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Die Propaganda-Maschinerie läuft auf Hochtouren – ein Blick auf die aktuelle Berichterstattung

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Hurrah, es ist wieder mal Wahlkampf beim TSV 1860 München, könnte man spöttisch rufen. Der wird traditionell immer von der Opposition eingeleitet. Sei es durch den selbsternannten “viel, viel besseren” Präsidenten Saki Stimoniaris, einem Team Profifußball oder nun in Form eines Bündnis Zukunft inklusive medialen Schulterschluss mit HAM International.

Gestern hatten wir über den Artikel “Die schmutzige Akte 1860” berichtet und diesen inhaltlich wiedergegeben. Er erschien am heutigen Mittwoch, den 22. November 2023, auch in der BILD-Zeitung unter dem Titel “Interne Mails enthüllt ! Schlammschlacht bei 1860 München immer schlimmer“. Wir möchten uns noch einmal mit den Inhalten kritisch auseinandersetzen und die Berichterstattung einordnen. Ein Kommentar der Redaktion.

Die Gründung des Bündnis Zukunft

Die Bayerische legte diese Woche vor. Mit einem Bündnis Zukunft TSV 1860 München versucht man die neue Stimme der Vernunft zu werden. Auf Anfrage des Löwenmagazins versucht man zwar zu beschwichtigen und zu erklären, man sei nur Teil dieses Bündnisses und könne die Antworten nicht direkt geben. Die damit verbundene Power Point Präsentation kommt jedoch eindeutig aus der medialen Denkfabrik des Hauptsponsors. Auf den Folien prangt überall das Logo der Bayerischen. Martin Gräfer, der Kopf des Bündnis’ Zukunft, beauftragte dabei wohl auch den Marketing Manager der Versicherung für die Erstellung der Präsentation. Zu sehen in den Daten der PDF-Datei. Die eigene Presseabteilung ist zudem Ansprechpartner für das Bündnis Zukunft. Eindeutiger geht es nicht. Da kann man sich auch als Hauptsponsor nicht wegducken.

Die Präsentation ist eigentlich erst einmal für die Sponsoren gedacht, um mit ihnen die höchste Ebene des Drei-Klassen-Modells aufzubauen. Ungünstig ist, dass kurz darauf ein fragwürdiger Artikel in der WELT erscheint. Zum Chaos des TSV 1860 München. Indem übrigens auch eMails aus dem Postfach von Martin Gräfer, dem Vorstandsmitglied der Bayerischen, geleaked werden. Die Sponsoren, inklusive dem Hauptsponsor, sollten sich dabei durchaus Gedanken machen, auf welches Spiel sie sich da einlassen. Und welche Konsequenzen es haben wird.

Die Wahl des Mediums

Zunächst wundert man sich als Löwenfan, wieso die überregionale Tageszeitung WELT sich den Löwen annimmt. Beziehungsweise der Chefredakteur der Sport BILD. Es ist wohl anzunehmen, dass aus dem Zirkel der Verantwortlichen beim TSV 1860 München das Medium bewusst gewählt und im Anschluss auch bedient wurde. Zwar wäre es natürlich möglich, dass der jeweilige Journalist von sich aus in dieser Thematik recherchiert hat und das wollen wir auch nicht von Anfang an ausschließen, es ist jedoch unserer Meinung nach eher unwahrscheinlich. Der belesene Löwenfan weiß, dass in der Vergangenheit vor allem Georg Holzner (eigentlich Journalist rund um den FC Bayern München) sich im Kicker der Thematik rund um den Gesellschafterstreit annahm. Unserer Meinung nach, sehr einseitig. So bot er Saki Stimoniaris eine entsprechende Plattform, damit der HAM-Vertreter gegen den e.V., dessen Satzung und dessen Präsidenten schimpfen konnte. Dieses Mal ist es nun ein anderes Medium, dass HAM International die Plattform für gewaltige Schimpftiraden gegen den e.V. und seinen Präsidenten gibt. Die WELT berichtet zunächst, dann folgt heute die BILD. “Berries Boßmann, Chefreporter bei der Sport BILD, beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit sportpolitischen Themen und plädiert für die Abschaffung der bestehenden Regelung”, meint Sky Austria. Gemeint ist die 50+1-Regel des DFB. Die Frage, ob hier bewusst diese Plattform gewählt wurde, ist zumindest nicht abwegig.

