Erläuterung

Es gibt wohl durchaus Interessenten, die sich vorstellen könnten für den TSV 1860 München ein Stadion zu bauen. Das allerdings nur dann, wenn mindestens 25.000 Zuschauer zugelassen werden und eine gewerbliche Mischnutzung möglich ist. Das ist auch vollkommen verständlich und hat primär erst einmal nichts mit den “Wünschen” des TSV 1860 zu tun. Weil das aktuell nicht möglich ist, muss der TSV 1860 das Modell einer Erbpacht verständlicherweise ablehnen. An keiner Stelle erwähnt der TSV 1860, dass er einen Stadionumbau für 18.000 Zuschauer, welchen die Stadt finanziert, ablehnt.

Lösung

(1) Man rückt von der Idee eines Erbpacht-Modells ab und die Stadt baut, wie bereits beschlossen, das Stadion in Eigenregie und für 18.100 Zuschauer um. (Dabei ist zu bedenken, dass im Hinblick auf die Amortisierung der Stadionkosten auch für die Stadt ein Stadion mit 25.000 Zuschauer wirtschaftlicher sein könnte. Mehr Tickets bringt mehr Miete.)

(2) Man genehmigt 25.000 Zuschauer plus eine gewerbliche Mischnutzung und gestattet das Erbpacht-Modell.

Langfristiges Commitment

“Im Rahmen des Umbaus wünscht sich die Stadt München ein Bekenntnis der zukünftigen Mieter. Es wurde öffentlich davon gesprochen, sich mindestens 10 Jahre nach Abschluss der Arbeiten zur Nutzung des Stadions zu verpflichten. Die ausgegliederte Profifußballabteilung des TSV 1860 München hat die Aufgabe der maximalen Leistungsorientierung und einhergehend das sportliche Ziel stets, selbstverständlich korrespondierend mit den Etats, bestmöglich abzuschneiden.”

In der Gesamtschau aller für den Spielbetrieb zu berücksichtigenden Faktoren sehen nach derzeitigem Stand, so wie in der Beschlussvorlage geschrieben, der Deutsche Fußballbund (DFB), die DFL und die Sportcast GmbH einen Ligabetrieb im Grünwalder Stadion in der 1. Bundesliga als nicht realistisch an. Daher haben wir gegenüber der Stadt München schriftlich unsere unausweichliche Haltung kundgetan, dass wir kein langfristiges „Kommitment“ abgeben können, wenn dieses nicht mit den Lizenzierungsbedingungen zu vereinen ist.”

Erläuterung

Eine verständliche Aussage, die vielerorts falsch interpretiert wird. Hier geht es nicht darum, dass die Löwen sich nicht zum Stadion bekennen. Der TSV 1860 München kann allerdings keinen Vertrag unterzeichnen, in dem er sich für 10 Jahre zur Nutzung des Stadions verpflichtet, wenn man ihm dann die Option eines Aufstiegs in die 1. Bundesliga nimmt. Ob es überhaupt Sinn macht, aktuell die 1. Bundesliga zu thematisieren, bezweifle ich persönlich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Stadt aufgrund langfristiger Verträge in ein paar Jahren einen sportlichen Aufstieg verhindern kann oder will. Die KGaA geht allerdings hier rein faktisch vor, das kann der Stadt nur recht sein. Es ist seitens des TSV 1860 München durchaus fair, hier Klartext zu sprechen.

Lösungsansätze

(1) Die Stadt München genehmigt eine Ausstiegsklausel bei Aufstieg des TSV 1860 München in die 1. Bundesliga.

(2) Die Stadt München bereitet die Erstligatauglichkeit zumindest vor oder macht das Stadion bereits jetzt erstligatauglich. Was hierzu fehlt, könnt ihr hier nachlesen: “1. Bundesliga im Grünwalder Stadion? Darum wäre das nach dem geplanten Umbau nicht möglich

Wirtschaftlichkeit des Grünwalder Stadions

“Vor allem auf die Frage der Wirtschaftlichkeit haben wir bereits mehrfach hingewiesen. Bis zum heutigen Tag kennen wir keine Konditionen in einem umgebauten Grünwalder Stadion, obgleich wir lediglich in der Gesamtbetrachtung bei deutlicher Verbesserung der Wirtschaftlichkeit eine unterstützende Haltung und ein neues Vertragsverhältnis eingehen können.

Unabhängig von der Zukunft hat der TSV 1860 München nämlich bereits heute einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Vereinen in der 3. Liga. Dieser Nachteil liegt pro Jahr bei rund 1,5 Millionen Euro. An anderen bayerischen Standorten fallen für modernere Stadien lediglich 20% der Stadionkosten an, die von uns aufgebracht werden müssen.

