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Die Missverständnisse des Herrn Ismaik – ein Kommentar

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Gesellschafter und Kreditgeber Hasan Ismaik ist weit weg vom TSV 1860 München. Zumindest räumlich gesehen. Entweder in den Emiraten, in Jordanien oder in den USA. Das letzte wirkliche Interview gab er im November 2019 dem Bayerischen Rundfunk. Vermutlich war es auch sein letzter Besuch in Deutschland. Bei den Löwen selbst schaute er nicht vorbei. Stattdessen lud er einige Protagonisten aus dem Umfeld ein. Vertreter der Fanorganisation ARGE und Vertreter des Team Profifussball. Zu einer kritischen Auseinandersetzung im Hinblick auf seine Rolle beim TSV kam es dabei wohl vermutlich eher weniger. Die wäre jedoch durchaus auch in seinem Sinne. Denn seit seinem letzten Besuch in Deutschland gab es zwar keine Rassismusvorwürfe gegen Verantwortliche des Vereins und auch sonst mäßigte sich der Ton. Mit Ismaik sind jedoch weiterhin viele Mißverständnisse verbunden. Liegt es an einer falschen Beratung? Daran, dass er schlecht informiert wird? Wir haben einige Mißverständnisse aufgelistet.

Viele Facebook-Likes sind sinnvoll

In 60 Tagen um die Welt. Oder besser: in 60 Tagen viele, viele Likes aus der ganzen Welt. Aus Indien, Afrika oder Südamerika. Den TSV 1860 München hat Ismaik mit seinem Account “Ismaik1860” schon lange überholt. In zwei Monaten steigerte sich die Anzahl der Likes von 15.303 auf satte 278.591. In der Dritten Liga gibt es keinen vergleichbaren account mit einer auch nur annähernd solchen Größe. Weder von einem Traditionsverein, noch von irgendeinem Gesellschafter oder sonst einem Protagonisten der Dritten Liga.

Sinn macht das nicht. Der account wurde massiv verwässert. “Wir wollen damit noch mehr Fans für 1860 generieren”, begründet HAM International den Kauf von Likes. Bei dieser Marketingaktion ist Ismaik definitiv falsch beraten.

Fans wollen nicht in die Bundesliga

“… ich hatte eigentlich nur eines im Kopf: Diesen Verein wieder dorthin zu führen, wo er eigentlich hingehört – in die Bundesliga! Noch immer gehört 1860 zu den Top 20 in der ewigen Bundesliga-Rangliste. Deswegen kann ich nicht verstehen, warum die Fans nicht die Sehnsucht haben, irgendwann wieder in die Erste Liga zurückzukehren”, meint Ismaik gegenüber der Passauer Neuen Presse. Wer erzählt ihm, dass die Fans nicht in die Erste Liga zurück wollen? Jeder Fan möchte den maximalen Erfolg mit seiner Mannschaft. Aber eine große Anzahl an Löwen möchte es eben nicht übers Knie brechen. Und das ist angesichts der Vergangenheit mehr als verständlich.

Wer auf der Seite von Ismaik ist, steht also für Erfolg und die Rückkehr in die Bundesliga. So mag man die Botschaft verstehen. Hilfreich ist dies für das Image von Ismaik jedenfalls nicht. Ein Missverständnis, das vor allem auch das Lagerdenken befeuert. Dass der TSV 1860 München bereits aus den Top 20 der ewigen Bundesligatabelle rausgerutscht ist, sei nur am Rande erwähnt.

Die Marke 1860 wird nicht gepflegt und aufpoliert

Hasan Ismaik ist der Meinung, dass der Verein endlich zukunftsfähig aufgestellt werden muss und man neben dem sportlichen Erfolg, den Klub auch in schwarze Zahlen bringen muss. 1860 sei eine große Marke, die nicht gepflegt und aufpoliert wird. In der realistischen Wahrnehmung von Außenstehenden sind die Löwen jedoch vor allem eines: ein Chaosverein. Mit einem launischen, teils unberechenbaren Investor. Zumindest kommt das so rüber. Dessen Merchandising GmbH auch mal gerne ein illegales Glücksspiel startet. Soll das dem Image der Löwen helfen? Ziel des Präsidiums und auch der KGaA ist natürlich, irgendwann einmal schwarze Zahlen zu schreiben. Aber man darf nicht vergessen, dass vor allem aufgrund von Entscheidungen Ismaiks, die Löwen einen enormen Schuldenberg aufgehäuft haben. Schwarze Zahlen? Gute Idee. Aber das funktioniert eben nicht durch weitere Luftschlösser und vor allem nicht durch noch mehr Schulden.

