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Die Machtlosigkeit der Fans als Antrieb für Widerstand in den sozialen Netzwerken

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Wenn Menschen das Gefühl haben, sie sind machtlos gegenüber einer Obrigkeit, dann kommt es in manchen Fällen vor, dass sie sich organisieren. In der Geschichte der Menschheit gibt es zahlreiche Beispiele. Bauern haben zu ihren Mistgabeln gegriffen und sie als Waffe verwendet. Bürger sind auf die Straße gegangen und haben demonstriert. Menschen haben sich in Organisationen zusammengeschlossen. Der Grund: Sie fühlten sich ungerecht behandelt und vor allem aber alleine als Individuum zu wenig mächtig. In der Regel benötigen sie hierzu jemanden, der das Feuer entfacht. Der das Wort ergreift und zum organisierten Widerstand aufruft. In einigen Fällen war das Ergebnis von historischer Bedeutung. In anderen Fällen verpuffte der Widerstand und zahlreiche Vorkommnisse wurden sicherlich auch nie in die Geschichtsbücher aufgenommen.

Zweifelsohne ist ein potentieller Widerstand von Fans gegenüber Missständen in ihrem Klub nicht mit großen politischen oder gesellschaftlichen Ereignissen in der Historie vergleichbar. Aber im Prinzip ist es immer die gleiche menschliche Antriebsfeder. Es ist die Machtlosigkeit und Ratlosigkeit, die sie antreibt. Die Frage ist dabei allerdings immer auch, welche Handlungen sinnvoll sind.

Der Protest in und um das Stadion

Protest äußern Fans zum Beispiel in der Kurve. Mit Botschaften, die klub- oder vereinspolitische Kritik üben. Andere wiederum organisieren T-Shirts, machen Info-Stände zum Beispiel am Grünspitz. Alle mit dem Ziel, etwas zu verändern.

Widerstand in den sozialen Netzwerken

Der größte Teil von organisiertem Protest bewegt sich jedoch in den sozialen Netzwerken. Es werden nicht nur Kommentare geschrieben, sondern vor allem auch Gruppen gegründet. Widerstands-Gruppen, die zum Beispiel zum Sturz des Präsidiums aufrufen. Die sich überlegen, wie man den Präsidenten und den Verwaltungsrat stürzt. Andere wollen den Investor loswerden. Wiederum andere plädieren für einen gemeinsamen Weg.

„Sinn und Zweck der Gruppe ist, miteinander Lösungen zu erarbeiten. Der e.V. und HAM bekommen es ja allein scheinbar nicht auf die Reihe“, schreibt der Administrator einer neuen Gruppe, die sich auf die Fahne schreibt, einen gemeinsamen Weg zu finden.

Eine andere Gruppe hingegen formiert sich als Widerstand gegen den „desaströsen Konsolidierungskurs“ eines Präsidenten, dessen Anhänger man mit einer diktatorischen Sekte vergleicht. Diskussionen lässt man nicht zu. In der Gruppe darf nur sein, wer gegen den Präsidenten ist.

Der Widerstand in den sozialen Netzwerken ist eine Form von Protest, der jedoch zweifelhaft ist. Zum einen verliert die vermeintliche Idee eines Widerstandes oder von revolutionären Gedanken an Authentizität. Durch anonyme Accounts und Trolls werden die sozialen Medien überschwemmt. Dabei verliert man schnell den Glauben an der Echtheit. Man hinterfragt bei jedem seine Zugehörigkeit und es kommt immer mehr zu Verschwörungstheorien. Ein Teufelskreis, aus dem die Fans des TSV 1860 München kaum mehr herauskommen. Durchaus auch befeuert durch einige Medien, die damit ihr Geld verdienen.

Demokratie ist wandelbar

Vor allem aber vergessen viele, was eigentlich Demokratie ausmacht, nämlich die Möglichkeit, sie der Zeit und den Gegebenheiten anzupassen und sie weiterzuentwickeln. Wer eine Diktatur ändern möchte, der muss in der Regel ihre Grundstruktur zerbrechen. Eine Demokratie hingegen ist veränderbar. Ja, sie muss sogar verändert werden, wenn es notwendig ist.

Am 30. Juni 2019 ist Wahltag beim TSV München von 1860. Die Mitgliederversammlung 2019 steht an. Und bei den Mitgliedern gibt es Fragezeichen. Die einen zum Beispiel wollen die Briefwahl. Andere wiederum wollen mehr Kandidaten für die Ämter des Präsidiums. In den sozialen Netzwerken entfachen mehrfach Diskussionen. Dabei vergessen die „Revolutionäre“ jedoch vor allem eines: Man muss die Demokratie am Schopfe packen. Keiner hat einen erneuten Antrag zur Briefwahl gestellt. Keiner hat einen Antrag auf Änderung der Präsidentenwahl gestellt. Demokratie muss man sich verdienen. Sie setzt Mitarbeit voraus. Und sie setzt vor allem voraus, dass man wählen geht.

Die Revolutionen in den sozialen Netzwerken, Blogs und Foren tun nur eines: Sie schaden dem TSV 1860 München. Ständig wird alles in Frage gestellt. Ständig wird gefordert, dass sich etwas ändert. Ja, das schadet dem TSV. Es verschreckt Sponsoren. Es sorgt dafür, dass großartige FanTreffs und Veranstaltungen, die eigentlich klubpolitisch völlig neutral sind, in Frage gestellt werden. Dass Ehrenämtler ständig in Kritik stehen, weil immer einer nur das Haar in der Suppe sucht. Und es bringt keine Lösung. Denn während man immer noch am Smartphone hängt und Herrn Reisinger kritisiert, ist die Frist für die satzungsändernden Anträge schon verstrichen. Der eine oder andere mag froh drum sein. Weil er dann seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen kann: zu kritisieren, dass alles undemokratisch ist und man ohnehin keine Chance hat.

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