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Die Löwen und die Allianz Arena – Leserbrief von Reinhard Friedl

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Die Podcast-Serienbeiträge auf FYEO mit dem Titel „Die Löwen, die Arena und das Geld“ haben mich animiert, diesen Leserbrief zu schreiben. Ich möchte aufzeigen, wie Uli Hoeneß mit seinem Netzwerk es geschafft hat, den FC Bayern in der Weltspitze der Fußballvereine zu etablieren und die Löwen ins Abseits zu stellen.

Uli Hoeneß wurde gleich zu Beginn der Podcast-Serie interviewt und darin behauptet er, dass der TSV 1860 München die einmalige Chance vergeben hat, sich durch ihre Stadionbeteiligung finanziell im Spitzenfußball zu etablieren. Allerdings möchte ich hier Fakten aufzeigen, dass gerade Uli Hoeneß, als Vertreter des FC Bayern, durch entsprechende Verträge und Finanzgestaltungen die Weichen für die Löwen in die andere Richtung gestellt hatte.

Fakt ist, dass der FC Bayern ohne den TSV 1860 München kein Stadion im Münchner Norden hätte bauen dürfen. Durch einen Bürgerentscheid gab es das OK für den Bau eines gemeinsamen Stadions. Hierzu wurde das vorgesehene Grundstück für die Bebauung umgewidmet und dadurch der Kaufpreis deutlich herabgesetzt. Die öffentliche Hand gab zudem 210 Mio Euro für Infrastrukturausgaben (Zufahrten, U-Bahn-Station usw), die niemals alleine für den FC Bayern hätten fließen dürfen.

Sowohl Karl-Heinz Wildmoser als Präsident des TSV 1860 München wie sein Sohn, der als Geschäftsführer der KGaA und der Stadion GmbH fungierte, ließen sich von Hoeneß in die Falle locken und zeichneten für ihre Nachfolger den Weg vor, immer als „Getriebener“ handeln zu müssen.

Wildmoser Junior erläutert selbst im Podcast wie fasziniert, ich sage geblendet, er von der Finanzkraft des FC Bayern und deren Sponsoren war. Nur was er übersah, Hoeneß setzte nicht mehr Eigenkapital als der TSV 1860 München in die gemeinsame München Arena GmbH ein. Er gab ein Darlehen des FC Bayern in die Projektfinanzierung. Mittlerweile wissen viele 1860 München-Verantwortliche, dass Darlehen nicht gleich Eigenkapital bedeutet.

Die Baukosten des Stadions betrugen 286 Millionen Euro (Gesamtkosten inkl. Finanzierungskosten: 340 Mio Euro). Die Finanzierung erfolgte als Projektfinanzierung über die Eurohypo AG (Tochter der Dresdner Bank), der Dresdner Bank AG, einem geschlossenen Fonds der KGAL-Gruppe aus Grünwald bei München (ebenso einer Tochter der Dresdner Bank) und wie bereits erwähnt einem Darlehen der FC Bayern München AG.

Der Finanzierungsplan war auf 25 Jahre ausgelegt; also bis 2030. Die München Stadion GmbH musste pro Jahr ca. 30 Millionen EURO für Zins und Tilgung erwirtschaften.

Für diese Belastungen waren die Einnahmen für die Namensrechte der Allianz eingeplant, die jedoch nicht als Gesamtsumme zu verbuchen war, sondern auf die einzelnen Jahre aufgeteilt werden musste. Ebenso flossen die Einnahmen aus der Vermietung der 106 Logen, wovon die Löwen nur 4 Mieter akquirieren konnten. Aber die Herren Wildmoser konnten sich freuen, dass zumindest kurzfristig die gut situierten Bayern-Anhänger-Logenbesitzer in die gemeinsame Stadion GmbH-Kasse einzahlten. Immerhin hatten die Logen je nach Größe (30 bis 60 qm) und Lage Preise von 90.000 Euro bis 240.000 Euro pro Jahr.

Des Weiteren flossen 50 % aus dem Verkauf von Business Seats in die gemeinsame Stadion GmbH. Allerdings verpflichtete sich der TSV 1860 München, wie auch der FC Bayern, jährlich für die Zahlung von 3 Mio Euro pro Club für die Business Seats. Für den FC Bayern war dies kein Problem. Nur hat der TSV 1860 München im Jahr 2005 nur 410 Business Seats an den Mann bringen können, von über 2000 zur Verfügung stehenden Plätzen.

Der Caterer des Stadions hatte sich an den Baukosten beteiligt und deshalb war jeder Verein verpflichtet, im Jahr für mindestens 2 Mio Euro Essen abzunehmen, egal wieviel tatsächlich verbraucht wurde. Ein All-inklusiv Essen mit Getränken kostete damals 69 Euro pro Person. Alleine für das Essen der Business Seats zahlten die Löwen pro Jahr über 1 Mio Euro drauf.

Festzustellen ist, dass gerade der Bereich der zahlungskräftigen Fans für den TSV 1860 München zu einem extremen Verlust geführt hatte. Kaschiert wurde die geringe Anzahl von zahlungskräftigen Fans im VIP-Bereich durch die großzügige Vergabe von Freikarten mit Verköstigung, an Leute, die jetzt immer noch darüber klagen, dass die Löwen nicht mehr in der Arena spielen.