Eine Anfrage nach moderateren Konditionen, um diesen Wettbewerbsnachteil zu reduzieren und die Marktunüblichkeit auszugleichen, wurde bereits gestellt. Um die Wirtschaftlichkeit zu optimieren, hat der TSV 1860 München konkrete Ansätze mit dem Referat für Sport und Bildung geteilt.”

Erläuterung

Dass es der Stadt München innerhalb der letzten Jahre nicht gelang, die Konditionen für ein umgebautes Stadion zu nennen, ist definitiv ein Armutszeugnis und wurde mehrfach auch in der Presse / in den Medien kritisiert. Diese Konditionen sind notwendig, damit der TSV überhaupt weiß, ob sich das Stadion lohnt. Dass diese Konditionen nicht in die Beschlussvorlage eingebunden wurden, muss man der Stadt ganz klar ankreiden. Dass sich ein zweitligatauglich umgebautes Stadion für den TSV lohnt, davon ist auszugehen. Auch hier ist es nur fair, seitens des TSV keine Lippenbekenntnisse zu präsentieren sondern fair auf den Tisch zu bringen, dass man Zahlen braucht und von keinen Annahmen leben kann.

Leider vermischt die Stellungnahme im zweiten Absatz die Themen. Hierbei geht es um den Wettberwerbsnachteil gegenüber anderen Vereinen im aktuellen Zustand des Grünwalder Stadions. Wir hatten dieses Thema bereits im Löwenmagazin: “Grünwalder Stadion: Passt die Stadt München die Kosten für die Mieter bereits zur kommenden Saison an oder zahlen die Fans?” Tatsächlich ist es so, dass es im Grünwalder Stadion mehrere Baustellen gibt, die finanziell vom TSV 1860 ausgeglichen werden müssen. Die Stadt hat das Stadion im Endeffekt totsaniert. Weil sich ein möglicher Stadionumbau in die Länge zieht, sollte man eine Lösung finden, die den Mieter entlastet. Dieser Absatz hat jedoch rein gar nichts mit der Frage zu tun, ob sich das Stadion insgesamt lohnt.

Lösungsansatz

(1) Die Stadt München setzt sich mit dem TSV 1860 München sofort an einen Tisch und verhandelt die Verträge für die kommende Saison und für die Zeit bis zum Umbau neu, um den Wettbewerbsnachteil zumindest zu mindern.

Gesamtfazit

Für mich ist die Stellungnahme des TSV 1860 München nicht wirklich glücklich formuliert. Vor allem, weil sie an vielen Punkten falsch verstanden wird oder auch (teilweise bewusst) falsch interpretiert wird. Inhaltlich halte ich die Stellungnahme jedoch für vollkommen richtig. Und zwar in jedem Punkt. Es bedarf weiterhin einen intensiven Austausch zwischen der Stadt und dem TSV 1860 München im Hinblick auf das Grünwalder Stadion. Die Thematisierung von verschiedenen Punkten in diesem Austausch kann kein Argument gegen das Grünwalder Stadion sein, sondern ist vielmehr Teil des wichtigen Prozesses. Der leider in den vergangenen Jahren von beiden Seiten nicht wirklich vorangetrieben wurde. Das muss man sowohl der Stadt München, aber vor allem auch dem TSV 1860 München, vorwerfen.

Anmerkungen und Diskussionen

Bitte habt Verständnis, dass ich im Rahmen meiner ehrenamtlichen Berichterstattung zeitlich eingeschränkt bin. Wer inhaltliche Fehler findet, die mir in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit passiert sind, spricht sie bitte im Kommentarbereich an. Auch wenn ich etwas möglicherweise falsch interpretiere. Ansonsten würde ich mich über eine sinnvolle Diskussion zu den einzelnen Punkten freuen.


Links und weiterführende Informationen

Die offizielle Stellungnahme des TSV 1860 München (tsv1860.de)

Stellungnahme des TSV 1860 München zum “Grünwalder Stadion” – Stadtratsbeschluss (loewenmagazin.de)

Sportbürgermeisterin Verena Dietl zum geplanten Stadionumbau: “Guter Tag für den Münchner Fußball” (loewenmagazin.de)

1. Bundesliga im Grünwalder Stadion? Darum wäre das nach dem geplanten Umbau nicht möglich (loewenmagazin.de)

Die Pressemeldung der Stadt München zur Ertüchtigung des Grünwalder Stadions (loewenmagazin.de)

Der Beschluss des Münchner Sportausschusses im Wortlaut (loewenmagazin.de)

Grünwalder Stadion: Passt die Stadt München die Kosten für die Mieter bereits zur kommenden Saison an oder zahlen die Fans? (loewenmagazin.de)

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