Instrumentalisierung der Vize-Präsidenten

Der Auslöser der Schlammschlacht sei die Personalie Horst Heldt gewesen, so die überregionale Zeitung. Die Kritik dazu kommt von Yahya Ismaik, dem Bruder des Gesellschafters und Kreditgebers Hasan Ismaik. Reisinger habe den früheren Bundesliga-Profi “auf eigene Faust gegen alle Widerstände” durchsetzen wollen, so heißt es. Auch Heinz Schmidt und Hans Sitzberger hätten sich gegen ihn positioniert. Was nicht richtig ist. Beide Vize-Präsidenten hatten zwar Bedenken gehabt, Heldt unverzüglich auf Gorenzel folgen zu lassen, ohne weitere Kandidaten zu prüfen. Beide stimmten jedoch nicht gegen Heldt. Auch gegenüber dem Löwenmagazin hatten sie das im Laufe der letzten Monate immer wieder betont. Was bekannt ist und im Artikel dann auch richtig dargestellt wird – im Anschluss sagte Horst Heldt dem TSV 1860 ab, weil er die Unterstützung der Investoren-Seite nicht hatte. Auf Anfrage von WELT bzw. BILD erklärt Held auch tatsächlich, dass es kein Alleingang von Reisinger gewesen war. Er habe beide “Vizepräsidenten abgeholt” und mit ihnen habe er auch gesprochen. Am Ende hatten sie der Personalie auch zugestimmt, wie Vize Heinz Schmidt gegenüber dem Wochenanzeiger erklärte. Bei dieser Thematik im Artikel werden die beiden Vize-Präsidenten ganz klar instrumentalisiert. Möglicherweise von Yahya Ismaik, der ja zu dieser Thematik mit dem Journalisten sprach.

Der eMail-Verkehr von Martin Gräfer

Warum sowohl die eMails zwischen Präsident Robert Reisinger und Martin Gräfer sowie Martin Gräfer und Yahya Ismaik geleaked wurden, diese Frage kann vielleicht das Vorstandsmitglied der Bayerischen beantworten. Erst einmal gehen wir nicht davon aus, dass er es selbst war. Wenn, dann würde das seine Rolle als der “neutrale Vermittler” des neuen Bündnis’ Zukunft mehr als in Frage stellen. Und Robert Reisinger, der Präsident? War es sicherlich auch nicht.

“Aktuell können wir nicht erkennen, dass das Ziel des Aufstiegs in die 2. Bundesliga von allen Beteiligten mit der notwendigen Klarheit und insbesondere dem erforderlichen Fokus mitgetragen wird. Das stellt unser, aber auch das Engagement weiterer Sponsoren zunehmen infrage”, so Gräfer gegenüber dem Bruder des Gesellschafters und Kreditgebers Ismaik. Und im Oktober legte er nach: “Uns wurde zugetragen, dass beabsichtigt ist, den aktuell einzig tätigen Geschäftsführer fristgemäß zu kündigen. Ungeachtet dessen, dass es in der Verantwortung der jeweiligen Gremien steht, derartige Entscheidungen zu treffen, ist dieses Vorgehen aus unserer Sicht sowohl in der Kommunikation als auch in der Art der Umsetzung bildlich gesehen ein weiterer Tiefschlag, der sich kritisch auf die gegenseitige Vertrauensbildung auswirken kann.”

Gräfer scheint aber wohl nicht nur Ismaik darüber informiert zu haben, sondern auch Sponsoren, die mittlerweile selbst einen “Brandbrief” geschrieben haben, mit Kündigung ihres Engagements drohten und zusammen mit Gräfer nun das Bündnis Zukunft TSV 1860 München gründen. Das Vorstandsmitglied von der Bayerischen muss sich durchaus die Frage stellen, ob er damit nicht sogar den Gesellschafterstreit aktiv befeuert hat. Das wirft nun auch ein ganz anderes Licht auf das sogenannte Bündnis Zukunft.

Ein viertes Präsidiumsmitglied

Der Artikel ist vor allem auch ein Angriff auf den Mutterverein und seine demokratischen Grundwerte. Im Artikel wird erwähnt, dass der vierköpfige Beirat, der aus zwei Vertretern des e.V. und zwei Vertretern von HAM besteht, am 13. November über die Verlängerung des Vertrags von Marc-Nicolai Pfeifer als Geschäftsführer der Profifußball KGaA abgestimmt hat. Dies sei 2:2 ausgegangen, so die WELT in ihrem Artikel. Heißt: Der e.V. möchte also nicht mit Pfeifer verlängern. Richtigerweise kann bei einer Patt-Situation natürlich der e.V. aufgrund der 50+1-Regel diese Option ziehen. Und hierzu benötigt es die Mehrheit aus dem Präsidium.

