Zu groß der Druck aufsteigen zu müssen? Zu früh Aufstiegsambitionen kommuniziert? Die Diskussion nervt mich. Weil ich durchaus ein Fan von Druck bin. Weil Druck auch zu Höchstleistungen führen kann – wenn man damit richtig umgeht. Weil eigentlich Druck sogar unabdingbar ist, um an seine Grenzen zu gehen.
Oh Gott, nicht noch einer, der ausgerechnet jetzt vom Aufstieg spricht. Doch. Genau jetzt!
Zweifelsohne – Stress kann leistungshemmend sein. Und Stress kann durchaus auf zu viel Druck basieren. Dabei spielen sowohl äußere, als auch innere Leistungsdruckfaktoren eine Rolle. Die Erwartung des Trainers, der Trainingskollegen, der Führungsriege, der Familie, der Freunde, der Sponsoren, der Zuschauer und die Darstellung der Medien – das alles erzeugt Druck. Und natürlich kann ich selbst Druck erzeugen. Die Frage ist nur, wie gehe ich mit dem Druck um? Und: wie nutze ich ihn im optimalen Fall für mich?
Schnell ist man dabei, die Fans zu kritisieren, wenn sie “wir wollen euch kämpfen sehen” singen. Oder die Medien, wenn sie plötzlich vom Abstiegskampf sprechen. Oder man sagt, man würde den Ansprüchen hinterher laufen. Seien wir mal ehrlich, der TSV 1860 München lebt genau davon. Von der medialen Aufmerksamkeit. Von Stimmungen. Sponsoren interessieren sich für den TSV, weil er immer wieder medial in den Mittelpunkt gerückt wird. Damit verbunden: Druck. Aber eben auch Aufmerksamkeit, Werbewirksamkeit und damit verbunden auch Geld. Oder, wie im Fall des Nachwuchsleistungszentrum, ein immenses Engagement, ohne dass man viel Geld ausgeben muss. Damit verbunden ein Focus auf die Mannschaft. Und natürlich Druck. Alle Spieler haben sich für den TSV 1860 München entschieden, weil es ein interessantes Projekt ist. Also muss ich mich dem Druck stellen. Und im bestmöglichen Fall für mich nutzen.
Aber ist es im Falle des TSV 1860 München tatsächlich zu viel Druck? Warum? Weil man es gewagt hat, den Aufstieg zu thematisieren? Wenn ja, dann frage ich mich, was denn die persönlichen Ziele der Spieler sind? Etwa nicht, ganz vorne mitzuspielen? Nicht der Aufstieg? Nicht etwa jedes Spiel zu gewinnen? Es geht darum, bessere Leistungen zu erzielen. Bei manchen Individualsportarten ist das deutlich klarer messbar und meines Erachtens der Druck sogar höher. Ich möchte weiter springen, sagt sich der Weitspringer. Ich will schneller schwimmen, sagt sich der Schwimmer. Ich will weiter fliegen, sagt der Skispringer. Ein gewisser Druck kann dabei sogar Wunder wirken.
Klar, das muss man nicht offensiv nach außen kommunizieren. Aber man darf auch keine Angst davor haben, dass es außerhalb der eigenen Reihe diskutiert wird.
Eines ist klar: wenn ich als Schüler für eine Prüfung nicht gelernt habe, dann stehe ich zwangsläufig unter Druck. Und wenn ich als Sportler vor einem Wettkampf oder Spiel nicht ordentlich trainiert habe, dann genauso. Weil ich im Prinzip etwas abrufen muss, das nicht vorhanden ist.
Ich gehe davon aus, dass die Löwen ordentlich trainieren. Die Mannschaft ist konkurrenzfähig. Jeder einzelne Spieler hat bereits bewiesen, dass er zurecht in der Mannschaft ist. Auch, wenn der eine oder andere Schwächephasen hat oder hatte. Jeder ist nun Teil einer Mannschaft. Mit gerade mal 6 Punkten Abstand zu einem Aufstiegsplatz. Nur sechs Punkte!!
Man muss den Druck für sich nutzen. Ich zum Beispiel erwarte nicht, dass man aufsteigt. Sehr wohl aber erwarte ich, dass man unter den aktuellen Voraussetzungen um den Aufstieg mitspielen will. Auch jetzt. Gerade jetzt. Das ist ein feiner aber durchaus wesentlicher Unterschied. Was hat man denn zu verlieren? Es kommt doch eh wie es kommt. Es ist die Dritte Liga. Jeder kann jeden schlagen, so sagt man. Also versuche ich, so viele wie möglich selbst zu schlagen. Klappt es mit dem Aufstieg nicht, dann hat man es zumindest versucht. Wie gesagt: wir alle sollten nicht erwarten, dass unsere Mannschaft aufsteigt. Aber sehr wohl, dass sie auch in der aktuellen Phase immer noch um den Aufstieg mitspielen will. Mehr wollen wir als Fans doch gar nicht, oder? Und genau diese Erwartungshaltung finde ich deutlich wichtiger, als irgendeine Krise herbeizureden.