Der Konsolidierungskurs des TSV 1860 München ist gescheitert, heißt es immer wieder. Das ist grundsätzlich falsch. Ohne die Konsolidierung wäre die Profifußball KGaA insolvent gegangen. Allerdings ist die Konsolidierung kein Zauberwort, das plötzlich alle Schulden verschwinden lässt …
Im heutigen Artikel “Warum die Löwen aus der Allianz Arena zogen” haben wir bereits die Notwendigkeit des Stadionwechsels erläutert. Es ging nicht um Nostalgie, um Stadionromantik und auch nicht um Reisingers Wunschdenken. Die Entscheidung hatte wirtschaftliche Gründe, die mit der Konsolidierung zu tun hat. Die Konsolidierung möchten wir nun noch einmal thematisieren, weil sie immer wieder falsch verstanden wird.
Der Abstieg und die Folgen
Peter Casalette, damals Präsident des TSV 1860 München, überließ die Verantwortung an der Profifußball-KGaA dem damaligen Geschäftsführer Anthony PowerAnthony war von 23.11.2016 bis 31.03.2017 Geschäftsführer ... Mehr und akzeptierte eine weitreichende darlehensbasierte Risikofinanzierung. Das belastete die TSV München von 1860 GmbH & Co KGaA in hohem Maße. Es ist eine durchaus interessante Frage, was mit dem TSV 1860 bei Nichtabstieg passiert wäre. In der Saison 2016/17 ging man volles Risiko. Wäre man in der Liga geblieben, hätte man erneut tief in die Tasche greifen müssen, um die Lizenz zu erhalten. Laut der Süddeutschen Zeitung “unfassbare 21 Millionen Euro”. Für die Lizenz in der 3. LigaDritthöchste Spielklasse im Meisterschaftssystem des deutsc... Mehr wurden 11,45 Millionen berechnet. Aber mit dem Abstieg beschäftigte man sich ohnehin nicht.
Durch Konsolidierung die Insolvenz abgewehrt
Nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga stand die KGaA am Rand einer Insolvenz. Mitarbeiter waren von der Arbeitslosigkeit bedroht und auch der gemeinnützige Verein erwartete aufgrund der ungelösten Situation im Hinblick auf die Immobilie des Nachwuchsleistungszentrums einen wesentlichen finanziellen Schaden. Hasan IsmaikHasan Abdullah Mohamed Ismaik (arabisch: حسن عبد ال... Mehr glich die benötigte Summe für die 3. LigaDritthöchste Spielklasse im Meisterschaftssystem des deutsc... Mehr nicht aus. Man installierte daraufhin Markus Fauser, einen Sanierungsspezialisten. Der sollte die KGaA vor der Insolvenz retten. “In einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Gesellschaftern, Gläubigern, Sponsoren und Partnern gelang es, das drohende Unheil abzuwenden und eine positive Fortführungsprognose zu erwirken. Das bedeutet nicht, dass die Profi-Fußballgesellschaft deshalb gesund ist, sondern lediglich, dass sie unter bestimmten Bedingungen bis auf weiteres fortgeführt werden kann. Die Fähigkeit zur Fortführung muss von Wirtschaftsprüfern immer wieder neu testiert werden. Das ist kostspielig und belastet zusätzlich den Haushalt”, erläuterte das Präsidium im Nachhinein in einem Fragenkatalog rund um den Konsolidierungskurs.
DFB fordert Konsolidierung bei negativem Eigenkapital
Auch der Verband würde bei der Lizenzierung auf die wirtschaftliche Gesamtsituation ein Auge werfen, erklärte man im September 2019 im Fragenkatalog. Mittlerweile hat der Deutsche Fußball-Bund eine klare Regelung aufgestellt – man muss bei einem negativen Eigenkapital dieses jährlich um 5 Prozent verbessern. Konsolidierung ist also Pflicht.
“Zu einer Konsolidierung gehören auch Investitionen”
2019 meinte Ismaik dem Fachmagazin Kicker gegenüber, dass ein strikter Sparkurs nicht zurück in die 2. Liga führe. “Zu einer Konsolidierung gehören auch Investitionen”, erklärte der palästinensisch-jordanische Geschäftsmann. Man könne die Kosten für einen Kader nicht auf einen Tiefpunkt hinunterschrauben. Investitionen sind allerdings nun mal eben nur mit Genussscheinen oder eben tatsächlich einer Kapitalerhöhung möglich, nicht durch neue Darlehen. Sonst bekommt man vom DFBDer Deutsche Fußball-Bund e. V. (DFB) ist de... Mehr keine Lizenz.
Rund 6,3 Millionen Euro soll das Sportbudget in der aktuellen Saison betragen. Aus eigener Kraft konnte man das sicherlich nicht stemmen. Bleibt also die Frage, ob Ismaik mit Genussscheinen ausgeholfen hat. In dem Fall würde zwar die KGaA tatsächlich konsolidieren, weil sie eben keine neuen Darlehen aufnimmt. Ismaik hätte allerdings dann in die Tasche greifen müssen. Wie übrigens auch der e.V. tut, der die KGaA im Bereich des Nachwuchsleistungszentrum entlastet.
Ob Gesellschafter Ismaik von seinen Leuten vor Ort richtig beraten wird? Ob tatsächlich offen und transparent erläutert wird, dass man normale Darlehen nicht annehmen kann? Und welche Möglichkeiten es sonst gibt? Was ist der Plan von den Vertretern von HAM International?
Dass der e.V. in irgendeiner Weise irgendwelche durchdachten Möglichkeiten blockiert, das ist unwahrscheinlich. Und die aktuelle Saison beweist dies zur Genüge. Man akzeptierte im Rahmen der Möglichkeiten ein “All-In”. Was auch immer seine Vertreter vor Ort ihm mitteilen, übersetzen oder raten: Dem TSV 1860 München sind darüber hinausgehend im Rahmen der DFB-Vorgaben die Hände gebunden. Konsolidierung ist Pflicht. Ansonsten kann man an der Grünwalder Straße 114 zusperren.
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