Der Fall von 50+1 wäre ein Wettbewerbsvorteil

50+1 ist ein schwieriges Thema. Niemand kann wirklich voraussagen, was beim Fall dieser Regelung passiert. Ob es jedoch ein großer Wettbewerbsvorteil wäre? Ismaik ist ein großer Bewunderer von Scheich Mansour und dessen Engagement bei Manchester City. Dort gibt es keine 50+1-Regel. Doch auch in England kann man nicht machen, was man möchte. Die UEFA hat den Klub für die kommenden beiden Spielzeiten aus dem Europapokal ausgeschlossen. Wegen jahrelanger Verstößen gegen das Financial Play. Auch wenn in Deutschland die 50+1-Regel fällt, gelten in Europa nun mal andere Regeln als in arabischen Ländern.

Als Stadionbesitzer kann man alle Wünsche umsetzen

Wo wir bei einem weiteren Punkt sind. Verstehe ich mich in arabischen Ländern mit den Machthabern gut und habe ausreichend finanzielle Mittel, dann stehen mir viele Türen offen. Ismaik hat in seinem Leben viele Grundstücke und Immobilien gekauft und die meisten auch wieder verkauft. Seine damaligen Kontakte zu den Machthabern in den Emiraten sind bekannt. Warum ist das mit dem Grünwalder Stadion nicht so einfach möglich? “Ich habe mich immer fürs Grünwalder Stadion stark gemacht, allerdings unter der Voraussetzung, dass die Stadt uns das Stadion überlässt und wir es nach unseren Wünschen umbauen können”, meint Ismaik. Selbst wenn die Stadt das Grundstück oder das Stadion tatsächlich verkauft hätte, an den Auflagen und Bestimmungen hätte sich herzlich wenig geändert. Einfach mal so auf 30.000 Zuschauer aufstocken, das ist einfach in Deutschland nicht drin. Egal, ob dir Grundstück und Stadion gehören oder nicht.

Ismaik lässt die Fans im Irrglauben, auf Giesings Höhen wäre alles möglich. Vorausgesetzt ihm gehöre das Stadion. Dann könnte er alle Wünsche umsetzen. Das ist jedoch in keinster Weise der Fall. Würde Ismaik dort ein Einkaufszentrum bauen wollen, hätte er wahrscheinlich größere Chancen. Man sollte also dankbar sein, dass sich die Stadt kooperativ zeigt und eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben hat.

1860 wird mit den aktuellen Stadionplänen niemals gesunden

Die Stadt zeigt Bereitschaft das Stadion auszubauen. Etwas über 18.000 Zuschauer sollen Platz im Stadion finden. Dass die Entscheidungsträger des Vereins sich darauf überhaupt einlassen, versteht Ismaik nicht. Seine Behauptung: “1860 wird auf diesem Weg niemals gesunden!” Dabei ist zu beachten, dass der TSV hier überhaupt gar nicht in einer Position ist, groß zu verhandeln. Es gibt schlichtweg nur sehr bedingt Alternativen. Eine große Stadionlösung mit Löwenzoo, Hotels und Einkaufszentrum, wie sie Ismaik einst vorgeschlagen hat, wurde von der Stadt angehört. In der Zwischenzeit hat man diese Pläne ad acta gelegt. Die Wahrscheinlichkeit, dass man in Zukunft hierfür ein Grundstück zur Verfügung stellt, ist sehr sehr gering.

Dritter Gesellschafter soll 10 bis 20 Millionen Euro investieren

Es gibt diverse Unternehmen und Privatleute, die gerne als dritter Gesellschafter einsteigen möchten. Auch Hauptsponsor “die Bayerische” brachte sich dabei ins Gespräch. Hasan Ismaik ist grundsätzlich dafür. Die Türe macht er jedoch nur einen kleinen Spalt auf. Denn er hat durchaus eine sehr relevante Forderung. Ein kleines Konsortium möchte er nicht, sondern einen zuverlässigen und großen Partner. Der soll sofort 10 bis 20 Millionen Euro investieren. HAM International zahlte im Jahr 2011 für 60 Prozent am Zweitligisten TSV München von 1860 GmbH & Co KGaA genau 13 Millionen Euro. Nun soll in der aktuellen Lage ein dritter Gesellschafter, für deutlich weniger Anteile, genauso viel oder sogar mehr zahlen? Unwahrscheinlich.

Fazit

Mag sein, dass die Kommunikation zwischen den beiden Gesellschaftern, dem TSV München von 1860 e.V. und HAM International nicht die Beste ist. Aber der Grund, warum man keinen Schritt vorwärts kommt ist, dass man mit unsachlicher Kritik, ohne wirkliche Gegenargumente und mit puren Luftschlössern seitens des Investors nicht gesunden kann, weder sportlich noch finanziell.

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