Und nun kommen von mir aufgrund von Fakten Spekulationen ins Spiel.

Als der Wildmoser-Nachfolgerpräsident Auer aufgrund gesundheitlicher Gründe zurückgetreten ist, übernahm Alfred Lehner für 1 Jahr das Präsidentenamt beim TSV 1860 München e.V. Herr Lehner musste davor bei der Bayerischen Landesbank als Vorstand zurücktreten, da ein Ermittlungsverfahren gegen ihn bei der Staatsanwaltschaft München wegen Untreue lief. Dieses Verfahren wurde wegen einer dubiosen Kreditvergabe an die Kirch-Gruppe angestrengt. Durch eine Zahlung von 450 Tausend Euro wurde das Verfahren eingestellt. Der neue TSV 1860 München Präsident Lehner bestellte nach seinem Amtsantritt den ehemaligen Finanzmann der Kirch-Gruppe Stefan Ziffzer zum Geschäftsführer der KGaA. Nach 3 Wochen Einarbeitung war Herrn Ziffzer klar, dass die 50 %-Beteiligung an der Stadion GmbH verkauft werden musste. Er hielt die Beteiligung für wertlos und war froh, dass ihm der FC Bayern 11,6 Mio Euro hierfür zahlte. Ein Rückkauf der Beteiligung hätte dem TSV 1860 München allerdings 30 Mio Euro aufgrund seiner Vertragsgestaltung gekostet. Für das Rückkaufsrecht zahlte der FC Bayern wenig später 1,2 Mio Euro und konnte nun beginnen, mit der Allianz Arena richtig Geld zu verdienen.

So konnte Uli Hoeneß die Banken dazu bewegen, dass diese ihre Kunden ansprachen, die Beteiligung an dem geschlossenen Fonds der KGAL-Gruppe (ALCAS 173 LUMBAR KG) zu beenden und die Gesellschaft aufzulösen. Immerhin gaben die Inhaber eine Beteiligung auf, die 6,75 % garantierte Zinsen versprach und bis auf 8,75 % pro Jahr steigen konnten. Es wurde den Beteiligten vorgegaukelt, dass durch den Ausstieg des TSV 1860 München aus der Stadion GmbH das Risiko der Kapitalbeteiligung nun zu groß sei. Die Gesellschaft wurde tatsächlich aufgelöst und der FC Bayern konnte durch Tilgung dieser Verbindlichkeit im Jahr über 7 Mio Euro für die Stadion GmbH sparen, an der ja nun der TSV 1860 München nicht mehr beteiligt war.

Den Teilhabern der ALCAS 173 LUMBAR KG wurde verschwiegen, dass der jetzige Chief Business Officer beim FC Bayern Basketball, Herr Stefan Ziffzer, einen Stadionüberlassungsvertrag für die Löwen unterschrieben hat. Herr Ziffzer sagte zu, dass bis zum 30.6.2025 pro Spieltag 2.540 Essen (pro Jahr ca. 3 Mio Euro) abgenommen werden und 2 Mio Euro pro Saison für die Werbefreiheit des Stadions und die Business- und Sponsoren-Seats zu zahlen sind. Sofern der TSV 1860 in die 1. Bundesliga aufgestiegen wäre, hätte sich dieser Betrag auf 4 Mio Euro erhöht. 10 % der Zuschauereinnahmen, mindestens jedoch 10.000 Euro je Spiel, waren zudem an die Stadiongesellschaft abzuführen. Auch dieser Stadionmietvertrag hatte eine Laufzeit bis zum 30. Juni 2025.

Damit hatten die TSV 1860 München KGaA die gleichen Kosten als Mieter, wie als Eigentümer. Allerdings flossen die Ausgaben eben nicht mehr in die gemeinsame Stadiongesellschaft, sondern nur noch in die 100 % FC Bayern Tochtergesellschaft und Uli Hoeneß hatte sein Ziel erreicht, dass der ehemalige Stadt-Konkurrent am Boden liegend auch noch den Aufstieg des FC Bayern mitfinanziert.

Das sonst lukrative Geschäft mit den 106 Logen ging ebenso gänzlich an 1860 und deren Buchhaltung vorbei. Obwohl die Logenbesitzer Kunden, Geschäftspartner und Freude zu den Spielen einladen konnten, erhielt der TSV 1860 hierfür keinen Cent.

Laut Gewinn- und Verlustrechnung der Allianz Arena München Stadion GmbH per 30.6.2019 lag der Gewinn der Gesellschaft bei 10,4 Mio Euro, ein Jahr zuvor fiel ein Gewinn von 8 Mio Euro an.

Übrigens hat der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Dresdner Bank Herbert Walter, der zu Beginn der Allianz Arena auch im Aufsichtsrat des TSV 1860 München saß, laut eines Artikels im Manager Magazins seinen früheren Herzensverein 1860 München gegen den FC Bayern eingetauscht.


Inside 1860 – die Löwen, die Arena & das Geld gibt es hier: https://www.fyeo.de/originals/inside-1860

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