Du betrachtest gerade Die Opposition als “einflussloses Krakeelertum”Depositphotosc
A goat sticks its nose through a fence, making a funny face

Die Opposition als “einflussloses Krakeelertum”

  • Beitrags-Kommentare:112 Kommentare
  • Lesedauer:4 min Lesezeit

Es gibt ihn immer wieder – den Ruf nach einer Opposition beim TSV 1860 München. Der Ruf nach sportlicher Kompetenz. Nach anderen Sichtweisen. Nach Veränderungen. In der gestrigen Redaktionssitzung hat sich das Löwenmagazin mit der Thematik “Opposition” auseinandergesetzt.

Die Opposition sei eine Notwendigkeit, meinte einst Konrad Adenauer. Nur dadurch, dass sich die Regierungsmehrheit und Opposition einander gegenüberstehen, würde ein “wirklicher Fortschritt und eine Gewöhnung an demokratisches Denken zu erzielen” sein. Freilich bezieht er sich dabei primär auf die Bundespolitik. Er wählte diese Worte im Jahr 1949 bei Verhandlungen im Deutschen Bundestag. Zu diesem Zeitpunkt war er gerade mal fünf Tage lang Bundeskanzler – der erste der Bundesrepublik. Aber die Frage, ob gewählte Funktionäre beim TSV 1860 München auch so etwas wie eine Opposition benötigen, ist durchaus interessant.

Als das Team Profifußball auf der Bühne der Löwen erschien, war sie da. Die Opposition. Und zwar gleich im großen Stil. Als geschlossene Einheit traten mehrere durchaus bekannte Personen gemeinsam an, um sich für den Verwaltungsrat aufzustellen. Unter der Führung von Klaus Ruhdorfer, einem Unternehmer. Ob dieser gemeinsame Auftritt wirklich so sinnvoll war, muss bezweifelt werden. Möglicherweise hätte der eine oder andere sogar den Sprung in den Verwaltungsrat geschafft. Man trat jedoch bewusst gemeinsam auf und scheiterte auch gemeinsam. Durch einen durchaus populistischen Kurs mit großen Ankündigungen und vor allem im Schulterschluss mit dem Fanclub-Dachverband ARGE. Man warb groß in allen Fangruppierungen für eine Kursänderung, erreichte auch viele Fans aber eben leider wenig Wähler. Es ist eine der größten Herausforderungen bei den Löwen ,eben zu erkennen, wer ein Stimmrecht hat und dieses auch bereit ist zu nutzen, oder wer einfach nur lautstark nach Veränderung ruft, aber selbst am demokratischen Prozess gar nicht teilnehmen möchte. Aus welchen Gründen auch immer.

In den vergangenen Wochen war der Ruf nach einer Opposition wieder größer. Es benötige mehr Fußballsachverstand in den Gremien. Es brauche mehr Professionalität und den Willen auch erfolgreich zu sein. So mancher lehnt den aktuellen Kurs des TSV 1860 München ab, äußert sich öffentlich immer und immer wieder, ist aber nicht wirklich bereit, selbst aktiv Verantwortung zu übernehmen. Kurt Tucholsky, einer der bedeutendsten Publizisten der Weimarer Republik bezeichnete diese Form von Opposition als “einflussloses Krakeelertum”.

Nun, klubpolitisch mag diese Form von Opposition tatsächlich einflusslos sein. In der Außendarstellung des TSV 1860 München schadet dieses tucholskysche Krakeelertum jedoch enorm. Und es schürt immer wieder Erwartungen, die nicht erfüllbar sind. Auch nicht von denjenigen, die man als mögliche Heilbringer immer wieder ins Gespräch bringt. Bei denen man nicht mal weiß, ob sie die Verantwortung überhaupt übernehmen wollen. Vor allem dann, wenn es um ein unbezahltes Ehrenamt geht, das sehr viel Zeit erfordert.

“Der Vorteil der Opposition ist, dass sie Fragen stellen kann, die sie nicht beantworten muss”, meinte der ehemalige Bundesminister Norbert Blüm. Das ist gerade beim TSV 1860 München ein enormes Problem. Immer wieder werden, oftmals sehr populistisch, Entscheidungen in Frage gestellt. Das ist natürlich leicht, wenn man selbst keine Lösungen bieten muss. Lösungsansätze sollten aber für den oppositionellen Grundgedanken schon vorhanden sein. Opposition seien oftmals “Andersdenkende, die allein deshalb alles besser können, weil keine Gefahr besteht, es beweisen zu müssen”, meint der Dichter Ron Kritzfeld. Was tatsächlich auch die bereits gestellte Frage aufwirft, ob diejenigen, die alles in Frage stellen, selbst bereit wären etwas zu ändern.

Oppositionelle Gedanken gepaart mit neuen Ideen, Lösungsansätzen und konstruktiven Vorschlägen sind gewollt. Mitarbeit ist gewollt. Aber die stumpfe Forderung nach Veränderung ohne sich selbst einbringen zu wollen, ist wenig hilfreich. Auch sich selbst einfach nur ins Gespräch zu bringen, ohne selbst aktiv zu werden, hilft nicht. Die Löwen werden Tag für Tag als Sau durchs Dorf gejagt. Der ständige populistische Schrei nach Opposition hilft dem TSV 1860 München kein bisschen. Und vermittelt sicherlich auch dem Gesellschafter Hasan Ismaik ein falsches Bild. Es ist eben doch nur Krakeelertum. Und das bringt die Löwen keinen Schritt weiter.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
112 Kommentare
Neueste
Älteste Meist bewertet
Inline-Rückmeldungen
Alle Kommentare anzeigen