Im Artikel wird seitens HAM ein sehr irritierender Vorwurf geäußert. Weil bislang nur Präsident Reisinger den Vertrag nicht automatisch verlängern lassen möchte, Sitzberger hingegen für eine automatische Verlängerung ist und Schmidt noch unentschlossen sei, würde der e.V. planen ein viertes Präsidiumsmitglied einzustellen. „Sollte der e.V. demnächst ein viertes Präsidiumsmitglied ernennen (…), dann nur, um sicherzustellen, dass Herr Reisinger seine Zerstörung von 1860 ungehindert fortsetzen kann“, schrieb Yahya Ismaik an Martin Gräfer von der Bayerischen. Ein ungeheuerlicher Vorwurf. Die Mitglieder des TSV 1860 München hatten sich dafür entschieden, dass sie die Möglichkeit eines vierten Präsidiumsmitglied in die Satzung aufnehmen wollen. Nicht etwa um irgendwelche zerstörerischen Werke zu vollbringen, sondern um die ehrenamtliche Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen. Die ehrenamtliche Arbeit, die von einigen immer und immer wieder mit Füßen getreten wird.

Bösgläubigkeit des Muttervereins

Hasan Ismaik hat eine klare Haltung gegenüber der möglichen Absicht, den Vertrag von Pfeifer nicht zu verlängern: “Dies wäre ein weiteres Beispiel für die Bösgläubigkeit des e.V. – ganz zu schweigen von einem Verstoß gegen die Grundprinzipien unseres Kooperationsvertrags. Pfeifer macht einen soliden Job und wird zu Recht für die Arbeit gelobt, die er geleistet hat, um das Sponsoring zu erhöhen. 1860 ist ein sehr schwer zu managender Klub, und das institutionelle Wissen ist ein großer Vorteil, der nicht unterschätzt werden sollte.” Er will rechtliche Schritte prüfen lassen.

Mittlerweile ist die Thematik übrigens erledigt. Auch ohne viertes Präsidiumsmitglied wurde die Entscheidung getroffen: TSV 1860 München: Pfeifers Vertrag endet im Sommer 2024 (loewenmagazin.de). Unserer Information schon lange vor dem Artikel in der WELT. Der e.V. wird sich von den Drohgebärden nicht beeindrucken lassen. Und das ist gut so.

Ismaik akzeptiert e.V. nicht als Partner

Ohnehin tut sich Ismaik schwer, die Funktionäre des e.V. anzuerkennen. Allen voran Präsident Robert Reisinger, das durch die Mitglieder gewählte Oberhaupt. Reisinger weigere sich zu akzeptieren, dass er “lediglich der eingesetzte Vertreter der e.V.-Mitglieder ist.“ Keine gute Botschaft für die Löwenfans, die auch Mitglied im Mutterverein sind. Und da spielt es erst mal überhaupt keine Rolle wie man zur Person Reisinger steht. Wer den Mutterverein vertritt, das entscheiden die Mitglieder. Und das hat Ismaik ohne wenn und aber zu akzeptieren.

Außerdem warnt Ismaik die Vertreter des e.V. nach der Absage von Heldt, ohne Absprache einen prominenten Sport-Geschäftsführer zu installieren, den eigentlich der Investor bezahlen müsse. Zum einen stellt damit Ismaik die 50+1-Regelung in Frage. Zum anderen droht er mit dem Zudrehen des Geldhahnes. Das kann er deshalb, weil die Budgetplanung im Aufsichtsrat vorgenommen wird. Mal zur Erinnerung: Geld für einen Sport-Geschäftsführer ist deshalb nicht da, weil die Löwen immer über ihre Verhältnisse leben. Im Sommer hatte der Aufsichtsrat unter Saki Stimoniaris, dem Vertreter von Ismaik, zwei Mal das Budget erhöht. Die e.V.-Vertreter hatten dagegen gestimmt. Ismaik braucht also nicht zu jammern, dass während der Saison plötzlich die Mittel knapp werden.

Zuletzt sieht Hasan Ismaik keine Absicht seitens des Präsidenten, “konstruktiv mit dem Team zusammenzuarbeiten”, das er “mit der Betreuung” seiner “Aktivität bei 1860 beauftragt” hat. Nun ja, Ismaik, Respekt ist nun mal keine Einbahnstraße. Und es ist nicht Präsident Reisinger, der das Problem für Ismaik darstellt, wie man unschwer erkennen kann. Sondern die demokratische Basis, auf der der TSV 1860 München basiert.

Weckruf für Sponsoren?

Vielleicht war dieses Säbelrasseln und das Anwerfen der Propaganda-Maschinerie wenigstens für den einen oder anderen Sponsor ein Weckruf. Allerdings sind ohnehin einige Sponsoren schon mächtig verärgert über den Vorstoß ihrer Sponsoren-Partner. Und vom Vorpreschen des Hauptsponsors. Weil die aktuelle Welle, die ausgelöst wurde, ist noch viel schädlicher für das Image des TSV 1860, als es die Niederlage gegen den FC Pipinsried jemals sein kann.

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